Unternehmensinsolvenzen steigen weltweit erneut an

Allianz Trade veröffentlicht aktuelle Insolvenzprognosen für 2023 und 2024. Der weltweit führende Kreditversicherer geht von einem Anstieg der Insolvenzen im Jahr 2023 um 6 Prozent und im Jahr 2024 um 10 Prozent aus. Schwindende Liquiditätspuffer und eine sich verschlechternde Rentabilität gefährden viele Branchen.

1981605c-c13a-4edc-9bba-78bbfa8f345e1981605c-c13a-4edc-9bba-78bbfa8f345eSergey Nivens – stock.adobe.com

Was steckt hinter dieser Beschleunigung? Die Rezession bei den Unternehmenseinnahmen gewinnt angesichts der geringeren Preissetzungsmacht und der schwächeren globalen Nachfrage an Zugkraft: Im 2. Quartal 2023 ist die Umsatzrezession zum ersten Mal seit Mitte 2020 auf breiter Basis über alle Regionen hinweg zu beobachten (-1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). In Verbindung mit anhaltend hohen Kosten drückt dies auf die Rentabilität. Infolgedessen verschlechtert sich die Liquiditätslage rapide und wird sich wahrscheinlich nicht vor 2025 verbessern.

„Die Unternehmen verfügen immer noch über eine beträchtliche Menge an überschüssiger Liquidität, 3,4 Billionen Euro in der Eurozone und 2,5 Billionen US-Dollar in den USA. Diese Liquiditätspuffer sind jedoch nach wie vor stark in den Händen großer Unternehmen und in bestimmten Sektoren wie Technologie und zyklische Konsumgüter konzentriert", erklärt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade.

Im Allgemeinen seien die meisten Unternehmen nicht in der Lage, ihre liquiden Mittel im Kontext eines länger anhaltenden geringeren Wirtschaftswachstums durch operative Maßnahmen zu erhöhen, so der CEO weiter. Insgesamt erwarte man beim Kreditversicherer einen zweimaligen Anstieg der weltweiten Unternehmensinsolvenzen, mit +6 Prozent im Jahr 2023 und +10 Prozent im Jahr 2024, nach +1 Prozent im Jahr 2022.

Die am stärksten gefährdeten Unternehmen und Sektoren befinden sich 2023 in einer Zwickmühle, wobei das Gastgewerbe, das Transportwesen und der Groß-/Einzelhandel an vorderster Front stehen. Andere Sektoren holen schnell auf, insbesondere das Baugewerbe, wo die Arbeitsrückstände fast aufgeholt sind - vor allem im Wohnungsbau.

Gleichzeitig verringern die längerfristig höheren Zinsen die Nachfrage in Sektoren wie Immobilien und langlebigen Gütern und werden die Solvenz in hoch verschuldeten Sektoren wie Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen zusätzlich zum Immobiliensektor auf beiden Seiten des Atlantiks unter Druck setzen, ergänzt Maxime Lemerle, leitender Analyst in der Insolvenzforschung bei Allianz Trade.

Darüber hinaus liegen die weltweiten WCR derzeit bei einem Rekordhoch von 86 Tagen, mehr als +2 Tage über dem Niveau vor der Pandemie, ergänzt er. Höhere Zinssätze machen es für Unternehmen noch teurer, einen strukturell höheren Betriebskapitalbedarf zu finanzieren, was Risiken für Sektoren wie das Baugewerbe und den Maschinen- und Fahrzeugbau berge.

Unternehmensinsolvenzen auf Vor-Pandemie-Niveau

Ende 2023 wird die Normalisierung der Unternehmensinsolvenzen in den meisten westlichen Volkswirtschaften abgeschlossen sein, und 55 Prozent der Länder werden wahrscheinlich einen starken zweistelligen Anstieg verzeichnen. Dazu gehören die USA (+47 Prozent), Frankreich (+36 Prozent), die Niederlande (+59 Prozent), Japan (+35 Prozent) und Südkorea (+41 Prozent).

Weltweit werden drei von fünf Ländern bis Ende 2024 das Niveau der Unternehmensinsolvenzen vor der Pandemie erreichen, darunter große Märkte wie die USA und Deutschland. Auf beiden Seiten des Atlantiks müsste sich das BIP-Wachstum verdoppeln, um die Insolvenzzahlen zu stabilisieren, was nicht vor 2025 der Fall sein wird.

„Vor dem Hintergrund eines sich verlangsamenden globalen Wirtschaftswachstums werden sich zudem die Zahlungsfristen wahrscheinlich verlängern, was den Anstieg der Insolvenzen in den kommenden Quartalen noch verstärken wird", erklärt Somersan Coqui.

Die weltweiten Forderungslaufzeiten liegen bei 47 Prozent der Unternehmen bereits bei über 60 Tagen. Ein zusätzlicher Tag Zahlungsverzug entspreche einer Finanzierungslücke von 100 Mrd. US-Dollar in den USA, 90 Mrd. US-Dollar in der EU und 140 Mrd. US-Dollar in China, weiß Coqui. Da die Bankkredite für KMU bereits versiegen, könnte die Schließung dieser Finanzierungslücke eine große Herausforderung darstellen.

Deutschland mit +22 Prozent Anstieg, sukzessive Normalisierung

In Deutschland setzt sich die Normalisierung des Insolvenzgeschehens indes fort. Die Insolvenzen in der Bundesrepublik steigen deutlicher als im weltweiten Durchschnitt, allerdings von niedrigem Niveau kommend.

„Wir sehen 2023 einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen in Deutschland“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Letztlich ist es aber eine Rückkehr zur Normalität: Am Jahresende dürften die Insolvenzen weiterhin rund 5 Prozent unterhalb des Niveaus von vor der Pandemie 2019 liegen und dieses erst nach einem weiteren Anstieg im kommenden Jahr überschreiten.“

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