Ob sich die erforderliche Invaliditätsfeststellung in der Unfallversicherung, aus der Zusammenschau mehrerer sich ergänzender Atteste ergeben kann, begutachtet folgendes Urteil des OLG Saarbrücken.
Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Im November 2018 suchte der Versicherungsnehmer einen Chirurgen auf, der eine Gelenkarthose diagnostizierte. Dies meldete der Versicherungsnehmer seiner Unfallversicherung und behauptete, die Gelenkarthrose sei durch einen Skiunfall verursacht worden. Im Januar 2019 ließ der Versicherungsnehmer bei demselben Chirurgen eine weitere Schultergelenksverletzung diagnostizieren. Der Versicherungsnehmer meldete dies ebenfalls als ein sturzbedingtes Unfallereignis bei seiner Unfallversicherung.
Der Versicherer gab daraufhin ein fachorthopädisches Gutachten in Auftrag. Es wurde dabei eine Gebrauchsminderung des Arms festgestellt. Die Ursache kann aber laut dem Gutachten nicht auf die vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Unfallereignisse zurückzuführen sein.
Der Versicherer verweigerte daraufhin die Leistung aus der Unfallversicherung, unter anderem weil die ärztlichen Atteste, die der Versicherungsnehmer eingereicht hatte, nicht erkennen ließen, dass die Schulterverletzungen zu einer dauerhaften und nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung führten.
Rechtliche Bewertung des OLG Saarbrücken
Damit Versicherungsschutz im Rahmen der Unfallversicherung besteht, muss ein Unfallereignis zu einer dauerhaften körperlichen Beeinträchtigung geführt haben und dies muss innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt worden sein. Die Fristenregel soll dem Versicherer ermöglichen, eine Grundlage für die Überprüfung seiner Leistungspflicht zu erhalten.
Sinn und Zweck ist es binnen der Frist eine dauerhafte Beeinträchtigung festzustellen. Weitergehende inhaltliche Anforderungen sind an die Feststellung nicht zu stellen. Die vom Versicherungsnehmer eingereichten Feststellungen lassen jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass die Unfalleinwirkungen von Dauer sind. Es werden nur vorübergehende Schmerzsymptome beschrieben.
Die bloße Feststellung eines Befundes genügt den Anforderungen an eine ärztliche Invaliditätsfeststellung daher nicht. Es muss vielmehr gerade festgestellt werden, dass die Beeinträchtigung von Dauer ist. Die vorgelegten Atteste genügten daher den Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung nicht, erklärte das OLG Saarbrücken (OLG Saarbrücken, Urt. v. 22.02.2022 – Az. 5 U 37/21).
Zudem ist zulasten des Versicherungsnehmers festzustellen, dass eine dauerhafte Invalidität sich auch nicht aus der Zusammenschau der Feststellungen des Chirurgen herstellen ließ. Grundsätzlich wäre es zwar möglich gewesen, mehrere Befundene zusammenzuziehen und aus der Gesamtschau eine Invalidität anzunehmen, aber im vorliegenden Fall stellte keine Diagnose eine solche dauerhafte Beeinträchtigung fest.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Wichtig für den Erhalt der Versicherungsleistung ist die Feststellung einer dauerhaften Beeinträchtigung. Vorübergehende Symptome reichen nicht aus. Es ist grundsätzlich möglich, mehrere Diagnosen einer dauerhaften Beeinträchtigung zusammenzuziehen aber die Befunde müssen jeweils die Dauerhaftigkeit attestieren.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Nur eine Gesundheitsfrage und stets aktueller Schutz
Mit der neuen Unfallversicherung beendet die Alte Leipziger die Überarbeitung ihrer Privatschutzpalette. Das neue Produkt kommt mit schlanker Gesundheitsprüfung, Best-Leistungs-Garantie, den neuen Progressionsstufen 800 und 1.000 sowie Optionen zur Beitragsreduzierung.
Darauf kommt es bei einer Unfallversicherung wirklich an!
Unfallversicherung jetzt auch für deutsche NGOs und Unternehmen
Zahlreiche Hilfsorganisationen befinden sich derzeit in der Ukraine im Einsatz. Dort verlagern die Menschen teilweise ihr Leben zurück auf die Straßen. Damit ändern sich auch die Schutzbedürfnisse der Helfenden. Bellwood Prestbury bietet nun auch NGOs und Unternehmen aus Deutschland flexiblen Unfallschutz.
Private Line: Der nächste große Schritt im SHU-Bereich
Ob Privathaftpflicht, Hausrat, Unfall oder Wohngebäude: Die NÜRNBERGER hat die Preise und Leistungen ihrer Private Line komplett überarbeitet und bietet zudem Vermittlern einfachere Prozesse. Auch das Thema Nachhaltigkeit floss in die Produktentwicklung ein.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Insolvenzverfahren über ELEMENT eröffnet: Versicherungsschutz läuft aus
Das Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG ist eröffnet. Die bestehenden Versicherungsverträge enden größtenteils zum 1. April 2025. Versicherten wird dringend geraten, schnell eine neue Absicherung zu suchen.
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.