Krankenversicherung: Thomas Brahm fordert Stärkung der Kapitaldeckung

Demografischer Wandel vs. stabile PKV? Thomas Brahm Vorstandsvorsitzender der Debeka und des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) erklärt, warum die PKV der Schlüssel zur Zukunft der Gesundheits- und Pflegeversorgung ist – und fordert mehr Förderung für kapitalgedeckte Vorsorge.

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Der demografische Wandel stellt das Gesundheitssystem in Deutschland vor immense Herausforderungen. Vor allem die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht durch das Umlageverfahren unter wachsendem Druck, da immer weniger Erwerbstätige die Kosten für immer mehr Ruheständler mittragen müssen. Thomas Brahm, Vorstandsvorsitzender der Debeka und des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV), sieht die Lösung in der PKV. Sie agiert weitgehend unabhängig von der demografischen Entwicklung, was sie seiner Meinung nach zu einem nachhaltigen Modell für die Gesundheits- und Pflegeversorgung macht. In einem Exklusiv-Interview mit Versicherungsbote fordert er daher, die kapitalgedeckte Vorsorge stärker zu fördern, um die langfristige Stabilität des Systems zu sichern.

Kapitaldeckungsverfahren als Lösung des demografischen Dilemmas

Brahm weist darauf hin, dass das Umlageverfahren der GKV gerade angesichts der alternden Gesellschaft zunehmend an seine Grenzen stößt. „Die Beiträge auf Renteneinkünfte und sonstige Ruhegelder in der GKV sind nicht kostendeckend“, warnt er. Das resultierende Ungleichgewicht werde sich weiter verschärfen, wenn die Zahl der Erwerbstätigen weiter sinkt.

Im Gegensatz dazu setzt die PKV auf das Prinzip der Kapitaldeckung, bei dem die Versicherten von Anfang an für die im Alter steigenden Gesundheitskosten vorsorgen. „Grundsätzlich gilt, dass die Beiträge der Versicherten von Beginn an so kalkuliert sind, dass sie selbst Vorsorge für ihre altersbedingt steigenden Gesundheitsausgaben treffen“, erklärt Brahm im Interview. Auf diese Weise bleibt die PKV nicht nur unabhängig von der demografischen Entwicklung, sondern vermeidet auch, dass die Kosten auf kommende Generationen abgewälzt werden.

Vorteile der PKV: Langfristige Vorsorge und Unabhängigkeit

Einer der wesentlichen Vorteile der PKV liegt in der Bildung von Alterungsrückstellungen, die langfristig und verzinslich angelegt werden. „Alle Versicherten finanzieren mit ihren Beiträgen vom ersten Tag an diesen Vorsorge-Anteil mit – oft schon seit Jahrzehnten“, so Brahm. Diese Rückstellungen tragen dazu bei, die im Alter anfallenden Gesundheitskosten zu decken, ohne dass die Last auf zukünftige Generationen verlagert wird. Die Erträge aus den Rückstellungen helfen zudem, die Beiträge stabil zu halten, was den Versicherten zusätzliche Planungssicherheit bietet.

Während der demografische Wandel die GKV vor zunehmende finanzielle Herausforderungen stellt, bleibt die PKV unabhängig davon, wie sich der Anteil älterer Menschen entwickelt. „Die Beiträge in der Privaten Krankenversicherung werden für die Dauer eines gesamten Lebens kalkuliert“, erläutert Brahm. Diese langfristige Planung ermöglicht es der PKV, Kapitalanlagen zu nutzen, die dazu beitragen, die Beitragsentwicklung im Laufe der Jahre stabil zu halten.

Politische Forderungen: Stärkung der kapitalgedeckten Vorsorge

In Anbetracht dieser Vorteile fordert Brahm, dass der Gesetzgeber die kapitalgedeckte Vorsorge weiter ausbaut. „Man sollte mehr Menschen über Kapitaldeckung absichern“, so seine klare Forderung. Besonders im Bereich der Pflegeversicherung sieht er großen Handlungsbedarf. Die Soziale Pflegeversicherung (SPV) decke lediglich einen Teil der entstehenden Pflegekosten ab, wodurch viele Menschen einem erheblichen finanziellen Risiko ausgesetzt seien.

Um dieses Risiko zu minimieren, empfiehlt Brahm, eine private Pflegezusatzversicherung in Betracht zu ziehen. „Immer mehr Arbeitgeber bieten betriebliche Pflegeversicherungen an, bei denen sie die Beiträge übernehmen.“ Hier sieht Brahm großes Potenzial für gezielte staatliche Förderungen, um die Nachhaltigkeit des Pflegesystems zu stärken und langfristig abzusichern.

Kapitaldeckung: Ein Erfolgsmodell auch bei Niedrigzinsen

Brahm hebt zudem hervor, dass das Kapitaldeckungsverfahren der PKV selbst in Zeiten niedriger Zinsen stabil funktioniert hat. Seit 2008 hatte die Europäische Zentralbank – in mehreren Schritten – den Leitzins auf 0 Prozent gesenkt. Doch in dieser Zeitspanne haben sich die Alterungsrückstellungen der PKV von 134 Milliarden auf über 310 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. „Das Geld der Versicherten ist langfristig in sicheren Anleihen, Immobilien und Infrastrukturprojekten angelegt“, betont Brahm.

Diese Investments haben sich als erfolgreich erwiesen: Selbst im Jahr 2021, nach mehreren Jahren Null-Zins-Politik, erzielte die PKV noch eine Durchschnittsverzinsung von über 2,6 Prozent. „Mehr als 85 Prozent des sogenannten Überzinses fließen in Form von zusätzlichen Rückstellungen oder als Beitragsentlastungen für über 65-Jährige an die Versicherten zurück“, erklärt Brahm. Der gesetzlich vorgeschriebene Zuschlag von zehn Prozent auf den Beitrag wird dabei ab dem 65. Lebensjahr eingesetzt, um künftige Beitragssteigerungen abzumildern.

Mit Alterungsrückstellungen, die im Jahr 2023 bereits über 328 Milliarden Euro betrugen, stellt die PKV sicher, dass Privatversicherte auch im Alter finanziell unabhängig bleiben. Brahm sieht daher in der kapitalgedeckten Vorsorge nicht nur ein Modell, das die PKV stabilisiert, sondern auch eine Lösung, um das gesamte Gesundheitssystem zu entlasten und zukunftsfähig zu machen. Sein Appell an die Politik ist deutlich: Mehr Menschen sollten die Vorteile der kapitalgedeckten Vorsorge nutzen, um den kommenden Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich gewachsen zu sein.

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