Kultur trägt wesentlich zum Unternehmenserfolg bei und spielt deshalb auch bei Firmenübernahmen eine entscheidende Rolle. Silke Masurat, Gründerin und Geschäftsführerin des Zentrums für Arbeitgeberattraktivität, klärt auf, inwieweit Kultur für den erfolgreichen Kauf verantwortlich ist und stellt ein Instrument vor, dass Corporate Culture messbar macht.
Misslingt eine Übernahme, steht das nicht immer gleichbedeutend mit einem geplatzten Deal. Das höchste Ziel einer Transaktion ist in den meisten Fällen sogenannte Value Creation, also einen Wertezuwachs zu generieren. Diese Messgröße gilt als aussagekräftiger Indikator für eine geglückte Firmenübernahme. Unter diesem Gesichtspunkt scheitern viele Transaktionen im Nachgang; weil die am Deal beteiligten Parteien der ausschlaggebenden Ressource im Unternehmen nicht ausreichend oder keine Beachtung schenken.
Die Unternehmenskultur auch qualitativ umfassend zu prüfen, hilft dabei, Kaufpreise und Wertsteigerungspotenziale präzise einzuschätzen und Risiken zu limitieren. Arbeitnehmende, Führungskräfte und die Unternehmenskultur sind entscheidend für einen gelungenen Übernahmeprozess. „Häufig stehen Leadership-Themen, Organisationsstruktur und Mitarbeitendenbindung hinter fehlgeschlagenen Unternehmenskäufen“, erläutert Silke Masurat.
Kulturelle Integration kreiert Innovation
Nur wer effektiv zusammenarbeitet, wächst zusammen und schafft Wertezuwachs. Dies setzt voraus, dass Menschen und Kulturen der an der Übernahme beteiligten Firmen zueinander passen. Finden die Teams beider Seiten keinen gemeinsamen Nenner, bleibt dem Management häufig nur die Option, das aufgekaufte Unternehmen in die eigene Kultur zu pressen – doch darf es bei diesem Vorgehen keine sichtbaren Ergebnisse oder gar Innovation erwarten. Die erfolgreiche Übernahme scheitert so letztendlich am Faktor Mensch. „Oft schwebt über Firmenkäufen eine Sieger-Verlierer-Mentalität und Menschen erleben die Übergangsphase als feindliche Übernahme“, erklärt Masurat.
Jan Pörschmann, Gründer und Managing Partner der M&A-Boutique-Beratung atares, verdeutlicht: „Der Standort Deutschland entwickelt sich zunehmend von einem Güter-produzierenden zu einem Wissen-produzierenden Standort. Wissen wird von Menschen geschaffen. Umso wichtiger ist der passende Fit zwischen Menschen und Kulturen. Auffällig ist, dass sich die meisten HR-Due Diligence-Prozesse eher an den quantitativ messbaren Größen orientieren, wie Gehaltsgefüge, Zugehörigkeiten, Skills, Krankenstand und Auslastungsquoten. Ich habe ganz selten die Prüfung qualitativer Kriterien gesehen. Das ist ein klares Defizit im Markt. Und damit eine Riesenchance, um die übliche 50%-Failure-Rate von M&A-Deals zu senken.“
Valide Kennzahlen statt Bauchgefühl
Unternehmenskultur, Führungsqualität und Bindungsstärke gehören zu den grundlegenden Faktoren für den langfristigen Wert einer Transaktion. Diese manifestieren sich oft in einem Bauchgefühl und scheinen im ersten Moment schwer messbar. Gemeinsam mit der Universität St. Gallen entwickelt Silke Masurat deshalb den Human Capital Evaluator. Das Tool ermöglicht auch kleinen und mittelständischen M&A-Beratungsagenturen alle relevanten Kriterien und Kennziffern für langfristige Wertschöpfung zu analysieren und darüber Transaktionen zu sichern. Benchmark-Werte erlauben eine entsprechende Einordnung im direkten Branchen- und Größenvergleich. Zu diesen Parametern zählen:
- Qualität der Arbeitgeberattraktivität
- Organisatorische Verankerung der Arbeitgeberattraktivität
- Change- und New Work-Readiness
- Loyalität der Belegschaft
Die Analyse bietet außerdem Antworten auf folgende Fragen:
- Wertschöpfung durch Kultur: Wie beeinflusst die Unternehmenskultur den Kaufpreis und Gesamtwert einer Transaktion?
- Integration und Synergien: Welche kulturellen Unterschiede bestehen zwischen den fusionierenden Unternehmen? Welche Integrationsstrategien lassen sich ableiten?
- Langfristige Bindung: Welche Chancen bestehen, wichtige Talente nach einer Transaktion auf Grundlage der Unternehmenskultur zu motivieren und zu binden?
- Ausrichtung der Führung: Vertraut die Belegschaft den Führungskräften? Inwieweit sind letztere imstande, die Integration maßgeblich voranzutreiben?
- Kommunikation: Welche Strategie für die Kommunikation der Integration und des Change kann abgeleitet werden?
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