Der Berliner Versicherer Element Insurance steht vor einer ernsthaften Bewährungsprobe. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat dem Unternehmen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (SZ) in der vergangenen Woche das Neugeschäft untersagt. Dies könnte das Ende für die aufstrebende Versicherungsgesellschaft bedeuten, sollte es ihr nicht gelingen, die bestehenden Probleme kurzfristig zu lösen.
Kündigung des Rückversicherungsvertrags als Auslöser
Hintergrund der Krise ist die Kündigung des wichtigsten Rückversicherungsvertrags durch die Hannover Rück, einen der weltweit führenden Rückversicherer. Element, dessen Umsatz im Jahr 2022 lediglich 51 Millionen Euro betrug, steht damit vor einem massiven Problem: Ohne Rückversicherung kann die Gesellschaft aufgrund ihrer knappen Kapitaldecke keine neuen Geschäfte tätigen. Die Hannover Rück hat sich entschieden, die Partnerschaft nicht zu verlängern – ein schwerer Schlag für das Geschäftsmodell von Element.
Trotz dieser Rückschläge hatte Element zuletzt Wachstum verzeichnet und in einer jüngsten Investorenrunde 50 Millionen Euro Kapital eingesammelt. Zu den größten Investoren zählen der Berliner Startup-Inkubator Finleap sowie das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin. Element-Chefin Astrid Stange bestätigte, dass die Lage kritisch ist, man werde jedoch Maßnahmen ergreiffen um die Interessen der Kunden, Mitarbeiter, Partner und Aktionäre zu schützen.
Element als White-Label-Anbieter
Element Insurance agiert hauptsächlich als sogenannter White-Label-Anbieter. Das Unternehmen entwickelt Versicherungsprodukte, die unter dem Markennamen seiner Partner verkauft werden. Zu den bekanntesten Kooperationen gehört die Zusammenarbeit mit Volkswagen Financial Services, wo Element Versicherungen wie Kurzzeit- und Drittfahrerschutz bereitstellt. Ob und wie sich die aktuellen Probleme auf solche Partnerschaften auswirken werden, bleibt abzuwarten.
BaFin signalisiert Bereitschaft zum Eingreifen
Das Vorgehen der BaFin gegen Element ist nicht das erste Signal, dass die Behörde bereit ist, hart durchzugreifen – insbesondere bei kleineren Versicherern. „Die IT-Geschäftsorganisation und die IT-Sicherheit haben wir aktuell besonders im Blick, und zwar sowohl bei kleinen als auch bei großen Versicherern“, sagte Julia Wiens, Leiterin der Versicherungsaufsicht, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Weitere Maßnahmen gegen einzelne Gesellschaften schloss sie nicht aus.
Geschäftserweiterung noch 2022
Noch im Juni 2022 hatte Element von der BaFin die Erlaubnis erhalten, den Betrieb auf zusätzliche Versicherungssparten auszuweiten. Dazu gehörten Bereiche wie die See- und Flussschifffahrts-Kasko, Schifffahrtshaftpflicht sowie verschiedene Absicherungen gegen finanzielle Verluste, etwa durch Gewinnausfall oder unvorhergesehene Geschäftskosten. Die Genehmigung umfasste alle EU-Mitgliedsstaaten sowie die Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Rückversicherungsgeschäfte waren jedoch ausgeschlossen.
Ungewisse Zukunft für Element
Die aktuelle Krise stellt eine bedeutende Zäsur für Element Insurance dar. Trotz bisherigen Wachstums und einer soliden Positionierung als innovativer Anbieter für White-Label-Produkte droht das Unternehmen an seiner Kapitaldecke und den regulatorischen Hürden zu scheitern. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, ob Element die Probleme lösen und sich stabilisieren kann – oder ob das Unternehmen gezwungen sein wird, seine Geschäftstätigkeit einzustellen. Kunden und Partner dürfen jedoch darauf hoffen, dass Alternativen auf dem Versicherungsmarkt verfügbar bleiben.
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