Sondervermögen als Schattenhaushalt: Wie die Bundesregierung Haushaltslöcher stopft

Was als Investitionsoffensive für Infrastruktur und Klimaschutz begann, wird laut neuer Analyse zum Schattenhaushalt: Die Bundesregierung nutzt das Sondervermögen zunehmend, um Löcher im Kernhaushalt zu stopfen – auf Kosten von Transparenz und Glaubwürdigkeit.

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Versprochen als Zusatz, genutzt als Ersatz: Das Sondervermögen stopft zunehmend Lücken im Bundeshaushalt.Versprochen als Zusatz, genutzt als Ersatz: Das Sondervermögen stopft zunehmend Lücken im Bundeshaushalt.DALL-E

Zusätzlichkeit war das Versprechen, jetzt folgt die Umwidmung: Mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK) wollte die Bundesregierung ursprünglich Investitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro tätigen – zusätzlich zum regulären Bundeshaushalt. Doch laut einer aktuellen Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird dieses Versprechen im Haushaltsentwurf 2026 gebrochen: Statt zusätzlicher Maßnahmen finanziert das SVIK zunehmend Vorhaben, die bislang aus dem Kernhaushalt getragen wurden.

Investitionen werden verschoben, nicht erhöht

Die IW-Analyse zeigt anhand von fünf Beispielen, wie Mittel aus dem Sondervermögen bestehende Ausgaben ersetzen:

  • Schieneninfrastruktur: Die Deutsche Bahn erhält 2026 insgesamt 18,8 Milliarden Euro aus dem SVIK. Gleichzeitig sinken die Investitionen in das Schienennetz im Kernhaushalt um 13,7 Milliarden Euro. Ohne die Eigenkapitalerhöhung verbleiben 8,2 Milliarden Euro an freigewordenem Haushaltsvolumen.
  • Straßenbau: Für die Sanierung von Autobahnbrücken sind 2,5 Milliarden Euro aus dem SVIK vorgesehen. Gleichzeitig kürzt der Bund die Mittel für Bundesfernstraßen im Kernhaushalt um 1,7 Milliarden Euro gegenüber 2024.
  • Breitbandausbau: 2026 wird dieser mit 2,3 Milliarden Euro vollständig aus dem SVIK finanziert. 2024 waren es noch 1,8 Milliarden Euro aus dem regulären Haushalt – dort ist der Posten künftig nicht mehr enthalten.
  • Krankenhausfinanzierung: Ursprünglich sollten Länder und Krankenkassen jeweils die Hälfte der geplanten sechs Milliarden Euro aufbringen. 2026 übernimmt nun das SVIK die komplette Summe – eine faktische Entlastung anderer staatlicher Stellen ohne echte Zusatzinvestition.
  • Klima- und Transformationsfonds verwischt Mittelherkunft: Ab 2025 erhält auch der Klima- und Transformationsfonds (KTF) jährlich zehn Milliarden Euro aus dem SVIK. Laut IW fließen diese Mittel nur in geringem Umfang in neue Klimaschutzmaßnahmen. Der Großteil werde für bereits geplante Projekte verwendet – die versprochene „Transformationsfinanzierung“ bleibt damit aus.

Vom Investitionsmotor zum Umverteilungsinstrument – Glaubwürdigkeit leidet

In der Summe verschafft sich die Bundesregierung allein im Bereich Verkehr durch Umschichtungen einen fiskalischen Spielraum von rund zehn Milliarden Euro. Einsparungen an anderer Stelle sind dadurch nicht notwendig. Problematisch sei laut IW jedoch die mangelnde Nachvollziehbarkeit: Die Verschiebung zwischen Kernhaushalt, Sondervermögen und Fonds mache es schwer, die tatsächliche Mittelverwendung zu erkennen.

IW-Haushaltsexperte Tobias Hentze kritisiert die Bundesregierung deutlich: „Statt neuer Brücken finanziert Deutschland mit dem Sondervermögen jetzt auch die Mütterrente. Das ist ein schweres Foulspiel.“ Seine zentrale Kritik: Die Zweckbindung des Sondervermögens werde unterlaufen, was die Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitik untergrabe.

Der Vorwurf wiegt schwer: Statt einer echten Investitionsoffensive droht das Sondervermögen zum Umverteilungsinstrument innerhalb des Haushalts zu werden. Sollte sich dieser Eindruck verfestigen, könnte das auch die politische Debatte über Schuldenbremse, Haushaltsklarheit und langfristige Investitionsplanung erneut befeuern.

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