Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.02.2021 (Az. XI ZR 191/17) festgestellt, dass die Commerzbank die fehlerhaften Angaben im Emissionsprospekt des Hannover Leasing 193 nicht nur hätte erkennen müssen, sondern explizit diese Fondsanlage ihren Kunden nicht hätte empfehlen dürfen.
Dieses Urteil hat eine enorme Sprengkraft, weil der Bundesgerichthof explizit festhält, dass einer Bank derartige Widersprüche im „Kleingedruckten“ eines Emissionsprospekts auffallen und diesen nachgehen muss.
Ohne fundierte, auf Tatsachenermittlung beruhende Auflösung der Widersprüche darf die Zeichnung einer solchen Kapitalanlage von einer Bank nicht empfohlen werden.
Die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann hat erneut einem geschädigten Kapitalanleger vor dem Bundesgerichtshof zu seinem Recht verholfen. Christopher Kress, Partner der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, sagt:
„Wer eine Fondsbeteiligung gezeichnet hat, der ein fehlerhafter Prospekt zugrunde lag, hat Anspruch auf Schadenersatz. Der BGH ist in vollem Umfang unserer Argumentation gefolgt und die Revision unseres Mandanten war somit erfolgreich.“
Warum ist der Emissionsprospekt des Hannover Leasing 193 falsch?
Zunächst stellt der BGH in seinem Urteil (Az. XI ZR 191/17) fest, dass der Verkaufsprospekt des Hannover Leasing 193 fehlerhaft ist. Der Emissionsprospekt des Fonds prognostizierte für das Fondsobjekt eine zu hohe Stellplatzanzahl. Bereits zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung waren weniger Parkplätze baurechtlich genehmigt als angegeben.
Für die zu viel angegebenen Stellplätze bestand zum Aufstellungszeitpunkt weder eine baurechtliche Genehmigung noch ein rechtlicher Anspruch auf eben eine solche Genehmigung. Dennoch wurde durch den Prospekt der Eindruck erweckt, dass die Genehmigungen vorliegen würden.
Hierin lag zudem ein Widerspruch. Einerseits versprach der Prospekt, dass alle Genehmigungen, die benötigt werden, um das Anlageziel zu erreichen, vorliegen, auf der anderen Seite wird jedoch von einer Gefahr gesprochen, dass einige Gebäude und Sonderflächen wegen nicht erteilter Genehmigungen nicht übernommen werden können. Aus diesen fehlerhaften Angaben folgt, dass auch die Objektwert- und Prognoserechnung nicht korrekt war.
BGH: Commerzbank hätte den Prospektfehler erkennen müssen
Angesichts dieser sich widersprechenden Angaben hätte die Commerzbank als beratende Bank bei Anwendung des von ihr geschuldeten banküblichen kritischen Sachverstands nicht darauf vertrauen dürfen, dass sämtliche zur Erreichung der Anlageziele und Anlagepolitik erforderlichen behördlichen Genehmigungen seinerzeit vorlagen.
Das Vorliegen von behördlichen Genehmigungen stellt im Hinblick auf das Anlageziel des Fonds, nämlich durch eine langfristige Vermietung der Fondsimmobilie Erträge zu generieren, einen wesentlichen Gesichtspunkt dar.
Denn der Erfolg der Anlage steht und fällt im Ergebnis damit, dass die Fondsimmobilie - wie sie prospektiert ist - tatsächlich errichtet und langfristig vermietet werden kann. Das hängt unter anderem entscheidend davon ab, dass die hierfür erforderlichen behördlichen Genehmigungen erteilt sind.
Vor dem Hintergrund dieser Zusammenhänge, die sich die Commerzbank bei Anwendung des von ihr geschuldeten banküblichen kritischen Sachverstands erschließen muss, ist der im Prospekt an keiner anderen Stelle aufgelöste Widerspruch für eine beratende Bank erkennbar.
Fazit zum BGH-Urteil
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, dass fehlerhafte sowie irreführende Angaben in einem Emissionsprospekt ohne weiteres zu einer Verurteilung der Verantwortlichen führen können. Hierbei haftet grundsätzlich auch eine Bank, da sie verpflichtet ist, mit banküblichem kritischem Sachverstand den Emissionsprospekt zu prüfen. Im Übrigen trifft auch einen bankunabhängigen freien Anlageberater die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu prüfen, hier spricht man von einer sogenannten Plausibilitätsprüfung.
Bei Banken und auch bei freien Anlageberatern gelten diese Prüfpflichten unabhängig von einer etwaigen Beratungssituation. Auch für die Fälle, in welchen es zum Beispiel keine Beratung gab, kann es aufgrund der Prospekthaftung zu einer Verurteilung zu Gunsten des Anlegers kommen.
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