Vorschäden in der Neuwertversicherung: Wann Versicherer Kürzungen vornehmen können

In der Regulierungspraxis von Sachversicherungen spielen Vorschäden eine zunehmend wichtige Rolle. Während die Neuwertversicherung grundsätzlich für eine wertverbesserte Entschädigung steht, nutzen Versicherer vermehrt den Vorschadeneinwand, um Leistungen zu kürzen. Rechtsanwalt Vincent Jacobsen (Kanzlei Michaelis) erläutert in einem aktuellen Newsletter-Beitrag die rechtlichen Grundlagen und Abgrenzungen.

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Vorschäden in der Neuwertversicherung: Wann Versicherer Kürzungen vornehmen können, erläutert Rechtsanwalt Vincent Jacobsen (Kanzlei Michaelis).Vorschäden in der Neuwertversicherung: Wann Versicherer Kürzungen vornehmen können, erläutert Rechtsanwalt Vincent Jacobsen (Kanzlei Michaelis).succo / pixabay

Obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 1997 ein generelles Bereicherungsverbot in der Schadenversicherung verneint hat, bleibt die Neuwertversicherung eine Ausnahme von der üblichen Zeitwertentschädigung. Versicherungsnehmer profitieren von einer besseren finanziellen Stellung nach einem Schadensfall – doch diese Besserstellung kommt nicht ohne Hürden.

Ein zunehmend häufiger genutztes Argument der Versicherer ist der Vorschadeneinwand, so Rechtsanwalt Vincent Jacobsen im jüngsten Newsletter der Kanzlei Michaelis. Den Ausführungen von Jacobsen zufolge wird dabei zwischen zwei zentralen Aspekten unterschieden:

  • Vorschadeneinwand in der Entschädigungsberechnung: Nur Schäden, die durch das aktuelle Versicherungsereignis entstanden sind, gelten als erstattungsfähig. Vorschäden aus früheren Schäden oder Abnutzung sind nicht ersatzfähig.
  • Einwand der Verletzung von Wartungs- und Instandhaltungsobliegenheiten: Versicherungsnehmer sind verpflichtet, ihre versicherten Sachen instand zu halten. Werden Mängel nicht behoben und tragen diese zur Schadensentstehung bei, kann die Entschädigung gekürzt werden.

„Besonders große Bedeutung hat die Instandhaltungsobliegenheit in der Sturm- und Rohrbruchversicherung, obwohl sie für alle versicherten Gefahren gilt“, erklärt Rechtsanwalt Vincent Jacobsen von der Kanzlei Michaelis. Er weist darauf hin, dass „verdeckte Mängel oder Schäden an der Bausubstanz häufig nicht zur Leistungskürzung führen, da grobe Fahrlässigkeit bei Nichterkennbarkeit ausgeschlossen ist.“

Besonders relevant sei dies in der Wohngebäudeversicherung. Hier bestätigt die Rechtsprechung die Wirksamkeit von Instandhaltungsobliegenheiten und betont, dass Versicherer bei nachgewiesenen Vorschäden Kürzungen vornehmen können. Ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2024 unterstreicht, dass die Nichterfüllung vertraglich vereinbarter Wartungspflichten zur Kürzung oder sogar zum Ausschluss der Leistung führen kann.

Versicherungsmakler sollten ihre Kunden daher frühzeitig auf die Bedeutung der Instandhaltung hinweisen. Werden Vorschäden bereits im Vorfeld erkannt und dokumentiert, kann dies spätere Kürzungen verhindern. „Kann die Instandhaltung nachgewiesen werden, erübrigt sich in den meisten Fällen auch der Vorschadeneinwand“, so Jacobsen weiter. Gerade in der Neuwertversicherung sind klare Abgrenzungen entscheidend, um berechtigte Ansprüche durchzusetzen.

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