Photo credit: depositphotos.com
Die Erholung des Kapitalmarktes wirkte sich im Geschäftsjahr 2023 positiv auf die Pensionswerke der DAX-Unternehmen aus. 2023 war nach wie vor volatil, jedoch deutlich robuster als das Jahr 2022. In Folge blieb der Ausfinanzierungsgrad – das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen – in 2023 mit 79 Prozent stabil auf hohem Niveau.
Anders als 2022, ist der anhaltend hohe Ausfinanzierungsgrad in der Erholung am Kapitalmarkt begründet. Diese führte zu einem Anstieg der Pensionsvermögen (auf 257 Milliarden Euro, +4,9 Prozent). Zum Jahresende, insbesondere im November und Dezember, gab der Rechnungszins nach und erhöhte dadurch die Pensionsverpflichtungen (326 Milliarden Euro, +5,8 Prozent). Die Pensionsvermögen konnten den rechnungszinsbedingten Anstieg der Pensionsverpflichtungen damit weitgehend kompensieren. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „DAX-Pensionswerke 2023” der Unternehmensberatung WTW.
Die Studie „DAX-Pensionswerke 2023“ von WTW basiert auf 34 ausgewerteten Geschäftsberichten der 40 DAX Unternehmen. Sie bietet einen Überblick über die Entwicklung des letzten Jahres und gibt gleichzeitig einen Ausblick für 2024. Hanne Borst, Leiterin Retirement Deutschland bei WTW fasst zusammen: „Waren zu Beginn von 2023 die Kapitalmärkte noch sehr volatil, sehen wir, dass sie sich im Laufe des Jahres maßgeblich erholt haben. Die Kerninflation war zwar weiterhin hoch, der Arbeitsmarkt in den USA entwickelte sich jedoch sehr gut und die Weltwirtschaft erwies sich stärker als erwartet. Somit stiegen die Pensionsvermögen spürbar um 4,9 Prozent.“ Sie ergänzt: „Der Ausfinanzierungsgrad hält sich annährend auf dem Rekordniveau des Vorjahres.“
„Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt: Die Pensionswerke der größten deutschen Unternehmen sind gut aufgestellt. Eine risikooptimierte Gestaltung der Pensionspläne und diversifizierte Kapitalanlagestrategien sind die Basis, um die schnell wechselnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zielgerichtet zu managen“, ergänzt Dr. Johannes Heiniz, Leiter General Consulting bei WTW.
Pensionsvermögen und Pensionsverpflichtungen der Unternehmen gestiegen
Der Kapitalmarkt zeigte sich in 2023 zwar volatil, aber robust. Nach hohen Kursverlusten im Jahr 2022 war 2023 von Erholung geprägt. Im November und Dezember verzeichneten die globalen Kapitalmärkte sogar eine Jahresendrally. Die Gewinne führten zu einem Anstieg des Pensionsvermögens um 6,5 Prozent . Bei den Gewinnen zeigen sich jedoch sichtbare Unterschiede in den einzelnen Anlageklassen. Während die Aktienmärkte signifikant zulegen konnten, knüpften insbesondere Immobilieninvestments und andere illiquide Anlageklassen nicht an die Zuwächse der letzten Jahre an. Aufgrund der geänderten Indexzusammensetzung erhöhte sich das Pensionsvermögen um weitere 0,6 Prozent . Insgesamt sind die Pensionsvermögen um 4,9 Prozent gestiegen.
In den ersten acht Monaten des Jahres 2023 hat sich der Rechnungszins lediglich seitwärts bewegt. „Ab September setzte sich eine so genannte ‘Higher for Longer’ Auffassung durch. Die Markteilnehmenden erwarteten, dass die Leitzinsen länger als ursprünglich erwartet auf einem höheren Niveau verweilen. Das hatte zur Folge, dass der internationale Rechnungszins für die Eurozone weiter anstieg und ab September seinen Jahreshöchststand erreichte”, so Hanne Borst. „Im vierten Quartal änderte sich die Lage dann jedoch: Angesichts von Rezessionsängsten und bereits deutlich zurückgegangener Inflation stieg die Markterwartung auf eine baldige Leitzinssenkung, was sich in Folge auf den Rechnungszins auswirkte.” Insbesondere im November und Dezember ist der Rechnungszins deshalb um 42 BP gesunken und erreichte zum 31.12.2023 mit 3,32 Prozent einen Tiefstand. Dies führte zu einer Erhöhung der Pensionsverpflichtungen um 3,7 Prozent . Auch die Anhebung der Rententrendannahme wirkte mit 0,4 Prozent moderat erhöhend. Zuletzt führte auch die geänderte Indexzusammensetzung zu einer leichten Erhöhung (1,7 Prozent ). Somit stiegen die Pensionsverpflichtungen insgesamt um 5,8 Prozent .
