InsurTechs: Ohne Partnerschaften wird es schwer

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Der europäische Versicherungsmarkt lockt nach wie vor ambitionierte InsurTechs an. Doch das Ergebnis ist ernüchternd: Häufig bleiben die Business-Pläne hinter den Erwartungen zurück.

Der Versicherungsmarkt sei saturiert und sehr wettbewerbsintensiv. Neben den großen Versicherern als Platzhirschen in etablierten Vertriebskanälen würden sich auch zahlreiche Digitalversicherer oder Aggregatoren im Markt tummeln.

Dagegen hätten es Newcomer ohne Markenbekanntheit schwer – vor allem, wenn sie auf Vertriebspartnerschaften verzichten würden, sagt Frank Gehrig, Partner und Insurance Specialist bei Simon-Kucher & Partners.

InsurTechs sollten sich Vertriebspartnern wie Maklern, Online-Maklern oder Vergleichsportalen öffnen, denn das Umfeld für Neugründungen dürfte künftig noch herausfordernder werden.

Knackpunkt Markenbekanntheit

Für die erfolgreiche Steigerung des Prämienvolumens sei Visibilität ein Schlüsselfaktor. Nur mit ausreichend Markenbekanntheit funktioniere der Direktvertrieb. Viele Neueinsteiger seien hier allerdings zu optimistisch, unterstreicht Gehrig und verweist auf das Beispiel Lemonade. Das US-InsurTech verzichte in Deutschland auf Vertriebspartner und setze vollständig auf den Direktvertrieb.

Allerdings unterlaufe die geringe Bekanntheit der Marke diese Strategie: Eine Blitzumfrage in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden habe gezeigt, dass nur gut fünf Prozent der 25- bis 50-Jährigen schon einmal von dem Unternehmen gehört habe oder wüssten, dass es sich überhaupt um eine Versicherung handele.

Gehrig sagt: „Die Prämieneinnahmen bewegen sich daher nach wie vor auf einem niedrigen Niveau von 0,39 Millionen Euro. Zum Vergleich: In ihrem Heimatmarkt kommt das InsurTech auf ein vorzeigbares Prämienvolumen von 220 Millionen US-Dollar.“

Mit Vertriebspartnern und klarem Fokus im Geschäftsmodell profilieren

Vertriebspartnerschaften seien die erfolgskritische Größe für Neueinsteiger, betont der Insurance Specialist. Mit den passenden Partnerschaften und der Integration in Vergleichswebsites oder Online-Shops könnten Neueinsteiger ihre Stärken besser ausspielen und zusätzliches Prämienvolumen generieren.

Gehrig meint:

„‘Embedded Insurance‘, wie es etwa Schutzklick verfolgt, stellt daneben eine weitere Möglichkeit dar, das Prämienvolumen zu steigern.“

Allerdings sei der Wettbewerb hier sehr intensiv – diese Taktik müsse daher möglichst konsequent gefahren werden. Was für InsurTechs möglich sei, zeige Wefox Insurance, die in ihrer jüngsten Finanzierungsrunde sehr erfolgreich gewesen seien.

„Wefox fährt eine etablierte Verkaufsstrategie und setzt beim Vertrieb sowohl auf Makler als auch auf exklusive Vertriebspartner. Gleichzeitig unterstützt das InsurTech diese mit digitalen Tools und Versicherungsprodukten. Das optimiert die Beratungsqualität, erhöht die Kundenzufriedenheit und reduziert die Vertriebskosten.“

Und mit zugkräftigem Marketing wie dem Sponsoring von Union Berlin verbessert Wefox seine Visibilität. Im Ergebnis stieg der Umsatz 2020 von 5,6 auf 34 Millionen Euro.

Andere erfolgreiche InsurTechs wie Clark oder Element fokussierten indes auf einzelne Positionen der Wertschöpfungskette in der Versicherung: Clark verfolge ein klares Geschäftsmodell als Online-Makler, während Element Speziallösungen für etablierte Versicherer entwickeln würden.

Marktumfeld wird herausfordernder – Incumbents und BaFin legen Daumenschrauben an

Gehrig ist überzeugt: „Diese Erfolgsfaktoren gelten umso mehr in einem Marktumfeld, das immer herausfordernder wird.“

Er verweist auf die Pläne der BaFin, die regulatorischen Daumenschrauben weiter anzuziehen. Würden die Pläne so umgesetzt werden, müssen InsurTechs künftig mehr Kapital vorhalten und bereits an Tag Eins vollständig ausfinanziert sein. Das seien natürlich hohe Hürden. Ohne Vertriebspartnerschaft sei damit eigentlich jeder Business-Plan künftig zum Scheitern verurteilt, meint der Assekuranz-Experte.

Und: Auch die traditionellen Versicherungshäuser würden nicht schlafen und sich zu wehren wissen. Sie würden Schritt für Schritt von den Neueinsteigern lernen und immer digitaler werden.