Eine neue Studie der Creditreform Rating AG hat die Risikosituation im gesamten deutschen Unternehmenssektor untersucht und dabei eine Basel-konforme Definition des Ausfallereignisses zugrunde gelegt. Dabei wurde auf eine umfassende Datenbasis mit 2,42 Mio. wirtschaftsaktiven Unternehmen zugegriffen, was einer Vollerhebung des deutschen Unternehmenssektors entspricht.
Die Ergebnisse entsprechen damit den tatsächlichen, empirischen Ausfallraten und keinen Hochrechnungen oder Schätzungen. Die zentralen Erkenntnisse der Default Study 2023 der Creditreform Rating AG sind:
Mehr Ausfälle
Die Ausfallrate deutscher Betriebe ist im Jahr 2022 von 1,08 Prozent auf 1,17 Prozent gestiegen. Die Zahl der Insolvenzen beziehungsweise signifikanten Zahlungsschwierigkeiten sollte über die kommenden Monate hinweg steigen.
Aktuelle Creditreform-Daten der ersten drei Monate des Jahres 2023 untermauern dies: kumuliert wurden 10.831 Unternehmensausfälle beziehungsweise Fälle von erheblichem Zahlungsverzug erfasst, 22,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Zum Ende des Jahres 2023 erwartet Creditreform Rating eine 1-jährige Ausfallrate von 1,44 Prozent.
Entwicklung des BIP
Bei den Aussichten für das Wirtschaftswachstum überwiegen derzeit noch die Abwärtsrisiken. Für das laufende Jahr rechnen die Volkswirte von Creditreform Rating mit einer nur geringen Expansion der realen Wirtschaftsleistung von 0,2 Prozent. Die straffere Geldpolitik und weitere Zinserhöhungen dürften allmählich eine stärker konjunkturbremsende Wirkung entfalten.
Wirtschaftszweige
Im Verkehrs- und Logistiksektor gab es auch im Jahr 2022 mit 2,5 Prozent die höchste Ausfallrate, gefolgt vom Baugewerbe (1,6 Prozent). Dennoch bleiben die Raten noch unter dem Vor-Pandemie-Jahr 2019. Nur die Chemiebranche verzeichnet inzwischen eine Ausfallrate, die über der des Jahres 2019 liegt, was bei der energieintensiven Branche zum Teil auf den Energiepreisschock von 2022 zurückgehen dürfte.
Steigende Quoten in allen Bundesländern
In allen Bundesländern ist die Ausfallquote 2022 gestiegen, und Berlin führt mit 1,95 Prozent erneut die Statistik an. Den stärksten Anstieg mit 0,25 Prozentpunkten gab es im Saarland. In den östlichen Bundesländern ist die Ausfallrate tendenziell niedriger.
Unternehmensalter
Unternehmen, die länger als zehn Jahre am Markt sind, weisen deutlich niedrigere Ausfallraten als jüngere Unternehmen auf. Die Ausfälle bewegen sich über alle Altersklassen hinweg noch deutlich unter dem für 2019 berechneten Stand.
„Nachdem die staatlichen Hilfen während der Pandemie einen wichtigen Sicherheitspuffer darstellten, und derzeit auch noch höhere Energiekosten abfedern, sehen wir nun doch, dass der Mix zweier schwerwiegender Schocks sowie eine recht rasante Straffung der Geldpolitik ihren Tribut fordern", erklärt Dr. Benjamin Mohr, Head of Public Finance and Economic Research der Creditreform Rating AG.
Unternehmen mit energieintensiver Produktion laufen aufgrund der Energiekrise höhere Gefahr, insolvent zu werden, erläutert Mohr. Auch wenn sich die prognostizierte Ausfallrate noch unter dem 10-Jahresdurchschnitt für 2010 - 2019 bewege, dürfte es seines Erachtens im Zuge des deutlich angespannteren Finanzierungs- beziehungsweise Schuldentilgungsumfeldes aufgrund des unerwartet aggressiven Zinserhöhungszyklus zu einer spürbar höheren Dynamik bei den Zahlungsrückständen und letztlich bei Zahlungsausfällen kommen.
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