Bestandsübertragung: „Eine Mammutaufgabe, die fehleranfällig ist und viel Zeit und Nerven kostet“Bestandsführung mit KI

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Bestandsübertragung ist „[e]ine Mammutaufgabe, die fehleranfällig ist und viel Zeit und Nerven kostet“, sagt Michael Süß (convista) im Interview.DALL-E

Welchen Einfluss nimmt Big Data?

Die Datenbasis ist für den späteren Erfolg entscheidend, sowohl in der Quantität als auch in der Qualität. Welche Daten für ein gelingendes Training der KI-Anwendung vorhanden sein müssen, hängt immer vom Einsatzzweck ab. Es ist oft zu lesen, dass immense Daten benötigt werden, um ein Modell zu trainieren. Das kann durchaus sein – muss aber nicht. Das sollte für jeden einzelnen Einsatz genau überprüft werden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Zugriffs- und Kombinationsmöglichkeiten der Daten.

Werfen wir noch mal einen Blick auf Ihre Zielgruppe Versicherungswirtschaft: Profitieren nur große Gesellschaften oder Vertriebe von KI? Wie sieht es mit Versicherungsmaklern aus? Können Sie eventuell etwas mehr aus einem Use Case mit einem sofort nachvollziehbaren Prozess und Anwendungsbeispiel berichten?

Gerade auch Versicherungsmakler können von KI profitieren. Laut einer Strukturanalyse des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) sind mehr als ein Drittel der Versicherungsvermittler über 55 Jahre alt. Schätzungen zufolge werden rund 40 Prozent der gesamten Versicherungsbestände und -betriebe in den kommenden Jahren altersbedingt übergeben. Gerade hier kann KI sehr gut unterstützen. Viele dieser Bestände liegen unstrukturiert in verschiedenen Datenformaten oder sogar nur in Papierform vor. Um die Bestandsübertragung durchzuführen, müssen die Datensätze digitalisiert, vereinheitlicht und hinsichtlich Semantik und Geschäftslogik in das Zieldatenmodell des Bestandsführungssystems migriert und um fehlende Daten ergänzt werden. Dies erfolgt bisher größtenteils manuell. Eine Mammutaufgabe, die fehleranfällig ist und viel Zeit und Nerven kostet.

Hierfür haben wir die KI-gestützte Portfoliotransfer-Plattform entwickelt. Mit dieser können aufkaufende Versicherer, Assekuradeure oder Makler(-pools) die Datenerfassung sowie die Bestandsanalyse automatisieren und Vertragsdaten in wenigen Schritten in die Bestandsführungssoftware übertragen.

Bestände und Bestandsoptimierungen – ein Faktor, der auch bei Unternehmensbewertungen und Nachfolgeregelungen wichtig ist. Können sich (kleinere) Maklerunternehmen diesen Lösungsansatz überhaupt finanziell leisten?

Die Portfoliotransfer-Plattform wird unter anderem als Software as a Service angeboten. Sie muss also nicht komplett gekauft werden, die Abrechnung erfolgt volumenabhängig. Das macht sie gerade auch für kleine Maklerfirmen interessant, da sie nur für ihre jeweilige Nutzung bezahlen. Die Abrechnung variiert je nach Anzahl und Datenmenge der Policen.

KI kann Geschäftsmodelle optimieren, aber auch verändern. Das schürt meist auch die Sorge um den Arbeitsplatz. Wie kann das vermieden werden?

Die Angst um den Arbeitsplatz kann man in Veränderungsprozessen nie komplett nehmen. Die Angst vor Veränderung ist in Menschen tief verankert. Daher ist es so wichtig, das gesamte Team und auch den Betriebsrat von Anfang an mit einzubinden und das Team auch mitgestalten zu lassen. Das hat mehrere Effekte. KI ist für viele noch immer eine Blackbox, und es ist nicht ganz nachvollziehbar, wie diese Anwendungen überhaupt arbeiten. Das Einbeziehen zum Beispiel durch KI-Schulungen oder Prompt Engineering Trainings sorgt für Transparenz und Verständnis der Arbeitsweise von KI. Und genauso wichtig: Damit die KI-Anwendung später eine gute Qualität liefert, wird die Expertise der Teams in der Trainingsphase benötigt.

Wo sehen Sie das größte Potenzial für die Weiterentwicklung der Verbindung aus Mensch und Maschine?

Wir kennen die traditionelle KI, die auf logischem Denken basierend Entscheidungen findet, und die generative KI, die kreativ-erfahrungsbasiert Lösungen und neue Inhalte generiert. Für beide gibt es mannigfache Einsatzmöglichkeiten bei Versicherungen – zum Beispiel vertrieblich im Kundenservice und verbesserter Customer Journey, im Schaden-/Leistungsmanagement, auch mit Predictive Analytics, wie auch im Underwriting zur Datenanalyse und Risikoabschätzung für das Gesamtportfolio. Dabei wird die KI zum Co-Piloten und Unterstützer der Mitarbeitenden, was gerade hinsichtlich des Fachkräftemangels in der Branche zu einem Gamechanger werden kann. Es geht also nicht um den drohenden Verlust des Arbeitsplatzes durch KI, sondern eher um die Möglichkeit, mit KI den Fachkräftemangel auszugleichen.

Im Grundsatz gilt: Entscheidend für den Erfolg von KI in den Versicherungsunternehmen sind eine klare Datenstrategie, das unbedingte Mitnehmen und aktive Einbinden der Mitarbeitenden und technologisch die Ablösung vorhandener Datensilos und veralteter Legacy-Systeme. Bei allem bleibt KI aber eine Symbiose aus Mensch und Maschine.

Über den Interviewpartner:
Michael Süß, Managing Partner, Convista
Mit über 40 Jahren Erfahrung im Versicherungsmarkt bekleidete Michael Süß unterschiedlichste Managementfunktionen. Dabei lag sein Schwerpunkt oft auf dem Aus- und Aufbau von Geschäftsbereichen – 15 Jahre auf Versicherungsseite an der Schnittstelle zwischen Fachbereich und IT und 25 Jahre als Berater und Produktanbieter. Seit 2023 bringt er als Managing Partner seine Erfahrungen bei Convista ein, um die Digitalisierung von Versicherungsunternehmen, unter anderem mit KI-gestützten Software-Lösungen, zu begleiten.

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