Zur Beweislast für eine unfallbedingte Erstverletzung

Der Invaliditätsschutz aus einer Unfallversicherung entsteht nur dann, wenn die Invalidität auch durch einen Unfall verursacht wurde. Der Versicherungsnehmer muss im Zweifel beweisen, dass ein Unfall die Erstverletzung auslöste. Welche Nachweise der Versicherungsnehmer erbringen muss, um eine unfallbedingte Erstverletzung nachzuweisen, behandelt diese Entscheidung des Kammergerichts.

(PDF)
panoramic shot of depressed man with closed eyes holding glassespanoramic shot of depressed man with closed eyes holding glassesLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Der Kläger unterhielt bei der beklagten Versicherung eine Unfallversicherung. Der Versicherungsnehmer wurde am 27.08.2016 in einen Verkehrsunfall verwickelt. Seit dem Unfall leidet er unter chronischen Kopfschmerzen. Nach Meinung des Klägers sind die chronischen Kopfschmerzen auf den Verkehrsunfall zurückzuführen.

Er reichte deshalb bei seiner Versicherung die Unfallanzeigeformulare ein und fügte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ärztliche Unterlagen ein, die nur eine Diagnose der Symptome erkennen ließen, jedoch keine Tatsachen, die die Symptome mit dem Unfall in Verbindung bringen konnten. Die Versicherung verweigerte in der Folge die Leistung.

Die rechtliche Wertung des Kammergerichts

Gesundheitsschäden sind über die Unfallversicherung versichert, wenn der Kläger sie durch ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis erlitten hat und so eine Invalidität verursacht wurde. In den Versicherungsbedingungen war in § 5 Ziff. 5.2.6 AUGB der Anspruch ausgeschlossen für „krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch den Unfall verursacht worden sind“. Es kam somit darauf an, ob die Kopfschmerzen durch den auf den Körper einwirkenden Unfall verursacht worden, oder ‚lediglich‘ eine psychische Reaktion aufgrund des Unfalls sind.

Der Kläger muss beweisen, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Die Versicherung kann dann im Anschluss die Beweise dafür anführen, dass der Anspruch ausgeschlossen ist. Vorliegend musste der Versicherungsnehmer beweisen, dass die Kopfschmerzen auf den Unfall zurückzuführen sind.

Der Versicherungsnehmer hatte keine äußeren Kopfverletzungen, so dass nur eine Verletzung der Halswirbelsäule oder ein Schädel-Hirn-Trauma in Betracht käme. Die eingereichten ärztlichen Unterlagen lassen aber nach Einschätzung des Gerichts (KG Berlin, Beschluss v. 23.03.2021 – Az. 6 U 18/20). keinen Rückschluss darauf zu, dass ein solcher Befund vorliegt. Die ärztlichen Feststellungen beschränken sich darauf, dass der Versicherungsnehmer ein „Hochrasanztrauma“ erlitt – dies reichte jedoch nicht aus, um die tatsächlichen Auswirkungen festzustellen.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Die Beweisbarkeit einer unfallbedingten Invalidität ist häufig ein „Knackpunkt“ des gerichtlichen Versicherungsprozesses. Der Versicherungsnehmer sollte frühzeitig nach einem Unfall den Beweis durch eindeutige ärztliche Diagnosen erbringen, damit er Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erhalten kann. Im Verlauf des Verfahrens kann es angezeigt sein, sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu wenden, damit keine vertraglich zugesicherten Ansprüche vereitelt werden.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Eine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.sanjayjena224 / pixabayEine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.sanjayjena224 / pixabay
Urteile

Fahrt zur Tankstelle zählt nicht als Arbeitsweg

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden: Eine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Fall verdeutlicht die Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Sphäre.

Smartphone-kaputt-2023-US-juvnskySmartphone-kaputt-2023-US-juvnskyjuvnsky – unsplash.comSmartphone-kaputt-2023-US-juvnskyjuvnsky – unsplash.com
Assekuranz

Versicherungsbetrug: Bedrohungen ermitteln und bekämpfen

Die Maße der Versicherungsbetrügereien sind genauso unterschiedlich wie die potenziellen Versicherungsopfer. Unredliche Versicherungsmeldungen sind deshalb nicht immer leicht zu erkennen. Welche Strategien und Schritte es gibt, potenziellen Betrug rechtssicher zu entlarven.

Mann-Schulter-Schmerzen-450167392-AS--hamaraMann-Schulter-Schmerzen-450167392-AS--hamarahamara – stock.adobe.comMann-Schulter-Schmerzen-450167392-AS--hamarahamara – stock.adobe.com
Assekuranz

Invaliditätsfeststellung durch mehrere Atteste

Damit Versicherungsschutz im Rahmen der Unfallversicherung besteht, muss ein Unfall zu einer dauerhaften Beeinträchtigung geführt haben. Ob sich die Invaliditätsfeststellung aus mehreren sich ergänzenden Atteste ergeben kann, entschied das OLG Saarbrücken.

Doctor working with patient in hospital, closeup. RehabilitationDoctor working with patient in hospital, closeup. RehabilitationNew Africa – stock.adobe.comDoctor working with patient in hospital, closeup. RehabilitationNew Africa – stock.adobe.com
Urteile

Nachweis eines Unfalls in der privaten Unfallversicherung

Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung werden nur ausgezahlt, wenn der Nachweis eines Unfalls erbracht wurde. Das LG Wiesbaden hatte zu beurteilen, wann trotz eines Schädigungsereignis ein Unfall nicht nachgewiesen wird.

