Angesichts des stark gestiegenen und weiter steigenden Aufwands für die Erfüllung regulatorischer Pflichten plädieren drei Viertel der Unternehmenspensionskassen für ein spezifisches Aufsichtsrecht für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung. Nur ein Viertel halten die Regelungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) auch für Pensionskassen für völlig angemessen.
Dies ergab eine Umfrage im Rahmen des Pensionskassentags der Unternehmensberatung WTW. Ihren Gestaltungsspielraum angesichts des aktuellen Hoch-Inflationsszenarios beurteilt die Hälfte als ausreichend, ein Fünftel hingegen als zu klein. Die künftige Entwicklung des Zinsniveaus beurteilen Pensionskassenvertreter durchwachsen: Gut die Hälfte erwartet einen deutlichen Zinsanstieg, knapp ein
Drittel rechnet damit, dass sich die Zinsen auf dem aktuellen Niveau stabilisieren.
Pensionskassen bieten seit vielen Jahrzehnten und für viele Millionen Menschen eine verlässliche Altersvorsorge, berichtet Hanne Borst, Leiterin der versicherungsmathematischen bAV-Beratung bei WTW. Jedoch seien die regulatorischen Anforderungen in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Um die betriebliche Altersversorgung im Wege der Pensionskassen nicht über Gebühr zu belasten, sollte genau geprüft werden, welche regulatorischen Anforderungen auf welche Weise zu einer substanziellen und verlässlichen bAV beitragen. Borst befindet:
Die Pensionskassenvertreter fordern zu Recht regulatorische Anpassungen.
Zinsentwicklung: Szenarien prüfen
Mit Blick auf die künftige Zinsentwicklung weist Tim Voetmann, Leiter der Pensionskassenberatung bei WTW, darauf hin, dass die Märkte aktuell weiterhin durch eine hohe Volatilität geprägt werden. Für Pensionskassen sei es daher sinnvoll, verschiedene Szenarien zu prüfen und die längerfristigen Auswirkungen eines weiteren Zinsanstiegs, aber auch einer Stabilisierung des aktuellen Zinsniveaus für ihre Einrichtung genau zu eruieren, rät Voetmann. Somit lasse sich ein etwaiger Handlungsbedarf genauer umreißen und die notwendigen Maßnahmen können rechtzeitig eingeleitet werden.
Inflationssorgen drängender für Arbeitgeber als für Pensionskassen
Der aktuelle Anstieg der Inflation stellt für ein Drittel der Pensionskassen zunächst kein drängendes Problem dar – sei es, weil ihr Tarif für die Leistungsempfänger anstelle eines Inflationsausgleichs eine Überschlussbeteiligung vorsieht, sei es, weil das Trägerunternehmen etwaige Rentenanpassungen oder beispielsweise auch gestiegene Betriebskosten finanziert.
Die Hälfte der Pensionskassenvertreter berichtet, dass ihr Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die hohe Inflation ausreiche. Allerdings sieht sich ein Fünftel hier nicht ausreichend aufgestellt. Hier müssen schnell unternehmensindividuelle Lösungen gefunden werden, fordert Voetmann.
Über den Willis Towers Watson Pensionskassentag
Seit 2013 veranstaltet Willis Towers Watson seinen jährlichen Pensionskassentag, der in Fachvorträgen und Fallbeispielen aus der Unternehmenspraxis aktuelle Themen und Entwicklungen im Pensionskassenbereich beleuchtet. Am Pensionskassentag 2022 am 30. Juni 2022 unter dem Motto „Pensionskassen 2022 – Traditioneller Durchführungsweg im Wandel“ nahmen rund 30 Pensionskassenvertreter und Fachexperten teil.
Die Fachvorträge beschäftigten sich mit der aktuellen Entwicklungen aus Sicht der Aufsichtsbehörde (Günther Weißenfels, Referatsleiter, Bundesanstalt für die Finanzaufsicht (BaFin)), den Reformen der niederländischen Renten (Wichert Hoekert, Pension Expert, WTW Niederlande), der Nutzung von Wertsicherungskonzepten (Sabine Mahnert, Head of Asset Management, Evangelische Zusatzversorgungskasse), dem Zusammenspiel von Risikomanagement und Asset-Liability-Management bei einer Pensionskasse (Kamil Sander, Abteilungsleiter Risikomanagement, SOKA-BAU), oder den Erkenntnissen aus der Eigenen Risikobeurteilung (Dr. René Zimmermann, Director Retirement, WTW).
Themen:
LESEN SIE AUCH
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad auf Höchststand
Druck auf Pensionskassen wird stärker
Pensionskassen halten Kurs – trotz gestiegener Anforderungen
Über die Hälfte der befragten Pensionskassen befassen sich mit der Umsetzung der Regulatorik und legen ihr Hauptaugenmerk auf eine verhältnismäßige Ausgestaltung. Der Großteil will den Kurs in guter Aufstellung halten, nur ein Viertel sieht leichten Korrekturbedarf.
Ausfinanzierungsgrad der DAX-Pensionswerke ist auf hohem Niveau stabil
2023 ist der spezifische Ausfinanzierungsgrad – das Verhältnis des spezifisch für die Bedeckung von Pensionsverpflichtung reservierten Vermögens zum gesamten Verpflichtungsumfang – mit 79 Prozent stabil auf hohem Niveau.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.