Digitalisierung beim Versicherungsmakler – was kann digital und was muss analog?

Immer mehr Versicherungsmakler widmen sich der Digitalisierung und versuchen weitestgehend, papierlos zu arbeiten, somit also ressourcenschonend, effektiv und nachhaltig zu sein. Dieser Artikel möchte einen kurzen Überblick über die wichtigsten Normen und Dokumente für Versicherungsmakler geben.

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Denn soweit ist es klar: Gibt es keine Formvorschrift, welche eine Schriftform regelt, dann könnten theoretisch alle Dokumente, die der Versicherungsmakler verwendet, digital gespeichert werden. Daher stellt sich zunächst die Frage, welche gesetzlichen Formerfordernisse hierbei relevant sind:

I. Unterschied Schriftform und Textform

Das BGB unterscheidet die Schriftform (§ 126 BGB) und die Textform (§ 126 b BGB). Schriftform nach § 126 BGB liegt vor, wenn ein Dokument eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet worden ist. Textform liegt nach § 126 b BGB vor, wenn eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird.

Die Schriftform ist also nur dann gewahrt, und dies vor allem im Unterschied zur Textform, wenn ein Dokument händisch unterschrieben worden ist. Dieses im Original unterschriebene Dokument erfüllt die Voraussetzungen der Schriftform. Wird dieses Dokument hingegen nun eingescannt oder per Fax übersandt, liegt lediglich beim Empfänger die Textform vor. Dies gilt es, in jedem Fall zu unterscheiden. Die Schriftform ist nur bei Vorliegen der original abgegebenen Unterschrift erfüllt.

II. Einzelne Dokumente und deren Formvorschrift

1. Maklervertrag

Der Maklervertrag kann formfrei geschlossen werden. Der Maklervertrag muss daher nicht im Original unterschrieben werden. Es reicht also auch die Zustimmung per E-Mail oder die Unterschrift auf einem Tablet. Ein Versicherungsmaklervertrag kann sogar konkludent, also durch schlüssiges Handeln, entstehen. Sobald der Versicherungsmakler durch seinen Versicherungsnehmer mit der Besorgung eines passenden Versicherungsschutzes beauftragt wird, entsteht gemäß der Rechtsprechung ein Versicherungsmaklervertrag.

2. Datenschutzerklärung und -einwilligung

Eine Schriftform oder Textform sieht Art. 7 DSVO für die datenschutzrechtliche Einwilligung nicht vor. Sie kann daher auch digital, etwa durch Unterschrift auf einem Tablet, eingeholt werden. Wichtig hierbei ist, dass diese präzise, transparent und leicht verständlich formuliert ist. Wird diese Einwilligungserklärung noch mit anderen Erklärungen zusammen eingeholt, so ist diese zumindest hervorzuheben.

3. Vollmacht

Vollmachten, und somit auch die Maklervollmacht, sind in der Regel formfrei möglich. Das heißt, dass ein Versicherungsnehmer den Versicherungsmaklern auch ohne schriftliche Vollmachtsurkunde eine rechtskräftige Vollmacht erteilen darf. Der Versicherungsmakler kann sich also auch hier die Vollmacht in digitaler Form bestätigen lassen.

Dennoch empfiehlt die Kanzlei Michaelis, sich die Vollmacht in original unterschriebener Urkunde aushändigen zu lassen. Gemäß § 174 S. 1 BGB kann nämlich der Vertragspartner bei einem einseitigen Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten, etwa Kündigung oder Anfechtung von Versicherungsverträgen, dieses zurückweisen, wenn dem Vertragspartner die Vollmachtsurkunde im Original nicht vorgelegt wird.

Zugegebenermaßen handelt es sich um ein in der Praxis recht selten praktiziertes Phänomen. Gleichwohl besteht immer das Risiko, dass die Kündigung eines Versicherungsmaklers für dessen Versicherungsnehmer durch die Versicherungsgesellschaft nach § 174 S. 1 BGB aufgrund der fehlenden Originalurkunde zurückgewiesen wird. Trotz dieser Besonderheit verbleibt es dabei, dass auch die Maklervollmacht digitalisiert werden kann.

