Anreize schaffen, statt Fortschritt verhindern – das ist der zentrale Appell an Politik und Aufsichten von VOTUM zum Thema Regulierung der Finanzdienstleistungsbranche.
Ein Pressekommentar von VOTUM-Vorstand Martin Klein.
In den vergangenen Tagen begegneten uns drei Meldungen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, aber bei tieferer Betrachtung nachdenklich und zum Teil auch zornig machen.
- Die Bundesbank vermeldete, dass ein Anstieg der Rentenbeiträge auf 29 Prozent droht, wenn nicht längst überfällige Eingriffe in das Rentensystem erfolgen.
- Die Deutsche Rentenversicherung meldet aktuelle Zahlen aus den hervorgeht, dass 7,7 Millionen Rentner weniger als 700 Euro im Monat erhalten.
- Gleichzeitig macht sich die Versicherungsaufsicht BaFin Gedanken darüber, Provisionsrichtwerte für die Vermittlung von Renten- und Lebensversicherungen festzulegen – ohne hierfür vom Gesetzgeber einen Auftrag erhalten zu haben!
Es ist nicht das erste Mal, dass man sich fragen muss, ob politische Akteure und Aufsichten den Blick auf das große Ganze verloren haben und lediglich der Verwirklichung ihrer Partikularinteressen hinterherhängen.
Tatsächlich muss der Staat und der ihn repräsentierende Gesetzgeber dankbar sein für jeden, der bereit ist, gegen eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung mit Menschen ins Gespräch zu kommen, um sie zu ihrer Altersvorsorge zu beraten und auf die große Versorgungslücke hinzuweisen, die sich auftut, wenn Sie sich auf die gesetzliche Rente verlassen.
Die Rede ist von Versicherungsvermittlern, die erst dann ihre Vergütung erhalten, wenn der Kunde sich dafür entschieden hat, etwas gegen diese Versorgungslücke im Alter zu tun und eine Renten- oder Lebensversicherung abzuschließen. Sie tragen ein unternehmerisches Risiko, welches allen anderen beratenden Berufen und auch jedem Handwerker und Verkäufer fremd ist. Im Moment des Vertragsabschlusses können sie nicht darauf vertrauen können, dass sie ihren wohlverdienten Lohn erhalten und behalten können, sondern begeben sich in eine Schicksalsgemeinschaft mit ihrem Kunden.
Bei allen Widrigkeiten, die jetzt auf den Versicherungsnehmer zukommen, müssen sie hoffen, dass dieser wenigstens die nächsten 5 Jahre in der Lage ist, seine Versicherungsprämien zu bedienen und nicht etwa durch Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit, Scheidung dazu gezwungen oder einfach aus Gleichgültigkeit und Konsuminteresse dazu gebracht wird, seinen Versicherungsvertrag nicht weiterzuführen.
Diese Personengruppe müsste eigentlich von den staatlichen Akteuren gefördert werden, wo es nur geht – weil sie einen sozialpolitischen Auftrag erfüllt und unser Staatswesen davor bewahren, langfristig immer mehr Altersarme versorgen zu müssen.
Das Gegenteil ist leider aktuell der Fall! Anstatt dass dieser Berufsgruppe von den Regierenden Respekt gezollt wird, pflegen große Teile der Politik bis hin zu unserem Bundeskanzler weiterhin ihre Vorurteile und verbreiten bei jeder Gelegenheit die durch nichts bewiesene Behauptung, dass Versicherungsvermittler nur aus Provisionsgier handeln würden.
Unterstützt werden die Kritiker hierbei von der BaFin, die – ohne hierfür wirkliche Anhaltspunkte zu haben – immer das Gefühl hat, es würde zu viel gezahlt. Dabei hat sich die Aufsicht nicht einmal den Gedanken gemacht, welcher Aufwand durch einen unabhängigen Makler oder Mehrfachagenten betrieben werden muss, bis dieser zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Ein unter dieser Aufwandsbetrachtung ermittelter Stundenlohn wurde von der BaFin bis dato nicht ermittelt. Sie äußert dennoch das vermeintlich sichere Wissen, Grenzwerte bestimmen zu müssen und zu können. Das alles in einem Land, welches sich immer doch immer so gerne auf seine marktwirtschaftlichen Wurzeln beruft.
Hiergegen gilt es, einen entschiedenen Widerstand zu formieren und mit denen in der Politik im Dialog zu bleiben, die noch offen sind für Argumente und sich nicht dauerhaft hinter ihrer teilweise bereits mit dem Parteibuch verbundenen Voreingenommenheit zu verschanzen.
Diejenigen, die im direkten Kontakt mit den Bürgern dieser wichtigen Tätigkeit nachgehen – sei es als Ausschließlichkeitsvermittler, Mehrfachagent oder Makler –, sollten sich immer wieder in den Dialog mit ihren örtlichen Abgeordneten begeben und deutlich machen, dass es sich bei ihnen um Menschen handelt, die aus einem inneren Antrieb und dem Wunsch, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben, Altersvorsorgeprodukte vermitteln und hierbei nicht primär immer nur den eigenen Vorteil im Auge haben.
Der gesetzliche Rahmen für diese Berufsgruppen ist ausreichend reguliert. Er bedarf keiner weiteren nationalen Sonderwege. Die übergeordnete Aufgabe der Politik muss es vielmehr sein, mehr Anreize zu schaffen, damit Menschen ergänzend zu ihrer gesetzlichen Rente eine private Altersvorsorge aufbauen.
Diese Aufgabe hat bereits die abgewählte große Koalition in sträflicher Weise vernachlässigt und damit auch ihr Versprechen gebrochen, Schaden vom deutschen Volk, abzuwenden. Die aktuelle Koalition sollte diesen Pfad des sträflichen Nichtstuns nicht weiter beschreiten und endlich die notwendigen Reformarbeiten aufnehmen.
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