Immobilienkauf und Steuerfallen: Max Pfefferminz‘ Erfahrung mit anschaffungsnahen Herstellungskosten
Max Pfefferminz* war ein vorausschauender Investor. Am 15. März 2022 unterzeichnete er den Kaufvertrag für eine vermietete Eigentumswohnung in Rostock. Die Übergabe von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte mit der vollständigen Kaufpreiszahlung am 30. April 2022. Die Immobilie war in einem soliden Zustand, doch um sie langfristig attraktiv für Mieter zu halten, plante Max einige Modernisierungsmaßnahmen.
Direkt nach dem Kauf begann er mit der Renovierung:
- Juni 2022: Austausch der alten Elektrik (8.000 EUR)
- Oktober 2022: Erneuerung des Badezimmers (10.000 EUR)
- März 2023: Neue Bodenbeläge in der gesamten Wohnung (12.000 EUR)
- Dezember 2023: Streichen der Wände (2.000 EUR)
- Mai 2024: Einbau neuer Fenster (8.000 EUR)
Bis zum 30. April 2025 – also innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Kauf – summierten sich die Modernisierungskosten auf 40.000 EUR. Max war sich sicher, dass er die Ausgaben als Werbungskosten direkt von seinen Mieteinnahmen absetzen konnte. Doch dann kam die Überraschung:
Das steuerliche Problem: Anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG)
Max Pfefferminz musste feststellen, dass seine Renovierungskosten als anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eingestuft wurden. Der Grund: Übersteigen Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Kauf 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes (ohne Grundstück), dürfen sie nicht sofort als Werbungskosten abgezogen werden.
In Max' Fall lag diese Grenze bei 37.500 EUR, doch mit 40.000 EUR an Investitionen hatte er sie überschritten. Die Konsequenz:
- Kein sofortiger Steuerabzug als Werbungskosten gemäß § 9 EStG
- Die Kosten mussten über die lineare Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 4 EStG über 50 Jahre verteilt werden – also lediglich 800 EUR pro Jahr statt eines sofortigen Steuerabzugs.
Hätte Max die Fenstersanierung auf Juni 2025 verschoben, wäre er unter der 15 %-Grenze geblieben und hätte die Einzelmaßnahmen sofort steuerlich geltend machen können. Doch ein weiterer wichtiger Punkt wird oft übersehen: Nicht der Zeitpunkt der Bezahlung, sondern die tatsächliche Ausführung der Maßnahmen ist entscheidend.
Die Finanzverwaltung geht sogar so weit, dass Arbeiten nicht einmal abgeschlossen sein müssen, solange sie innerhalb der Dreijahresfrist begonnen wurden. Daher fordert das Finanzamt häufig Aufstellungen über alle bis zum Ablauf des Zeitraums begonnenen Bauarbeiten an.
Bei Maßnahmen, die sich über den Drei-Jahres-Zeitraum hinaus erstrecken, erfolgt eine Aufteilung der Kosten:
- Nur der Teil, der innerhalb des Zeitraums ausgeführt wurde, wird für § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG berücksichtigt.
- Der restliche Anteil bleibt von der Regelung unberührt.
Wer also glaubt, die 15 %-Grenze einfach durch spätere Bezahlung der Rechnungen umgehen zu können, irrt. Entscheidend ist der Baufortschritt, nicht die finanzielle Abwicklung.
Was zählt nicht zur 15 %-Grenze?
Nicht alle Renovierungsmaßnahmen werden in die Berechnung der 15 %-Grenze einbezogen. Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen – etwa das regelmäßige Streichen von Wänden oder kleinere Reparaturen – bleiben außen vor.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Grenze ist nur in den drei Jahren nach dem Immobilienerwerb zu prüfen. Sollte eine Immobilie beispielsweise aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen überführt werden, beginnt keine neue Dreijahresfrist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2022 entschieden (Urteil vom 20. September 2022, Az. IX R 29/21).
Vorsicht: Wann beginnt der Drei-Jahres-Zeitraum wirklich?
Ein weit verbreiteter Irrtum unter Immobilienkäufern betrifft den Beginn der Dreijahresfrist für anschaffungsnahe Herstellungskosten. Nicht der Zeitpunkt des notariellen Kaufvertrags, sondern der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist maßgeblich. Erst wenn Besitz, Nutzen und Lasten tatsächlich auf den Käufer übergehen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), beginnt die Frist zu laufen. Wer fälschlicherweise ab Vertragsdatum rechnet, riskiert eine steuerliche Fehlkalkulation.
Diese Regelung eröffnet jedoch eine interessante steuerliche Gestaltungsmöglichkeit:
- Renovierungsmaßnahmen, die bereits vor dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten durchgeführt werden, unterliegen nicht den Einschränkungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
- Das bedeutet, dass sie als sofort abziehbare Werbungskosten geltend gemacht werden können.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies 2020 bestätigt (Urteil vom 3. September 2020, Az. IX R 14/19). Hätte Max Pfefferminz also schon vor dem 30. April 2022 mit seinen Renovierungsmaßnahmen begonnen, hätte er diese Kosten unmittelbar steuerlich absetzen können.
Und heute?
Heute weiß Max: Mit einer frühzeitigen Steuerberatung hätte er Tausende Euro einsparen können. Seine Investition war nach wie vor rentabel, aber die zusätzlichen steuerlichen Belastungen hätte er vermeiden können. Wer in eine ältere Immobilie investiert, sollte sich daher rechtzeitig beraten lassen, um langfristig das Beste aus seiner Investitionherauszuholen.
* Max Pfefferminz ist natürlich eine fiktive Person, doch sein Fall steht exemplarisch für viele Immobilienkäufer, die sich erst nachträglich mit den steuerlichen Konsequenzen ihrer Modernisierungen beschäftigen. Eine vorausschauende Beratung kann hier viel Geld und Ärger ersparen.
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