Ahrtal: Schadenregulierung vom Wiederaufbau-Tempo abhängig

Vor zwei Jahren richteten schwere Überschwemmungen in weiten Teilen West- und Süddeutschlands verheerende Schäden an. Die Versicherer haben inzwischen einen Großteil der Schäden reguliert.

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Flood damage in Ahrtal and Eifel. Reconstruction after cleanup.Flood damage in Ahrtal and Eifel. Reconstruction after cleanup.EKH-Pictures – stock.adobe.com

Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal geht die Versicherungswirtschaft davon aus, dass alle betroffenen Hausbesitzer Geld von ihrer Versicherung bekommen haben. „Wenn noch nicht der komplette Betrag geflossen ist, liegt das in der Regel an Materialengpässen oder fehlenden Handwerkerkapazitäten“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Der Wiederaufbau sei zum Teil noch voll im Gang, so Asmussen weiter. Jeder und jede Versicherte habe bereits Geld erhalten, in manchen Fällen aber noch nicht alles. Wo noch gebaut werde, könne noch nicht alles ausgezahlt worden sein.

Starke Regenfälle hatten am 14. und 15. Juli 2021 vor allem im südlichen Nordrhein-Westfalen und nördlichen Rheinland-Pfalz verheerende Überschwemmungen verursacht, die ganze Landstriche verwüsteten. Mehr als 180 Menschen starben. Für die Versicherungswirtschaft war das von Sturmtief „Bernd“ ausgelöste Hochwasser die bislang folgenschwerste Naturkatastrophe in Deutschland.

„Bislang haben die Versicherungsunternehmen 6,7 Milliarden der 8,4 Milliarden Euro Gesamtschaden für die Sachversicherung an betroffene Kundinnen und Kunden ausgezahlt“, sagt Asmussen. „Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass jede und jeder Betroffene möglichst rasch die komplette Versicherungsleistung bekommt. Aber die Schadenregulierung kann eben nur so schnell sein wie der Wiederaufbau.“

„Schadenregulierung lief fast immer schnell, effektiv und zur Zufriedenheit der Kunden“

Die Gesamtzahl der versicherten Schäden in den Flutregionen gibt der GDV jetzt mit rund 166.000 an. Zwischenzeitlich war eine deutlich höhere Zahl gemeldet worden, von denen sich viele Schäden aber als nicht versichert herausgestellt haben. „Die Schadenregulierung war und ist bei dieser schieren Menge an Schäden eine enorme Herausforderung“, so Asmussen. „In den allermeisten Fällen haben die Versicherer das schnell, effektiv und zur Zufriedenheit der Kunden gelöst. Das bescheinigt uns das zweite Jahr in Folge auch der Versicherungsombudsmann.“

In Nordrhein-Westfalen, das am schwersten von der Flutkatastrophe betroffen war, sind bislang 4,2 Milliarden Euro für die 124.000 versicherten Schäden ausgezahlt worden. In Rheinland-Pfalz haben Betroffene für rund 20.000 Schäden über 2,1 Milliarden Euro von ihren Versicherern erhalten. Für versicherte Schäden in anderen Bundesländern, vor allem Bayern und Sachsen, flossen bislang 500 Millionen Euro.

Schäden durch Naturgefahren wie Starkregen und Überschwemmungen lassen sich mit einer Elementarschadenversicherung absichern. „Mit diesem existentiell wichtigen Zusatzbaustein der Wohngebäudeversicherung sind immer noch lediglich 52 Prozent der Häuser in Deutschland abgesichert“, sagt Asmussen. In Nordrhein-Westfalen liegt der Anteil bei 56 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 46 Prozent. „Leider hat das Interesse nach einem zwischenzeitlichen deutlichen Anstieg direkt nach dem Hochwasser wieder stark nachgelassen“, so Asmussen.

Umso wichtiger sei daher, so der GDV-Hauptgeschäftsführer, dass in Deutschland angesichts zunehmender Extremwettereignisse mehr für Prävention und Klimafolgenanpassung getan werde: „Ansonsten könnten sich nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre die Prämien für Wohngebäudeversicherungen verdoppeln.“

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