Angesichts finanzieller Engpässe soll der Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab Januar 2025 erneut steigen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach warnt vor drohender Zahlungsunfähigkeit bei Pflegekassen und fordert langfristige Reformen.
Die Bundesregierung plant, den Beitrag zur Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2025 erneut anzuheben. Nach Angaben aus Koalitionskreisen soll der Beitragssatz um 0,15 bis 0,2 Prozentpunkte steigen, um die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung zu gewährleisten. Für Versicherte würde dies eine Erhöhung auf 3,55 Prozent bedeuten, während kinderlose Beitragszahler sogar 4,15 Prozent zahlen müssten.
Die finanzielle Situation der Pflegeversicherung bleibt angespannt, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont. „Ohne diese Erhöhung könnten einige Pflegekassen schon bald zahlungsunfähig werden“, erklärte Lauterbach. Die steigende Zahl an Pflegebedürftigen, höhere Löhne im Pflegebereich und der politisch gewollte Ausbau des Pflegepersonals belasten die Finanzen der Pflegeversicherung zusätzlich.
Ein erster Reformschritt erfolgte bereits im Juli 2023, als der Beitragssatz für kinderlose Versicherte auf vier Prozent und für Versicherte mit einem Kind auf 3,4 Prozent angehoben wurde. Familien mit mehreren Kindern profitieren von weiteren Entlastungen. Die Bundesregierung hoffte, durch diese Maßnahmen die Finanzen der Pflegeversicherung zumindest bis 2025 zu stabilisieren. Angesichts der aktuellen Defizite ist jedoch eine erneute Anpassung notwendig.
Bundesrat entscheidet über neue Beitragssätze
Die geplante Erhöhung könnte über eine Regierungsverordnung umgesetzt werden, die Lauterbach bereits dem Kabinett vorgelegt hat. Der Bundestag hat dabei kein direktes Mitspracherecht und könnte die Verordnung nur blockieren. Zustimmungspflichtig ist jedoch der Bundesrat.
Forderungen nach umfassender Reform
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert, dass es der amtierenden Regierung bislang nicht gelungen sei, eine langfristige Reform für die Pflegeversicherung auf den Weg zu bringen. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung, betont: „Pflegebedürftige tragen die Folgen dafür, dass eine nachhaltige Reform von der amtierenden Bundesregierung nicht frühzeitig angegangen wurde.“
Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sieht in der geplanten Beitragserhöhung lediglich eine kurzfristige Entlastung. Die GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer fordert, dass der Bund die finanziellen Belastungen ausgleicht, die in der Pandemie durch Sonderausgaben wie Tests und Boni fürs Pflegepersonal entstanden sind. Sie weist darauf hin, dass allein 5,3 Milliarden Euro aus der Pflegeversicherung in diese Maßnahmen geflossen seien, was die ohnehin angespannte Finanzlage der Kassen weiter verschärft habe.
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