Gemeinnützigkeit zahlt sich (doch) aus

Gemeinnützige Unternehmen in Deutschland sind deutlich seltener von Insolvenzen und gravierenden Zahlungsverzügen betroffen als nicht gemeinnützige Unternehmen. Dies zeigt eine Untersuchung von Creditreform Rating im Auftrag des Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB). Demnach wiesen die untersuchten gemeinnützigen Unternehmen im Untersuchungszeitraum eine sechsmal niedrigere Ausfallrate als Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft auf.

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Mögliche Förderungen und Bürgschaften in Aussicht

Anlass der Untersuchung ist die Erwägung der Bürgschaftsbanken, gemeinnützige und auch die größere Gruppe der gemeinwohlorientierten Unternehmen stärker zu fördern. „Angesichts des großen Beitrags, den diese Unternehmen zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten können, sind die Erkenntnisse für die Bürgschaftsbanken von besonderem Interesse“, sagt Stephan Jansen, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken.

Da sich die Ableitung messbarer und vergleichbarer Merkmale bislang als schwierig erwies, hat sich Creditreform Rating dieser Herausforderung mit einem neuen Ansatz genähert, der tiefere Einblicke in die Besonderheiten dieses speziellen Unternehmenssegments erlaubt. So hat die Ratingagentur aus der über 2,5 Millionen Unternehmen umfassenden Creditreform Unternehmensdatenbank unter Berücksichtigung verschiedener Parameter 10.100 gemeinnützige Unternehmen identifiziert, die eine repräsentative Teilmenge aller gemeinwohlorientierten Unternehmen in Deutschland darstellen. „Die Studie dient nicht nur der Entscheidungsfindung sondern kann als Pionierarbeit angesehen werden, da sie erstmals die Risikotragfähigkeit dieser Unternehmen, deren Ausfallrisiken und strukturelle Unterschiede im Vergleich zu anderen Unternehmensformen untersucht. Die Untersuchungsergebnisse erlauben Rückschlüsse für die deutlich größere Gruppe der gemeinwohlorientierten Unternehmen und deren Förderung“, so Stephan Jansen.

Gemeinnützige Unternehmen unter der Lupe

Durch die Analyse konnte erstmals eine allgemeine Struktur dieses Unternehmenssegments erfasst werden. So zeigt sich, dass Kleinst- und Kleinunternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten das Segment dominieren, während Großunternehmen (mindestens 250 Angestellte) mit 12 Prozent einen nicht unerheblichen Teil der gemeinnützigen Betriebe ausmachen. Die Verteilung nach

Branchenaggregaten lässt erkennen, dass mehr als die Hälfte (56 Prozent) dem Gesundheits- und Sozialwesen zuzuordnen ist, gefolgt vom Bildungssektor (16 Prozent) und sonstigen Dienstleistungen (14 Prozent). Industrie, Bau und Handel spielen mit weniger als einem Prozent in dieser Betrachtung eine untergeordnete Rolle.

Weniger Ausfälle als in anderen Wirtschaftszweigen

Ein deutliches Bild ergibt sich bei der Analyse der Ausfallraten, für die eine Basel III/IV-konforme Definition des Ausfallereignisses verwendet wurde. So lag diese bei den gemeinnützigen Unternehmen im Durchschnitt bei 0,13 Prozent und damit fast sechsmal niedriger als in der gewerblichen Wirtschaft. „Insgesamt zeigt sich, dass insbesondere Kleinstbetriebe mit bis zu neun Angestellten am ausfallgefährdetsten sind, gefolgt von großen Unternehmen mit 250 oder mehr Angestellten. Im Gegensatz dazu weisen kleine und mittelgroße Betriebe geringere Ausfallraten auf. Das Ergebnis überrascht, da üblicherweise mit zunehmender Unternehmensgröße ein sinkendes Ausfallrisiko angenommen wird. Dies kann jedoch zum einen auf die insgesamt geringe Anzahl an Ausfällen und zum anderen auf mögliche verzerrende Effekte durch die Pandemie zurückzuführen sein“, erklärt Dr. Benjamin Mohr, Mitglied der Geschäftsleitung der Creditreform Rating AG.

Eigenkapital als starkes Rückgrat

Ein wichtiger Grund für die geringe Ausfallwahrscheinlichkeit der untersuchten Unternehmen dürfte ihre solide Eigenkapitalstruktur sein. Ihre Eigenkapitalquote lag zum Untersuchungszeitpunkt bei durchschnittlich 58,7 Prozent – mit steigender Tendenz. Zum gleichen Zeitpunkt lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote der deutschen Gesamtwirtschaft bei 36,7 Prozent. „Dank ihrer finanziellen Solidität können gemeinnützige Unternehmen ihre sozialen, ökologischen und kulturellen Aufgaben effektiv verfolgen und wirtschaftlichen Schwankungen widerstandsfähiger begegnen“, kommentiert Mohr.

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