BU: Nachprüfungsverfahren auch bei unterlassenem Leistungsanerkenntnis notwendig

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann auch dann, wenn sie kein Anerkenntnis ihrer Leistungspflicht abgegeben hat, den späteren Wegfall einer zunächst bestehenden Berufsunfähigkeit nur durch eine den inhaltlichen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügende Änderungsmitteilung geltend machen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

(PDF)
Blatt-Haende-Stift-189265274-AS-Wellnhofer-DesignsBlatt-Haende-Stift-189265274-AS-Wellnhofer-DesignsWellnhofer Designs – stock.adobe.com

Damit ist eine solche Änderungsmitteilung auch dann erforderlich, wenn erst in einem Rechtsstreit durch einen gerichtlichen Sachverständigen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Die Erklärung, das Nachprüfungsverfahren durchzuführen, wirkt nur für die Zukunft, was dazu führen kann, dass Leistungen gezahlt werden müssen, obwohl keine Berufsunfähigkeit mehr besteht.

In dem Fall hatte der Versicherungsnehmer ab 2012 die vereinbarte Rentenleistung geltend gemacht. Obwohl er 2015 bereits wieder gesund war und auch eine neue Arbeit gefunden hatte, verlangte er von der Berufsunfähigkeitsversicherung auch über das Jahr 2015 hinaus die vereinbarte Rentenleistung. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit jedoch nur für den Zeitraum 2012 und 2013 fest. Trotzdem bekam der Versicherungsnehmer bis einschließlich März 2017 die versicherte Leistung zugesprochen, weil die Berufsunfähigkeitsversicherung erst im Rechtsstreit durch ihre Anwälte das in den Bedingungen vereinbarte Nachprüfungsverfahren erklärt und die dafür erforderliche Vergleichsbetrachtung vorgenommen hatte.

Versicherungsnehmer ist schutzwürdig

Der BGH stellte fest, dass ein Versicherungsnehmer auch in so einer Situation schutzwürdig sei. Die BU dürfe zudem auch in so einer Situation nicht bessergestellt werden, als hätte sie den Leistungsanspruch selbst erkannt. Deswegen müsse sie auch in so einer Situation zwingend erklären, dass sie das Nachprüfungsverfahren durchführe, und sie müsse die weiteren Voraussetzungen erfüllen, um wieder leistungsfrei zu werden.

Zudem bewirke diese Erklärung nicht eine rückwirkende Leistungsfreiheit, sondern führe nur dazu, dass die BU ab dem Zeitpunkt wieder leistungsfrei werde, ab dem sie die Erklärung abgegeben habe. Gebe sie diese Erklärung also nicht rechtzeitig ab, bleibe sie auch weiterhin verpflichtet, die vereinbarten Rentenleistungen zu zahlen, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer wieder gesund sei und, wie im vorliegenden Fall, auch wieder arbeiten gehe.

Der BGH klärte hierbei die Rechtsfrage, ob die Erklärung, das Nachprüfungsverfahren durchzuführen, möglicherweise zu einer rückwirkenden Leistungsfreiheit führt. Das soll laut BGH jedoch nicht möglich sein. Außerdem klärte er, dass ein Nachprüfungsverfahren auch dann durchzuführen ist, wenn erst in einer gerichtlichen Auseinandersetzung Berufsunfähigkeit festgestellt wird.

Urteil vom 13. März 2019 (Bundesgerichtshof, IV ZR 124/18)

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Trauriger-ITler-205207646-AS-BojanTrauriger-ITler-205207646-AS-BojanBojan – stock.adobe.com

Zum späteren Wegfall einer zunächst eingetreten Berufsunfähigkeit

Der Bundesgerichtshof hatte sich jüngst mit der rechtlichen Frage zu beschäftigen gehabt, wann eine Berufsunfähigkeit denn wegfallen würde, wenn der Versicherer jedoch noch nicht einmal die Ansprüche des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag anerkannt hat (Urteil vom 13. März 2019 – IV ZR 124/18).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung zweier Angeklagter wegen gewerbsmäßigen Betrugs durch das Landgericht Weiden i.d.OPf. bestätigt.Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung zweier Angeklagter wegen gewerbsmäßigen Betrugs durch das Landgericht Weiden i.d.OPf. bestätigt.Hermann / pixabay
Urteile

Millionenbetrug mit Schein-Beitritten zu Genossenschaft - BGH bestätigt Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung zweier Angeklagter wegen gewerbsmäßigen Betrugs durch das Landgericht Weiden i.d.OPf. bestätigt. Die Angeklagten hatten über eine Genossenschaft vermeintlich vermögenswirksame Leistungen angeboten, ohne die gesetzlichen Formvorschriften einzuhalten.

Der Bundesgerichtshof (BGH, Az. IV ZR 32/24) hat entschieden, dass Versicherer den Tagessatz in der Krankentagegeldversicherung nicht einseitig senken dürfen, wenn das Einkommen des Versicherungsnehmers sinkt.Der Bundesgerichtshof (BGH, Az. IV ZR 32/24) hat entschieden, dass Versicherer den Tagessatz in der Krankentagegeldversicherung nicht einseitig senken dürfen, wenn das Einkommen des Versicherungsnehmers sinkt.CQF-avocat / pixabay
Urteile

BGH: Krankentagegeldversicherung – Versicherer dürfen Tagessatz nicht einseitig herabsetzen

Der Bundesgerichtshof (BGH, Az. IV ZR 32/24) hat entschieden, dass Versicherer den Tagessatz in der Krankentagegeldversicherung nicht einseitig senken dürfen, wenn das Einkommen des Versicherungsnehmers sinkt. Dies gilt selbst dann, wenn die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) eine entsprechende Klausel enthalten, die nachträglich ersetzt wurde.

Rechtsanwälte müssen Fristen nicht doppelt prüfen, sofern sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).Rechtsanwälte müssen Fristen nicht doppelt prüfen, sofern sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).mrbobdobolina / pixabay
Urteile

Fristenkontrolle: Anwälte müssen nicht doppelt prüfen

Rechtsanwälte müssen Fristen nicht doppelt prüfen, sofern sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das hat nicht nur praktische, sondern auch haftungsrechtliche Konsequenzen.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.

Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk

Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.

"Das Gesamtpaket muss stimmen"
Ausgabe 05/25

"Das Gesamtpaket muss stimmen"

Bernd Einmold & Sascha Bassir
„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”
Ausgabe 03/25

„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”

Dr. Florian Sallmann
"Schema F gibt es nicht mehr"
Ausgabe 10/24

"Schema F gibt es nicht mehr"

Michael Schillinger & Andreas Bahr
Kostenlos

Alle Ausgaben entdecken

Blättern Sie durch unser digitales Archiv im Kiosk und lesen Sie alle bisherigen Ausgaben des ExpertenReports. Zur Kiosk-Übersicht