Industrie gibt Gas, Services auf der Bremse: Erste Erholung – aber noch kein Aufschwung

Die deutsche Wirtschaft sendet im März 2025 erste positive Signale. Besonders die Industrie zeigt sich deutlich erholt. Der HCOB Flash Composite PMI kletterte auf 50,9 Punkte – der höchste Stand seit Mai 2024 und ein Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft zum dritten Mal in Folge leicht nach oben bewegt. Doch hinter dem Gesamtbild verbirgt sich eine Schieflage: Während die Industrie an Tempo zulegt, tritt der Dienstleistungssektor nahezu auf der Stelle.

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Der Anstieg des HCOB Flash PMI Deutschland ist ein ermutigendes Signal.Der Anstieg des HCOB Flash PMI Deutschland ist ein ermutigendes Signal.Foto: Adobestock

Was der PMI wirklich misst – und wie aussagekräftig er ist

Der HCOB Flash Composite PMI (Purchasing Managers’ Index) gilt als verlässlicher Frühindikator für die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Er basiert auf monatlichen Unternehmensumfragen in Industrie und Dienstleistungssektor. Kurz gesagt: Der PMI ist ein schneller, aber robuster Temperaturmesser für die Konjunktur. Doch er ist kein Garant für nachhaltiges Wachstum – Schwankungen sind möglich, gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Entscheidend ist deshalb der Blick auf die Entwicklung über mehrere Monate.

Industrie auf Wachstumskurs – getrieben von Inlandsnachfrage

Ein Blick in die Details zeigt: Die positive PMI-Entwicklung geht vor allem auf das Konto des Verarbeitenden Gewerbes. Die Industrieproduktion legte so stark zu wie seit drei Jahren nicht mehr – getrieben durch eine anziehende Inlandsnachfrage. Viele Kunden stockten ihre Lagerbestände auf, was für einen Nachfrageschub sorgte. Der Industrie-PMI stieg auf 48,3 Punkte, ein 31-Monatshoch – auch wenn er die Wachstumsmarke von 50 noch nicht überschreiten konnte. Im Exportgeschäft bleibt die Lage hingegen angespannt.

Dienstleistungen: Viel Unsicherheit, wenig Dynamik

Weniger erfreulich fällt das Bild im Servicesektor aus. Der entsprechende PMI fiel auf 50,2 Punkte – das niedrigste Niveau seit vier Monaten. Vor allem das Neugeschäft leidet: Es verzeichnete den stärksten Rückgang seit über einem Jahr. Viele Kunden zeigen sich angesichts wirtschaftlicher Unsicherheit zurückhaltend. Auch das wirkt wie Sand im Getriebe der Konjunktur.

Arbeitsmarkt und Preise: Ein gemischtes Bild

Die Beschäftigungslage bleibt angespannt. Zwar verlangsamte sich der Stellenabbau, doch die Unternehmen agieren weiterhin vorsichtig. Während Dienstleister leicht Personal aufstockten, wurden in der Industrie weiter – wenn auch moderater – Stellen gestrichen. Auf der anderen Seite gibt es gute Nachrichten beim Thema Inflation: Der Preisdruck ließ spürbar nach, insbesondere bei Dienstleistungen. Das verschafft sowohl Unternehmen als auch Verbrauchern etwas Luft.

Ein Hoffnungsschimmer – aber noch kein Aufbruch

Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, sieht in den aktuellen Daten einen Lichtblick: „Das verarbeitende Gewerbe hat endlich die Talsohle durchschritten.“ Gleichzeitig warnt er vor Rückschlägen, etwa durch die drohenden US-Zölle. Hoffnung macht das neue Infrastruktur- und Verteidigungspaket der Bundesregierung, das laut de la Rubia schon bald für Rückenwind sorgen könnte – nicht nur für die Industrie, sondern auch für Dienstleistungen.

Stabilisierung ja – Aufschwung noch nicht

Der Anstieg des HCOB Flash PMI Deutschland ist ein ermutigendes Signal. Doch von einer echten Wende kann noch keine Rede sein. Solange der Dienstleistungsbereich schwächelt und der Auftragseingang insgesamt rückläufig bleibt, steht die wirtschaftliche Erholung auf wackeligen Beinen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich aus der Momentaufnahme ein belastbarer Trend entwickelt.

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