Führen Klimaschäden zur Prämienverdoppelung in der Wohngebäudeversicherung?

Die deutschen Versicherungsunternehmen warnen vor den finanziellen Folgen einer alleinigen verpflichtenden Elementarschadenabsicherung für Verbraucher.

(PDF)
Blitzeinschlag über Häuserdach, Unwetter in ItalienBlitzeinschlag über Häuserdach, Unwetter in ItalienPatrick Daxenbichler – stock.adobe.com

„Wenn wir Prävention und Klimafolgenanpassung nicht konsequent umsetzen, könnte es in Deutschland nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Verdopplung der Prämien für Wohngebäudeversicherungen kommen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen.

Betroffen wären laut Asmussen alle Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, anteilig über die Miete auch alle Mieterinnen und Mieter. Mancherorts könnten Gebäudeversicherungen gar so teuer werden, dass sich das Kunden nicht mehr leisten können, vermutet der GDV-Hauptgeschäftsführer. Der Verband äußerte sich einen Tag vor der Ministerpräsidentenkonferenz, die am 15. Juni 2023 stattfindet und auf der im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz auch über das Thema Pflichtversicherung gesprochen werden dürfte.

Der Grund für diese mögliche Entwicklung: Jeder Versicherer muss prüfen, ob er die steigenden Extremwetterschäden langfristig weiter versichern kann. Das hat auch aufsichtsrechtliche Gründe, denn Versicherer müssen die Stabilität ihres Unternehmens sicherstellen.

„Ohne Prävention könnte das breite Versicherungsangebot, wie wir es heute kennen, in Zukunft schrumpfen“, sagt Mathias Kleuker, Vorsitzender des GDV-Präsidialausschusses Risikoschutz in Gesellschaft und Wirtschaft. Einige Versicherer könnten früher oder später dazu gezwungen sein, das Geschäft aufzugeben, weil sie die entsprechenden Risiken nicht mehr tragen können.

Um die Dringlichkeit des Handelns zu unterstreichen, verweist der GDV-Hauptgeschäftsführer auf den aktuellen Sachstandsbericht des Weltklimarats, wonach der Klimawandel schon jetzt zu häufigeren und schwereren Extremwetterereignissen geführt habe. Auch in Deutschland müsse man sich daher auf weitere Naturkatastrophen wie Überflutungen, Stürme, Hagel, Tornados und Dürre einstellen.

„Ohne Gegenmaßnahmen, ohne Prävention wird sich diese Entwicklung unmittelbar in den Versicherungsprämien widerspiegeln“, erklärt Asmussen. Betroffen sei nicht nur die Elementarschadenversicherung, mit der unter anderem Starkregen und Hochwasser versichert sind. „Sondern die gesamte Wohngebäudeversicherung, die für Sturm- und Hagelschäden aufkommt.“

Asmussen wirbt vor diesem Hintergrund für das von der Versicherungswirtschaft erarbeitete Gesamtkonzept aus Prävention und Klimafolgenanpassung, Vorsorge für den Katastrophenfall und Versicherungsschutz. „Denn noch haben wir es als Gesellschaft in der Hand, die Schäden infolge des Klimawandels und damit die Versicherungsprämien positiv zu beeinflussen“, so Asmussen.

Um das zu erreichen, sollten aus Sicht der Versicherer folgende Änderungen rasch umgesetzt werden:

  • Klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren: Prävention sollte fester Bestandteil der Landesbauordnungen werden.
  • Baustopp in Überschwemmungsgebieten: Jedes Jahr entstehen rund 1.500 neue Gebäude in hochwassergefährdeten Gebieten.
  • Stopp der Flächenversiegelung: Bei Baugenehmigungen sollte künftig eine Klima-Gefährdungsbeurteilung verpflichtend sein.
  • Bundesweites Naturgefahrenportal: Damit soll das Risikobewusstsein der Bevölkerung erhöht werden.
  • Mit Blick auf extreme Naturkatastrophen und damit auf mögliche Grenzen privater Versicherungskapazitäten sprechen sich Asmussen und Kleuker für eine sogenannte Stop-Loss-Regelung aus. Bei dieser Form einer öffentlich privaten Partnerschaft würde der Staat ab einer vorher definierten Grenze die Schäden übernehmen.

