Für den Mittelstand ist die bAV im Betriebsalltag meist mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Besonders dann, wenn Personalbestände noch analog vorliegen. Doch nicht zuletzt die Erfahrungen in der Pandemie haben der Digitalisierung im Mittelstand einen Schub verschafft. Mit Blick auf die Digitale Rentenübersicht sowie einem möglichen Opting-Out wächst die Relevanz einer digitalen bAV-Verwaltung.
Mathias Nolle, Leiter Operations & Services bei der Longial, fasst Vorteile und Herausforderungen zusammen:
95 Prozent des bAV-Geschäfts basiere auf Daten, so Mathias Nolle. Das bedeute, Unternehmen investieren Zeit, Ressourcen und Geld in den Abgleich, die Bewertung und die Kommunikation dieser Daten. Für den Longial Experten ist es daher eine logische Folge, dass eine Digitalisierung der Daten eine effizientere Bearbeitung ermöglicht. Geeignete Algorithmen sowie eine Unterstützung beispielsweise durch KI-basierte HR-Tools reduzieren zeitfressende Prozesse und die mit der bAV verbundene Komplexität. Dadurch freiwerdende Kapazitäten lassen sich dann in die Kommunikation und Beratung der Mitarbeiter zur bAV umlenken. Nolle betont: Die bAV werde so für sie transparenter und verständlicher.
Kosten einsparen, Akzeptanz erhöhen
Die Digitalisierung der bAV-Verwaltung bietet Unternehmen zahlreiche Einsparmöglichkeiten: Durch die Bereitstellung aller bAV-relevanten Informationen auf einem Portal erhalten die Versorgungsberechtigten eine transparente und verständliche Übersicht ihrer persönlichen bAV. In der Folge sinken Supportanfragen und die Akzeptanz der bAV-Systeme steigt. Darüber hinaus reduzieren sich Druck-, Versand- und Logistikkosten für Infobriefe um 100 Prozent. Zudem gestaltet sich der Austausch von Daten und Informationen für alle am Prozess Beteiligten, beispielsweise Versicherungsunternehmen, Behörden und Versorgungsberechtigte, effektiver.
Denn noch immer werden notwendige Daten häufig als Excel-Datei transportiert, die anschließend manuell weiterverarbeitet und aufwendig abgeglichen werden muss. Der Longial Experte resümiert:
Eine Standardisierung und Online-Vernetzung der Partnersysteme bietet einen erheblichen Effizienzgewinn.
Diese können Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels zur Stärkung des Benefits „bAV“ nutzen und die so eingesparten Kosten in die bAV-Beiträge der Mitarbeiter stecken.
Der ideale Zeitpunkt für die Digitalisierung
Wann sollten Betriebe mit der Digitalisierung ihrer bAV-Administration starten? Je früher, desto besser, betont Nolle. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) hat das Thema jedoch meist nicht die höchste Priorität, das Tagesgeschäft geht vor. Hier bedarf es häufig Anlässen von außen, die die Unternehmen veranlassen, sich mit der Digitalisierung der Personaldaten auseinanderzusetzen. Drei typische Zeitpunkte für eine digitale Transformation sind:
- Der mit der Betriebsrente im Unternehmen betraute Mitarbeiter aus der Personalabteilung geht in Rente.
- Eine Firmenübernahme oder ein -zusammenschluss erhöhen die Komplexität der bAV-Verwaltung signifikant.
- Der Kostendruck durch den hohen Aufwand bei der bAV steigt.
Hängeregister oder Cloud?
Die Ausgangslage bei den Personalbeständen in den Betrieben ist unterschiedlich. Mathias Nolle erläutert:
Wir treffen bei unseren Kunden aus dem Mittelstand auf unterschiedlichste Strukturen, von komplett digitalisierten Unterlagen bis hin zu Hängeregistraturschränken mit Papierakten.
Zudem ist die IT-Kompetenz häufig sehr heterogen. Sind die Bestände digitalisiert, gibt es oft weitere Hürden: Es fehlt an Standards, beispielsweise bei Schnittstellen. Der Longial-Experte empfiehlt:
In solchen Fällen ist es sinnvoll, sich für die Digitalisierung Expertise von außen zu holen.
Denn je fortgeschrittener ein Betrieb bei der Digitalisierung seiner Daten und seiner IT-Kompetenz ist und je weiter sich HR-Tools entwickeln, umso schneller und strukturierter können die Daten effektiv genutzt werden. Entsprechend zeitnah sind dann auch die Vorteile spürbar.
Potenzial für jetzt und die Zukunft
In der Digitalisierung stecke ein erhebliches Potenzial für die bAV, so Mathias Nolle, sie entlaste bei Routineaufgaben und setze dadurch Ressourcen frei, die in die Beratung investiert werden können und eine stärkere Transparenz der bAV ermöglichen.
Auch mit Blick auf weitere Entwicklungen verspricht eine Digitalisierung Erleichterung, wie der Longial Experte aufzeigt:
Sollte es beispielsweise zu einem Opting-Out bei der bAV kommen, werden der Bedarf und Umfang von Beratung seitens der Arbeitnehmer wachsen. Entsprechend wichtig ist dann eine toolunterstützte und datenbasierte Beratung.
Die in den nächsten Jahren zum Einsatz kommende Digitale Rentenübersicht wird ebenfalls von allen Beteiligten digitale Datenbestände erfordern.
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