Auch wenn sich die Inflation im Jahr 2023 langsam abgeschwächt hat, wirkt sich die hohe Inflation der vergangenen Jahre auch in 2023 auf die im 3-Jahres-Rhytmus anstehende Rentenanpassung aus. Aufgrund der sogenannten aufgelaufenen Inflation in 2023 sind geschätzt jährliche Mehrbelastungen in den Rentenzahlungen von circa. 200 Millionen Euro zu verzeichnen.
Mit einer Dotierung von 4,7 Milliarden Euro investieren Unternehmen zwar weniger in die bAV als im Jahr zuvor (6,7 Milliarden. Euro in 2022). Dennoch haben einzelne Unternehmen auch im herausfordernden Umfeld des Jahres 2023 außerordentliche Dotierungen in beträchtlicher Höhe vorgenommen.
Komplexe Zusammenhänge und Unsicherheit bestimmen den Rahmen
Die Pensionswerke unterliegen einem komplexen Zusammenspiel aus Inflation, Rechnungszins und der Entwicklung des Kapitalmarktes. Wirkte sich 2022 die Inflation maßgeblich auf die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen aus, sind die Veränderungen in 2023 verstärkt auf den positiven Einfluss des Kapitalmarktes zurückzuführen.
Da die Leitzinssenkung bislang noch nicht eintrat, kam es im Januar und Februar 2024 erneut zu einem moderaten Wiederanstieg des internationalen Rechnungszinses. Für den weiteren Jahresverlauf 2024 ist allerdings spätestens nach dem tatsächlichen Beginn der Leitzinssenkungen wieder mit einem fallenden internationalen Rechnungszins zu rechnen. Der Rechnungszins dürfte jedoch eher moderat zurückgehen, da ein Teil dieses Zinsrückgangs bereits im Vorjahr antizipiert worden war.
„Insgesamt sehen wir, dass 2023 mehr Ruhe und eine Stabilität auf hohem Niveau gebracht hat. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend auch in den ersten Monaten in 2024 weiter fortsetzen wird”, so Hanne Borst.
Ausfinanzierungsgrad stabil auf hohem Niveau
2023 ist der spezifische Ausfinanzierungsgrad – das Verhältnis des spezifisch für die Bedeckung von Pensionsverpflichtung reservierten Vermögens zum gesamten Verpflichtungsumfang – mit 79 Prozent stabil auf hohem Niveau. Unabhängig vom jeweiligen Ausfinanzierungsgrad sind die zukünftigen Renten wirtschaftlich in jedem Fall vollständig gedeckt, sei es durch spezifisches Pensionsvermögen oder sonstigem Unternehmensvermögen.
Nachhaltige Alterssicherung: bAV und weitere finanzielle Absicherung im Trend
Die gesetzliche Rentenversicherung reicht zur Alterssicherung vielfach künftig nicht mehr aus. Unternehmen und Mitarbeitende setzen vermehrt auf die Chancen des Kapitalmarkts für eine nachhaltige Vorsorge. „Es sind renditestarke Lösungen erforderlich, die auf die Stärke des Kollektivs setzen. Effizienz, Transparenz und Risikooptimierung sind hierbei entscheidender denn je“, so Heiniz. Auch wenn die flächendeckende Verbreitung von Sozialpartnermodellen auf sich warten lässt, so nutzen Unternehmen bereits heute eine breite Vielfalt an kapitalmarktorientierten Pensionsplänen. „Die Debatte um das Sozialpartnermodell brachte neuen Schub in die Ausgestaltung innovativer kapitalmarktorientierter Pensionspläne“, ergänzt Heiniz und sagt weiter: „Durch ein geeignetes Plandesign kann die Volatilität des Kapitalmarktes mit der Planungssicherheit in Einklang gebracht werden.“
Neben der Alterssicherung rücken zusätzliche Vorsorgeinstrumente immer mehr in den Fokus, zum Beispiel zur Absicherung im Krankheits- oder Unfallsfall. Mit betrieblicher Vorsorge steigern Unternehmen ihre Attraktivität gegenüber aktuellen und potenziellen Mitarbeitenden. „Stellen sich Arbeitgeber als übergreifender ‚Kümmerer‘ und ganzheitlicher Vorsorge-Partner mit einem differenzierten Angebot auf, schaffen Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels langfristige Anreize bei künftigen und bestehenden Mitarbeitenden.“
Hintergrundinformationen zur Studie: Die Studie „DAX-Pensionswerke 2023“ basiert auf den Geschäftsberichten der 40 DAX-Unternehmen, einschließlich der Anhangangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Per 22. März 2024 hatten 34 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 vorgelegt. Bei sechs Unternehmen, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat WTW die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt. Die aktuellen Zahlen zum DAX 40 beziehen sich auf den Stand des Index zum 31.12.2023. Die dargestellten Vorjahreszahlen stellen die tatsächlichen Ist-Werte des DAX 40 zum 31.12.2022 dar. Die der Auswertung zugrunde liegende WTW-Datenbank ermöglicht Vergleiche bis ins Jahr 1999.
