Vereitelung des Anfechtungsrechts: Gericht versagt Berufsunfähigkeitsrente

Berufsunfähigkeitsversicherung: Wird der Versicherungsfall absichtlich nach Ablauf der Anfechtungsfrist gemeldet, besteht kein Leistungsanspruch, entschied das OLG Braunschweig. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung von Wahrheitspflichten und Fristwahrung.

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Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat entschieden, dass ein Versicherungsnehmer, der absichtlich den Versicherungsfall nach Ablauf der Anfechtungsfrist meldet, keinen Anspruch auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung hat. Der Fall (Az.: 11 U 316/21) betraf einen Versicherungsnehmer, der wissentlich falsche Angaben zu seiner Gesundheit gemacht hatte.

Trotz des Ablaufs der gesetzlich normierten zehnjährigen Anfechtungsfrist (§ 124 Abs. 3 BGB) wies das OLG die Ansprüche zurück. Grund war, dass der Versicherungsnehmer den Eintritt der Berufsunfähigkeit bewusst verschleiert und die Meldung erst drei Tage nach Ablauf der Frist eingereicht hatte. Das Gericht argumentierte, dass in diesem Fall ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt, wodurch der Leistungsanspruch entfällt.

„Der Versicherungsnehmer hat in besonders schwerem Maße gegen seine Pflicht verstoßen, die Interessen der Versicherung zu berücksichtigen“, erklärte der 11. Zivilsenat des Gerichts. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Oktober 2024 zurückgewiesen.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Wahrheitspflicht beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung und könnte weitreichende Folgen für vergleichbare Fälle haben.

Angewendete Normen:
§ 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
[…]

§ 124 Anfechtungsfrist
(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. […]
(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
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