Grob fahrlässiges Verhalten bei Parkflächennutzung

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Die Leistungen aus der Kaskoversicherung entstehen dann, wenn die versicherte Sache beschädigt wird. Unter Umständen – und besonders im Zusammenhang mit Kfz-Schäden, kann die Versicherung aufgrund des Verhaltens des Versicherungsnehmers die Leistung kürzen. Das OLG Hamm urteilte dazu, ob dies möglich ist, wenn ein Versicherter mit einem zu hohen Fahrzeug durch eine zu kleine Durchfahrt fährt.

Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Björn Thorben M. Jöhnke, Rechtsanwalt, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Die Klägerin vermietet als Unternehmerin verschiedene Autos. Der Beklagte hat als Mieter eines der Kfz einen Schaden verursacht. Der Beklagte fuhr ein deutlich die gewöhnliche Pkw-Größe überschreitenden Transporter. Er fuhr einen Parkplatz an, die Parkfläche war überbaut und vom Betreiber für einen Teil der Fläche ein Schild angebracht: „Der komplette Parkplatz ist für LKWs gesperrt“. Der Beklagte fuhr mit seinem Transporter in die Parkfläche ein und schrammte an die Überdachung. Die Klägerin begehrte vollen Schadensersatz. Sie berief sich auf eine Klausel im Mietvertrag, nach der der Kläger ungeachtet seines Verschuldensgrades den vollen Schaden zu ersetzen habe:

„9. Haftungsreduzierung

Der Mieter kann – vorbehaltlich Ziff. 10 – seine Haftung für Fahrzeugschäden oder Fahrzeugverlust nach Ziff. 8 gegen Zahlung einer Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung [scil. hier auf 1.100 EUR] reduzieren. […]

10. Geltung / Wegfall der Haftungsreduzierung

Die Haftungsreduzierung nach Ziff. 9 gilt nicht für vom Mieter / Fahrer vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden. […]“

Das OLG Hamm (Urt. v. 21.12.2021 – Az. 2 O 96/16) gab der Klägerin der Sache nach Recht und verurteilte den Beklagten zum Schadensersatz. Das Gericht sah die Klausel aber als unwirksam an und erkannte eine Haftungsreduzierung kraft Gesetzes an, die nicht nach Ziff. 10 der Klausel ausgeschlossen werden kann.

Die rechtliche Bewertung: Wirksamkeit der Haftungsreduzierung?

Für den Mieter wäre die Klausel Ziff. 10 des Mietvertrages ungünstiger als der gesetzliche Regelfall des § 81 Abs. 2 VVG. Denn nach dem gesetzlichen Leitbild ist der Versicherer nur berechtigt die Leistung am Grad des Verschuldens zu kürzen. Die Klausel würde unabhängig vom Grad des Verschuldens die Haftung vollumfänglich bestehen lassen, denn die vorgesehene Haftungsreduzierung in Ziff. 9 greift nicht bei grob fahrlässigem Verhalten nach Ziff. 10 ein. Das OLG Hamm sah diese Regelung als unwirksam an – denn sie würde den wesentlichen Grundgedanken der Schadensquotelung in § 81 Abs. 2 VVG umgehen.

Grob fahrlässiges Verhalten des Mieters?

Der Mieter würde dem Vermieter gegenüber nur nach § 823 BGB haften, wenn er den Unfall zu verschulden hat. Zu verschulden ist grob fahrlässiges Verhalten. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv und subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.

Als der Kläger einen Parkplatz befuhr, welcher ausweislich der Beschilderung nur für normale Pkws geeignet war, hat er das Gefahrenpotenzial missachtet. Obwohl es sich technisch bei dem Transporter nicht um einen Lkw handelte, muss ein sorgfältiger Fahrer wissen, dass es im Geltungsbereich der Beschilderung maßgeblich auf die Höhe des Fahrzeuges ankommt. Der Fahrer handelte grob fahrlässig – ihm hätte einleuchten müssen, dass der Transporter zu groß für den Parkplatz war.

Haftungsmilderung durch Quotenbildung

Verursacht jemand einen Schaden grob fahrlässig, so muss der Verursacher nicht pauschal zu 100 Prozent für den Schaden aufkommen – viel mehr kommt es gem. § 81 Abs. 2 VVG auf den Grad seines Verschuldens an. Das Gericht würdigte, dass der Fahrer im Umgang mit Transportern kaum Erfahrung hatte. So dass ihn nicht die volle Verantwortung treffen konnte. Der Schadensersatzanspruch ist um 50 Prozent zu kürzen, so dass der Mieter selbst für 50 Prozent des Schadens aufkommt und seine Kaskoversicherung für die restlichen 50 Prozent.

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Für einen Leistungsausschluss bei der Kaskoversicherung kommt es maßgeblich auf den Grad des Verschuldens an. Gerade wenn größere als übliche Fahrzeuge gefahren werden, kann dem Fahrer nicht zugemutet werden, das Gefährt vollständig und ohne jeden Zweifel bedienen zu können. Im Konfliktfall mit der Versicherung sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.

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