    „Wir sprechen hier von Ausnahme-Katastrophen mit einem Schadenvolumen deutlich über 30 Milliarden Euro“, sagt Kleuker. Die Ahrtal-Flut von 2021, mit Schäden von 8,5 Milliarden Euro die bislang schwerste und teuerste Naturkatastrophe für die deutschen Versicherer, wäre also kein Fall für die Stop-Loss-Regelung gewesen. „Andere Länder in Europa und der Welt haben solche Partnerschaften, etwa Frankreich, Belgien und Großbritannien“, so Asmussen. „Wir halten das für eine gute Lösung auch für Deutschland.“

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Dorf-Sturm-15630192-AS-lemmiuDorf-Sturm-15630192-AS-lemmiulemmiu – stock.adobe.com
Wohngebäude

Immobilien vor Beginn der Starkregensaison absichern

Nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude in Deutschland ist gegen alle Naturgefahren versichert. Da mit steigenden Frühlingstemperaturen die Gefahr durch extreme Niederschläge, Überschwemmungen und Hochwasser wieder zunimmt, sollten Immobilienbesitzer jetzt ihren Versicherungsschutz aktualisieren.

Die versicherten Schäden durch Naturgefahren haben sich 2024 deutlich erhöht. Insgesamt verursachten Starkregen, Überschwemmungen, Sturm und Hagel in Deutschland Schäden von rund 5,7 Milliarden Euro – so viel wie seit Jahren nicht mehr.Die versicherten Schäden durch Naturgefahren haben sich 2024 deutlich erhöht. Insgesamt verursachten Starkregen, Überschwemmungen, Sturm und Hagel in Deutschland Schäden von rund 5,7 Milliarden Euro – so viel wie seit Jahren nicht mehr.Hans / pixabay
Assekuranz

Naturgefahrenstatistik 2024: GDV meldet verdoppelte Hochwasserschäden

Starkregen, Überschwemmungen, Stürme und Hagel haben im Jahr 2024 in Deutschland versicherte Schäden in Höhe von rund 5,7 Milliarden Euro verursacht. Das geht aus der aktuellen Naturgefahrenstatistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor.

Versicherungspflicht gegen Elementarschäden: Sowohl Mieter, als auch Vermieter sind mehrheitlich dafür, zeigt eine aktuelle Umfrage.Versicherungspflicht gegen Elementarschäden: Sowohl Mieter, als auch Vermieter sind mehrheitlich dafür, zeigt eine aktuelle Umfrage.DALL-E
Studien

Elementarschadenversicherung: Breite Zustimmung zur Pflichtversicherung

Die Diskussion um eine gesetzliche Versicherungspflicht gegen Elementarschäden nimmt an Fahrt auf. Nachdem die neue Bundesregierung das Vorhaben in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat, zeigt eine aktuelle Umfrage des Vergleichsportals Verivox eine breite Unterstützung in der Bevölkerung.

Flood damage in Ahrtal and Eifel. Reconstruction after cleanup.Flood damage in Ahrtal and Eifel. Reconstruction after cleanup.EKH-Pictures – stock.adobe.com
Assekuranz

Ahrtal: Schadenregulierung vom Wiederaufbau-Tempo abhängig

Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal geht die Versicherungswirtschaft davon aus, dass alle betroffenen Hausbesitzer Geld von ihrer Versicherung bekommen haben. Wo der Wiederaufbau noch nicht abgeschlossen ist, stehen Teilsummen noch aus.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.

Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk

Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.

"Das Gesamtpaket muss stimmen"
Ausgabe 05/25

"Das Gesamtpaket muss stimmen"

Bernd Einmold & Sascha Bassir
„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”
Ausgabe 03/25

„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”

Dr. Florian Sallmann
"Schema F gibt es nicht mehr"
Ausgabe 10/24

"Schema F gibt es nicht mehr"

Michael Schillinger & Andreas Bahr
Kostenlos

Alle Ausgaben entdecken

Blättern Sie durch unser digitales Archiv im Kiosk und lesen Sie alle bisherigen Ausgaben des ExpertenReports. Zur Kiosk-Übersicht