Die Nachfrage nach alternativen Kapitalanlagen zur Altersvorsorge steigt. Doch wie viel Risiko ist vertretbar? Ein Kommentar von Christian Eck, Leiter Versicherungen – Aktien und nachhaltige Lösungen, BNP Paribas, über die Vorteile und Herausforderungen von Private Markets für die private Altersvorsorge und mögliche Lösungsansätze für Versicherer und Anleger.
Das Angebot an Vorsorgeprodukten, die an alternative Kapitalanlagen im Bereich „Private Markets“ gebunden sind, wächst stetig. Anbieter und Versicherungsnehmer haben inzwischen Erfahrungen mit derartigen Vorsorgeprodukten sammeln können. Sie sind als Beimischung zur Altersvorsorge attraktiv, bergen aber einige Herausforderungen, die es zu lösen gilt.
Versicherer setzen diese Art von Versicherungslösungen über Spezialfonds oder interne Fonds um. Damit bekommen die Anleger bzw. Versicherungsnehmer die Möglichkeit, in sonst schwer zugängliche Sachwertanlagen wie Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt zu investieren. Diese bieten attraktive, langfristig stabile und inflationsgeschützte Renditechancen bei niedriger Korrelation zu traditionellen Anlageklassen. Das ist insbesondere in Niedrigzinsphasen attraktiv.
Die Herausforderung bei den genannten alternativen Assetklassen liegt im Wesentlichen in drei Bereichen:
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Liquiditäts- und Veräußerungsrisiken
Die meisten alternativen Investments sind nur außerbörslich und eingeschränkt handelbar. Die geringe Liquidität führt zu Veräußerungsrisiken, was die Flexibilität der Versicherungsprodukte einschränkt: Zuzahlungen oder Entnahmen sind kaum möglich, Rückkaufswerte werden zeitverzögert oder mit Abschlägen versehen oder es entstehen Gebühren für die Bereitstellung und Steuerung von Liquidität. -
Steuerung der Kapitalabrufe
Die zeitliche Festlegung sowie die Höhe des tatsächlichen Kapitalbedarfs für die einzelnen Investments im Fonds sind schwer planbar. So können bei großem Vertriebserfolg Gelder möglicherweise nicht schnell genug investiert werden. Umgekehrt können attraktive Investmentchancen verpasst werden, wenn noch nicht ausreichend Kapital zur Verfügung steht. Beides wirkt sich auf die Gesamtverzinsung aus. -
Zins- und Marktschwankungen
Steigende Zinsen können vor allem bei stark fremdkapitalfinanzierten Investments die Rendite deutlich schmälern. Zudem können Kapitalmarktschwankungen auch zu Wertveränderungen der Anlagen im Fonds führen.
Eine mögliche Lösung dieser Hemmnisse kann in einer Aufteilung der alternativen Investments in klassische nicht liquide Anlagen und moderne „Liquid Alternatives“ bestehen. Anstatt einen Teil des Kapitals der Policen in Cash vorzuhalten, könnten diversifizierte Strategien mit zusätzlichen Performance-Chancen angebunden werden, die negative Korrelationen zu Sachwertinvestments aufweisen. Eine 20-prozentige Beimischung eines diversifizierten Portfolios unterschiedlicher Strategien könnte Liquiditäts- und Veräußerungsrisiken bereits deutlich reduzieren, da die zugrunde liegenden Instrumente börsentäglich handelbar sind.
Auch die Herausforderungen der Kapitalabrufe lassen sich so lösen, da eingenommene Gelder zeitnah rentierlich investiert werden können. Umschichtungen vom liquiden zum nicht liquiden Teil sind dann bei Bedarf flexibel möglich.
Die notwendige Erschließung weiterer Assetklassen für attraktive, langfristige Vorsorgeprodukte über Kapitalmarktinstrumente ist also möglich. Und mit Blick auf eine potenziell anstehende Periode niedrigerer Zinsen und den gleichzeitig hohen Bedarf an Infrastrukturinvestitionen in unserer Volkswirtschaft dürften entsprechende Lösungen an Attraktivität zunehmen.
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