Die Politik ringt seit Jahren um Reformen in der Altersvorsorge, doch viele Deutsche handeln längst selbst. Jürgen Rohm, Präsident des Vereins Ehrbarer Versicherungskaufleute, mahnt: Vermittler sichern seit Generationen den Lebensstandard ihrer Kunden – und sehen vor allem bei gesetzlichen Systemen dringenden Reformbedarf.
„Die Bürger verlassen sich längst nicht mehr auf dringend nötige Reformen. Und welche Reform wird überhaupt benötigt?“ fragt Jürgen Rohm, Präsident des Verein Ehrbarer Versicherungskaufleute, VEVK. Mitglieder seines Vereins bekennen sich zu 10 Tugenden eines Ehrbaren Kaufmanns. Dazu zählt u.a. die sozialpolitische Verantwortung. Und dieser kommen die Vermittler täglich nach. Im Verein finden sich familiengeführte Mitgliedsunternehmen mit 60, 70, oder gar über 100 Jahren Tradition. Nicht erst seit gestern stehen den Menschen in Deutschland nahezu unendliche Möglichkeiten zur Vorsorge der Langlebigkeit zur Verfügung. „Dazu beraten wir, aber begleiten auch. Und hätten wir das nicht getan, und wären auch unsere Kunden unserem Rat nicht gefolgt, so hätten wir schon heute eine weitere Rentnergeneration ohne ausreichende monatliche Einnahmen zum gewohnten Lebensstandard!“, so Rohm weiter. Das Demographie-Problem ist seit Jahrzehnten bekannt.
Seit dem Alterseinkünftegesetz 2005 spricht man in Deutschland von drei Schichten der Altersvorsorge. In Schicht 1 befindet sich die Basisvorsorge, gesetzliche Systeme, die man mit einer privaten Basis-Rentenversicherung (oft Rürup-Rente genannt) ergänzen kann. Schicht 2 beheimatet die Förderrenten, auch Riesterrente genannt, und die fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge bAV: Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, Pensionszusage, Pensionsfonds. Und in der Schicht 3 die privaten Möglichkeiten der Rentenversicherung inclusive den immer modernsten Fonds- und ETF-Lösungen oder auch sonstigen Sparmöglichkeiten. „Nach Kosten und Steuern ist ein beliebiger ETF-Sparplan in Eigeninitiative selten der Königsweg zur soliden Altersvorsorge, auch, wenn das häufig wiederholt wird“, so Rohm.
„Hand aufs Herz: nur ein Profi kann hier helfen. Und verglichen mit einem Facharzt: ohne ausführliche Grunduntersuchung mit allen vorhandenen Gesundheitswerten, und dem ausführlichen Gespräch mit dem Patienten nach seinen individuellen Zielen und Wünschen, kann kein Experte hier den passenden Ratschlag geben. Aber genau das tun unsere Mitglieder. Und zwar nicht einmalig, sondern begleitend. Denn nichts ist sicherer als die Veränderung: im persönlichen Umfeld, bei Steuern und Sozialabgaben, Inflation, und weiteren, wesentlichen Parametern für die komplexe Gesamtbetrachtung der Alterseinkünfte“, so Jürgen Rohm.
Beratene Vorsorge wirkt – Rekordausschüttungen an Bürger
„Dass wir für die soziale Gemeinschaft hier seit Generationen einen unschätzbaren Beitrag leisten, belegen u.a. die Zahlen des GDV (Gesamtverband Deutscher Versicherungswirtschaft): so schütteten die deutschen Lebensversicherer allein im Kalenderjahr 2024 über 100 Milliarden Euro an die Kunden aus. Ein neuer Rekordwert. Fast ausschließlich sind diese Verträge zuvor durch Vermittler vor Jahren und Jahrzehnten empfohlen und begleitet worden! „Wir nehmen unsere Verantwortung weiter sehr ernst, und bleiben an der Seite der Anleger. Der deutsche Sparer wird auch weiter nicht auf die Politik warten, sondern selbst mit professioneller Hilfe handeln. Dafür stehen wir bereit. Und das ist auch gut so!“
Braucht es überhaupt Reformen?
Kein Verbraucher in Deutschland nutzt schon heute alle Möglichkeiten des 3-Schicht-Systems. Dabei winken schon heute unzählige Summen aus dem Staatshaushalt, die aber nicht abgerufen werden. Die Förderungen reichen von Zulagen, Steuerfreiheiten in den Ansparphasen, Steuerfreiheiten beim Entsparen, Sozialversicherungsfreiheiten, bis zu 100% Beteiligung an den Chancen der globalen Kapitalmärkte, die Einbeziehung des Arbeitgebers, uvm. „Um es auf den Punkt zu bringen: das Füllhorn ist so groß, man kann hier nur noch schwer noch mehr vom Staat fordern. Und was auch nicht neu ist: die Eigenbeteiligung ist häufig natürlich nötig. Man spart in der Regel aber nicht allein. Und genau das ist unsere Aufgabe: sehr komplexe Zusammenhänge einfach zu erklären, und verantwortlich zu empfehlen.“
Reform der gesetzlichen Systeme, Entfall von Beitragsgarantien
Egal, welche Umfrage man liest, und welchen Kunden man zuhört: wenn es eine Reform braucht, dann bei den gesetzlichen Systemen. Das Vertrauen, dass z.B. die gesetzliche Rente sicher aus Fundament ausgezahlt wird, ist stark erschüttert. Noch bauen die Kunden darauf, aber mit keinem guten Gefühl.
Was in Schicht 1 und 3 der privaten Vorsorge schon immer wählbar war, muss nun endlich auch in Schicht 2 ermöglicht werden: der Entfall einer Beitragsgarantie. „Was für viele Deutsche zunächst schmerzhaft klingt, bewirkt mathematisch aber genau das Gegenteil.“ Zwar wurden die führenden Politiker schon seit Jahrzehnten auf die Problematik von Garantien in Verbindung mit fallenden Zinsen sensibilisiert. Bis heute aber kann in vielen Fällen bei Riester- oder Betriebsrenten nicht vollständig auf die Garantie der eingezahlten Beiträge zum Vertragsablauf verzichtet werden. Dabei ist der Ansparprozess in der Regel auf Jahre und Jahrzehnte ausgelegt. Und der gleiche Anleger weiß: lege ich das Geld 12 Jahre oder länger am Aktienmarkt an, so erlange ich die Sicherheit des Geldes durch die Laufzeit. Selbst die größeren Korrekturen an den Aktienmärkten der Vergangenheit nach Corona, Ukraine-Kriegsbeginn oder den jüngsten Turbolenzen nach den Zöllen der USA haben das nicht geändert: sehr kurze Phasen von Kursrückgängen stehen sehr viel längere Phasen von Kurserholungen und deutlichen Gewinnsprüngen gegenüber. Der mündige Bürger muss hier endlich die Wahlmöglichkeit bekommen. Unterlässt das der Staat weiterhin, so muss er den Sparern auch erklären: Beitragsgarantie + wenig Zins = keine Rendite. Oder zumindest keine Rendite, die die Kaufkraft seines eingezahlten Geldes erhält. Aber genau aus diesem Grund hat er ja investiert.
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