Eine Kaskoversicherung kann für Sportboote und Yachten – sowie auch für Autos – abgeschlossen werden. Versichert dabei ist die Beschädigung oder Zerstörung des entsprechenden Bootes. Für die Bootsinhaber gilt jedoch zu beachten, dass eine Leistungskürzung aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens möglich ist, hierzu urteilte das LG Neubrandenburg.
Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Der Versicherungsnehmer versicherte seine Sportyacht bei der beklagten Kaskoversicherung. Die Yacht des Versicherungsnehmers versank nach einem Unfall und ging unter. Der Kläger hatte den Turn sorgfältig vorbereitet und im Vorfeld sich über die Gegebenheiten des Wasserwegs informiert. Er nutzte am Tag des Turns sein iPad, um mit einer Navigationsapp „NAVIONICS“ einen sicheren Kurs zu berechnen.
Er überwachte die Wassertiefe über sein Echolot. Er fuhr direkt auf eine steinige Untiefe zu, die die App als solche kennzeichnete, die Route aber dennoch so berechnete, dass er hierrüber fahren musste. Es kam zu einer Grundberührung und die Yacht lief voll Wasser. Die Versicherung wollte die Leistung kürzen, weil der Bootsführer nach ihrem Vorwurf sich sorgfaltswidrig nur auf seine App-Nutzung verlassen hat.
Die rechtliche Würdigung des LG Neubrandenburg
Der Eintritt des Versicherungsfalls war unstreitig – das Boot wurde zerstört. Worum es eigentlich ging, war die Frage, ob der Versicherer die Leistung kürzen darf, weil der Versicherungsnehmer grob fahrlässig im Sinne des § 81 Abs. 2 VVG handelte. Der Versicherungsnehmer handelt grob fahrlässig, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße missachtet und Überlegungen nicht anstellt, die jedem hätte einleuchten müssen. Maßgeblich für die im Verkehr erforderliche Sorgfalt war die seemännische Sorgfalt.
Das Gericht (Urt. v. 14.04.2021 – Az. 3 O 537/19) stellte fest, dass der Versicherungsnehmer der üblichen Sorgfalt entsprach, indem er die Route im Vorfeld plante und Gefahrenbereiche feststellte. Jedoch endete die gebotene Sorgfalt dort, wo der Versicherungsnehmer sich trotz seiner eigenen Feststellungen und den Feststellungen der Navigationsapp darauf verließ, dass die berechnete Route, obwohl sie über Steine führte, nicht zu einer Grundberührung führen würde.
Der Versicherungsnehmer ist im Bewusstsein einer möglichen Grundberührung weitergefahren und hat sich blind auf die Route verlassen. Er unterließ es die Überlegung anzustellen, dass womöglich auf der Route eine Kollision stattfinden würde. Der Versicherer war deshalb wegen grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers zur Leistungskürzung nach § 81 Abs. 2 VVG berechtigt.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung des Gerichts kann überzeugen. Denn im Bereich der Kaskoversicherung wird immer wieder maßgeblich sein, ob der Versicherungsnehmer sorgfaltswidrig den Versicherungsfall herbeigeführt hat. Die Versicherer sind bei grob fahrlässiger Schadensverursachung entsprechend berechtigt die Leistungen zu kürzen. Deshalb sollte bei Beschädigung einer versicherten Sache stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Basler erweitert Deckungsumfang bei Forderungsdifferenzversicherung GAP24
„Typisch Hagel“: R+V meldet 97 Millionen Euro Schadenaufwand
Tief Frieda bringt Golfball-großen Hagel über Süddeutschland – das Schadenbild ist typisch: Dächer, Fenster, Karosserien. Die R+V zieht Bilanz und gibt Tipps zur Prävention.
Bike- und Elektronik-Leasing: hepster startet neue Kooperation
Das InsurTech hepster gibt die Partnerschaft mit der archimedes Leasing GmbH bekannt. Kunden von archimedes erhalten Zugriff auf einen vielfältigen Versicherungsschutz im Bereich Bike- und Elektronik-Leasing. Das Gesamtpaket umfasst eine Kaskoversicherung sowie Ratenabsicherung.
Neue GDV-Musterbedingungen für Binnenschiffe
Die Struktur der Musterbedingungen für die Binnenschiffsversicherung sieht neben der klassischen Kasko- und Haftpflichtdeckung optionale Deckungsbausteine für einen maßgeschneiderten Schutz vor. Damit können unter anderem der Ertragsausfall des Schiffes, persönliche Gegenstände und an Bord mitgeführte Fahrzeuge versichert werden. Die „Minenklausel“ versichert das Schiff gegen Schäden durch Kriegswerkzeuge, wie zum Beispiel Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.