4. Erstinformation

Nach § 16 Abs. 1 VersVermV hat die Erstinformation in der Regel auf Papier zu erfolgen. § 16 Abs. 2 VersVermV sieht jedoch eine Ausnahme vor, sofern die Übersendung via E-Mail oder einem anderen dauerhaften Datenträger im Rahmen des getätigten Geschäfts angemessen ist und sich der Versicherungsnehmer hierfür entschieden hat. Nach § 16 Abs. 3 VersVermV gilt dies insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer eine E-Mail zur Abwicklung der Beratung und weiteren Vermittlung zur Verfügung stellt. Der Versicherungsmakler kann also dann die Erstinformation auch als angehängtes PDF via E-Mail übermitteln.

5. Beratungsdokumentation

Die Beratungsdokumentation ist dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages klar und verständlich in Textform zu übermitteln. Eine Unterschrift auf der Beratungsdokumentation durch den Versicherungsnehmer ist somit nicht zwingend notwendig.

Es empfiehlt sich dennoch, die Unterschrift des Versicherungsnehmers auf der Beratungsdokumentation im Original einzuholen. Das Einholen der Originalunterschrift steigert nämlich nach § 416 ZPO die Beweiskraft für einen möglichen Maklerhaftungsprozess. Eine zwingende rechtliche Pflicht zur Einholung der Originalunterschrift auf einer Beratungsdokumentation besteht dennoch nicht.

6. Beratungsverzichtserklärung

Ein Versicherungsnehmer kann ausnahmsweise auf eine Beratung und/oder Dokumentation gemäß § 61 Abs. 2 S. 1 VVG durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. Es wird hierbei ausdrücklich die Schriftform nach § 126 BGB benötigt. Der Versicherungsnehmer muss also unterschreiben, dass er auf die Beratung verzichtet und vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass sich ein solcher Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit auswirkt, gegen den Versicherungsmakler Schadensersatzansprüche nach § 63 VVG geltend machen zu können.

Eine Ausnahme hiervon wird für die Vermittlung von Verträge im Fernabsatz gem. 312 c BGB gemacht. Sofern die Vermittlung rein digital erfolgt, kann der Versicherungsnehmer hierbei ausnahmsweise auch in Textform verzichten.

III. Aufbewahrung und Archivierung

Digitalisierung bedeutet nicht nur, Dokumente digital zu erstellen, sondern auch bestehende Dokumente digital zu verwalten und zu archivieren. Unabhängig davon, dass einzelne Vorschriften für besondere Dokumente besondere Aufbewahrungspflichten vorsehen, empfiehlt es sich aufgrund von § 416 ZPO Originalurkunden aufgrund einer gesteigerten Beweiskraft aufzubewahren.

1. Grundsatz

Grundsätzlich können sämtliche Urkunden, bei denen keine Schriftform vorgegeben ist, eingescannt und auf dem Computer abgespeichert und archiviert werden. Wird jedoch eine Urkunde, bei der Schriftform vorgeschrieben ist, eingescannt und das Original vernichtet, verliert diese eingescannte Urkunde die Schriftformeigenschaft.

2. schriftlich aufzubewahrende Unterlagen

Schriftlich und im Original aufzubewahren sind Eröffnungs- und Abschlussbilanzen sowie die Beratungs- und Dokumentationsverzichtserklärung nach § 61 Abs. 2 S. 1 VVG.

3. digitale Archivierung

Digital und damit eingescannt aufbewahrt werden dürfen zudem auch empfangene Handels- und/oder Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege und Inventarlisten.

4. Dauer

Zehn Jahre aufbewahrt werden müssen nach § 147 Abs. 1 AO sowie § 257 Abs. 4 HGB Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen und Handelsbücher sowie Buchungsbelege. Sechs Jahre aufbewahrt werden müssen die empfangenen und abgesandten Handels- und/oder Geschäftsbriefe.

IV. Fazit

Bei der Digitalisierung gilt es, die erfolgten Feststellungen zu beachten. Der Versicherungsmakler kann vielerlei Dokumente bereits jetzt in digitaler Form verarbeiten und archivieren. Ausnahmen bilden nur die Verzichtserklärungen und die Bilanzen. Gleichwohl gilt es, die besonderen Aufbewahrungs- und Formvorschriften stets zu beachten. Hilfreich bei der Digitalisierung sind die Vertragsmuster für Versicherungsmakler unter www.app-RIORI.de.

Von Stephan Michaelis/ Fabian Kosch, Kanzlei Michaelis

Fabian Kosch

Herr Fabian Kosch, Jahrgang 1992, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg. Seit 2016 ist er für die Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte tätig.

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