Themen:
LESEN SIE AUCH
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad auf Höchststand
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad erneut gestiegen
Trotz volatiler Kapitalmärkte steigt der Ausfinanzierungsgrad der DAX- und MDAX-Pensionswerke weiter an. Doch die herausfordernden ökonomischen Rahmenbedingungen erfordern ein sorgsames Management der Pensionswerke.
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad auf neuem Höchststand
Die deutlich gestiegenen Zinsen haben die Pensionswerke der DAX-Unternehmen beeinflusst. Weil der Wertverlust der Pensionsvermögen aufgrund von Turbulenzen an den Kapitalmärkten aber geringer war als der Rückgang der Pensionsverpflichtungen, stieg der Ausfinanzierungsgrad auf 80 Prozent.
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad weiterhin auf Höchststand
Die Leitzinsanhebungen entlasten die Unternehmen im Hinblick auf ihre Pensionsverpflichtungen weiterhin. Zwar ist der anzusetzende Rechnungszins im langjährigen Vergleich noch niedrig, aber ansteigend. In der Folge setzt sich der Sinkflug bei den Pensionsverpflichtungen fort.
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad springt auf Höchststand
Angesichts des derzeit hohen Ausfinanzierungsgrades können die Unternehmen sich noch nicht entspannt zurücklehnen. Denn auch wenn der Rechnungszins den Großteil seiner Zuwächse in der zweiten Jahreshälfte behaupten wird, bleibt die Volatilität an den Kapitalmärkten weiter hoch.
Doppelter Rückenwind für DAX-Pensionswerke
Warum viele Deutsche Aktien meiden
Aktien und Fonds sind fester Bestandteil vieler Depots – doch viele Deutsche halten sich vom Aktienmarkt fern. Eine aktuelle Umfrage zeigt die Hauptgründe für diese Zurückhaltung.
Indexpolicen 2024 mit deutlicher Renditeerholung – Beratungshäufigkeit dennoch rückläufig
Indexgebundene Rentenversicherungen bieten wieder Renditechancen. Nach schwachen Jahren profitierten viele Kunden 2024 von hohen Gutschriften. Dennoch zeigt eine aktuelle IVFP-Umfrage, dass Vermittler seltener zu Indexpolicen beraten.
Rentenfaktor-Kürzungen: Hohe Verluste für Versicherte
Viele Versicherer senken den Rentenfaktor in privaten Rentenverträgen und kürzen damit die Rentenzahlungen um bis zu 25 Prozent. Ein Gerichtsurteil aus Köln erklärte eine solche Kürzung bereits für unwirksam, doch eine endgültige Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte Jahre dauern. Experten wie Rechtsanwalt Dr. Knut Pilz raten Betroffenen dennoch zu schnellem Handeln.
Riester-Rente bleibt ohne Aufwind
Laut einer aktuellen Maklerumfrage trauen fast 70 Prozent der Befragten der Riester-Rente keine größere Bedeutung für die private Altersvorsorge zu. Die Hoffnung auf ein Comeback des Produkts bleibt damit gering, trotz vereinzelter Reformschritte.
Wünsche vs. Realität: Die große Kluft im Ruhestand
Laut einer aktuellen Studie der BarmeniaGothaer haben viele Deutsche klare Vorstellungen von ihrem Leben im Ruhestand, doch die Umsetzung ihrer Wünsche bleibt häufig ein unerfüllter Traum. Insbesondere Frauen, Alleinlebende und Menschen in Ostdeutschland sehen ihre finanziellen Möglichkeiten im Alter kritisch.
Wie die Lebenserwartung das Vorsorgeverhalten beeinflusst
Die Bereitschaft, fürs Alter vorzusorgen, hängt stark von der individuellen Einschätzung der eigenen Lebenserwartung ab. Wer glaubt, weniger alt zu werden, spart oft weniger oder gar nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Überraschend: Die meisten Menschen unterschätzen ihre Lebenszeit – und das hat weitreichende Folgen für ihre Altersvorsorge.