Wie die Lebenserwartung das Vorsorgeverhalten beeinflusst

Die Bereitschaft, fürs Alter vorzusorgen, hängt stark von der individuellen Einschätzung der eigenen Lebenserwartung ab. Wer glaubt, weniger alt zu werden, spart oft weniger oder gar nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Überraschend: Die meisten Menschen unterschätzen ihre Lebenszeit – und das hat weitreichende Folgen für ihre Altersvorsorge.

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Moritz Schumann, stellvertretender GDV-HauptgeschäftsführerGDV

Laut der GDV-Auswertung, die auf einer europaweiten Befragung von Insurance Europe basiert, besitzen Menschen, die ihre Lebenserwartung zu niedrig ansetzen, durchschnittlich weniger Vorsorgeprodukte als jene, die von einem längeren Leben ausgehen. In Deutschland haben sogenannte „Unterschätzer“ durchschnittlich 0,95 Vorsorgeprodukte, während „Überschätzer“ 1,14 Produkte besitzen. Auch der Anteil der Sparenden ist unter den „Unterschätzern“ deutlich geringer: Nur 67 Prozent sorgen fürs Alter vor, während es bei den „Überschätzern“ 77 Prozent sind.

Fehleinschätzungen prägen das Vorsorgeverhalten

Ein Grund für die Unterschätzung liegt oft in einer Orientierung an der Lebenserwartung früherer Generationen, die den medizinischen Fortschritt außer Acht lässt. Laut GDV unterschätzen die Deutschen ihre Lebenserwartung im Durchschnitt um fünf bis sieben Jahre. Dies hat nicht nur Auswirkungen darauf, ob Menschen überhaupt vorsorgen, sondern auch auf die Art der Vorsorge. So zeigen „Unterschätzer“ eine geringere Bereitschaft, in Rentenversicherungen zu investieren, die ein hohes Alter finanziell absichern.

Langlebigkeitsschutz oft unterschätzt

Nur 37 Prozent der „Unterschätzer“ wären bereit, für den finanziellen Schutz eines langen Lebens zu zahlen, verglichen mit 41 Prozent der „Überschätzer“. Andreas Richter, Leiter des Instituts für Risikomanagement und Versicherung an der LMU München, sieht in der Fehleinschätzung der eigenen Lebenszeit einen wesentlichen Grund, warum sich viele gegen Rentenversicherungen entscheiden. Er fordert mehr Aufklärung und ein Umdenken: „Eine Rente sollte nicht als Anlageprodukt betrachtet werden, sondern als Versicherung eines lebenslangen Konsumbedarfs.“

Aufklärung als Schlüssel

Sowohl Richter als auch der stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführer Moritz Schumann plädieren für eine stärkere Finanzbildung. Schumann schlägt vor, in der digitalen Rentenübersicht auch Informationen über die statistische Lebenserwartung bereitzustellen: „Das könnte Menschen helfen, ein realistischeres Bild von ihrem Alterungsprozess zu entwickeln und fundierte Entscheidungen für ihre Altersvorsorge zu treffen.“

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