Verbraucher, die von Kürzungen ihrer Riester-Rente betroffen sind, sollten ihren Versicherungsvertrag genau prüfen.Foto: AdobestockVerbraucher, die von Kürzungen ihrer Riester-Rente betroffen sind, sollten ihren Versicherungsvertrag genau prüfen.Foto: Adobestock
Urteile

Allianz unterliegt vor Gericht: Riester-Rente darf nicht gekürzt werden

Ein bedeutendes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart sorgt für Aufsehen in der Versicherungsbranche: Die Allianz Lebensversicherungs-AG darf eine umstrittene Klausel in ihren fondsgebundenen Riester-Rentenverträgen nicht mehr verwenden.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Für die Beurteilung eines Reiserücktritts wegen Covid-19 sind nur die Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts entscheidend.succo / pixabayDer Bundesgerichtshof hat entschieden: Für die Beurteilung eines Reiserücktritts wegen Covid-19 sind nur die Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts entscheidend.succo / pixabay
Urteile

Reiserücktritt wegen Covid-19: BGH schafft Klarheit

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Für die Beurteilung eines Reiserücktritts wegen Covid-19 sind nur die Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts entscheidend. Was diese Entscheidung für Reisende, Veranstalter und Versicherer bedeutet.

Mehr zum Thema

Forderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren, entschied das Bundesarbeitsgericht.moritz320 / pixabayForderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren, entschied das Bundesarbeitsgericht.moritz320 / pixabay
Urteile

Pensions-Sicherungs-Verein kann Forderungen 30 Jahre lang geltend machen

Forderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Eine Verjährung nach drei Jahren, wie von einem Insolvenzverwalter gefordert, lehnten die Richter ab.

Nach Ansicht des Gerichts war die Regelung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer intransparent.Foto: PixabayNach Ansicht des Gerichts war die Regelung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer intransparent.Foto: Pixabay
Urteile

BGH: Automatische Beendigung einer D&O-Versicherung bei Insolvenz unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18. Dezember 2024 eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer D&O-Versicherung für unwirksam erklärt, die den Versicherungsschutz automatisch mit Ablauf der Versicherungsperiode bei Insolvenzantragstellung beendet.

Das Gericht stellte fest, dass die Post-COVID-Beschwerden des Krankenpflegers zweifelsfrei im Zusammenhang mit seiner COVID-19-Infektion stehen, die während seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen erfolgte.Foto: AdobestockDas Gericht stellte fest, dass die Post-COVID-Beschwerden des Krankenpflegers zweifelsfrei im Zusammenhang mit seiner COVID-19-Infektion stehen, die während seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen erfolgte.Foto: Adobestock
Urteile

Gericht stärkt Post-COVID-Erkrankte: Der Fall eines Krankenpflegers und seine Bedeutung

Ein Krankenpfleger aus Baden-Württemberg steht im Mittelpunkt eines Rechtsstreits, der weit über seinen persönlichen Fall hinaus Signalwirkung entfalten könnte. Der Mann leidet bis heute an schweren Langzeitfolgen. Dennoch verweigerte die Unfallkasse Baden-Württemberg ihm die Zahlung einer Verletztenrente.

Die Klägerin argumentierte, die Erstattung der Steuerlast sei lediglich der Ersatz eines „Steuerschadens“ und daher nicht steuerpflichtig.Foto: Bundesfinanzhof/Andreas FockeDie Klägerin argumentierte, die Erstattung der Steuerlast sei lediglich der Ersatz eines „Steuerschadens“ und daher nicht steuerpflichtig.Foto: Bundesfinanzhof/Andreas Focke
Urteile

BFH: Verdienstausfallentschädigungen und Steuererstattungen sind steuerpflichtig

Geschädigte, die Verdienstausfallentschädigungen erhalten, müssen nicht nur diese Zahlungen, sondern auch die Erstattung der darauf entfallenden Steuerlast versteuern. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

mb-bn / pixabaymb-bn / pixabay
Urteile

Wohneigentum: Welche Ansprüche bei steckengebliebenem Bau bestehen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Wohnungseigentümer haben grundsätzlich einen Anspruch auf die plangerechte Ersterrichtung des Gemeinschaftseigentums – unter engen Bedingungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Zumutbarkeit für die übrigen Eigentümer.

Der Bundesgerichtshof hat die Berechnung des Selbstbehalts beim Elternunterhalt neu bewertet. Damit wird die Anwendung der Einkommensgrenze von 100.000 Euro aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz genauer eingeordnet.succo / pixabayDer Bundesgerichtshof hat die Berechnung des Selbstbehalts beim Elternunterhalt neu bewertet. Damit wird die Anwendung der Einkommensgrenze von 100.000 Euro aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz genauer eingeordnet.succo / pixabay
Urteile

BGH-Urteil: Neue Klarstellungen beim Elternunterhalt

Der Bundesgerichtshof hat die Berechnung des Selbstbehalts beim Elternunterhalt neu bewertet. Damit wird die Anwendung der Einkommensgrenze von 100.000 Euro aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz genauer eingeordnet.