Der GKV-Schätzerkreis prognostiziert für 2025 eine massive Finanzierungslücke in der gesetzlichen Krankenversicherung. Experten fordern strukturelle Reformen und die Rückkehr zu einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik, um die Beitragsspirale zu stoppen.
Der GKV-Schätzerkreis, bestehend aus Expertinnen und Experten des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesamtes für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes, hat bei seiner Sitzung im Oktober 2024 die Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die Jahre 2024 und 2025 prognostiziert. Die Ergebnisse zeigen: Die GKV steht vor einer erheblichen Finanzierungslücke.
Für das Jahr 2025 erwartet der Schätzerkreis Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 294,7 Milliarden Euro, denen Ausgaben von 341,4 Milliarden Euro gegenüberstehen. Dies führt zu einer Finanzierungslücke von rund 13,8 Milliarden Euro, die voraussichtlich durch eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent geschlossen werden muss. Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, betont, dass viele Krankenkassen keine Reserven mehr haben, um Beitragssteigerungen abzufedern. Der Druck auf die Beitragssätze werde dadurch weiter steigen.
Auch der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) sieht dringenden Handlungsbedarf. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, kritisiert die aktuelle Gesundheitspolitik scharf. Ihrer Meinung nach wurden in den letzten Jahren veraltete Strukturen mit immer mehr Geld konserviert, anstatt notwendige Strukturreformen voranzutreiben. „Die GKV steht vor sprunghaften Beitragssatz-Anhebungen“, so Elsner. Sie fordert eine Rückkehr zu einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik, um die finanzielle Stabilität der Krankenkassen langfristig zu sichern.
Die Zahlen belegen die drastische finanzielle Lage der GKV: Im Jahr 2024 stiegen die Ausgaben in Bereichen wie Krankenhaus (+7,9 %), Arzneimittel (+10 %) und ärztliche Versorgung (+5,3 %) stark an. Für 2025 wird ein weiterer dynamischer Anstieg erwartet, auch aufgrund geplanter Reformen wie der Klinikreform und dem Wegfall von Preisbegrenzungen im Arzneimittelbereich.
Die Expertinnen und Experten fordern von der Politik daher klare Maßnahmen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen. Neben strukturellen Reformen im Gesundheitssystem, wie der Einführung digitaler Lösungen und der Rückkehr zur Grundlohnsummenanbindung, müsse der Bund seiner Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben gerecht werden. Insbesondere die Finanzierung von Leistungen für Bürgergeldbeziehende aus Steuermitteln und eine Dynamisierung des Bundeszuschusses für familienpolitische Leistungen seien dringend erforderlich.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Techniker Krankenkasse (TK) hat Zusatzbeitrag für 2025 beschlossen
Die Techniker Krankenkasse (TK) hat ihren Zusatzbeitrag für 2025 beschlossen und bekanntgegeben. Gleichzeitig übte der Verwaltungsrat der Kasse heftige Kritik an der Bundesregierung.
Krankenkassen warnen: Ohne Reformen drohen weitere Beitragserhöhungen
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steuert auf eine neue Finanzlücke zu: Allein 2024 betrug das Defizit 6,2 Milliarden Euro – 700 Millionen Euro mehr als erwartet. Trotz steigender Zusatzbeiträge drohen weitere Belastungen für Versicherte, wenn die Politik nicht rasch gegensteuert.
Warum höhere Kosten für gesetzlich Versicherte unvermeidbar sind
Mit Beginn des neuen Jahres erwartet die Mehrheit der Deutschen eine Mehrbelastung der Krankenkassenbeiträge.
Staat belastet Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung mit versicherungsfremden Leistungen
Allein in der Pflegeversicherung entfallen pro Jahr 3,5 Mrd. Euro auf Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige, die derzeit aus Beitragsmitteln finanziert werden. In der GKV werden gesamtgesellschaftliche Lasten von rund 20 Mrd. Euro im Jahr über Versicherungsbeiträge getragen. Auch die fehlende Kompensation der Zahlungen für Bürgergeldempfänger in Höhe von rund 9 Mrd. Euro wirkt sich belastend aus.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
GKV-Spitzenverband kritisiert Haushaltspläne: Darlehen keine nachhaltige Lösung
Kredite statt Reformen: Der GKV-Spitzenverband kritisiert die Haushaltspläne der Bundesregierung scharf und warnt vor langfristigen Folgen für Beitragszahlende und das Gesundheitssystem.
§ 34k GewO: Neue Regulierung für Ratenkredit-Vermittlung startet 2026
Der neu geschaffene § 34k GewO bringt ab November 2026 weitreichende Pflichten für Vermittler von Ratenkrediten. Der AfW begrüßt das Vorhaben grundsätzlich, warnt jedoch vor unfairen Wettbewerbsbedingungen durch weitgehende Ausnahmen.
„Die Flut an Dokumentationspflichten ist nicht mehr verhältnismäßig“
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) warnt eindringlich vor den Auswirkungen einer zunehmenden Regulierungsflut in der Versicherungsvermittlung. Im Zentrum der Kritik steht die aus Sicht des Verbands unverhältnismäßige Komplexität gesetzlicher Vorgaben, die nicht nur Vermittler, sondern auch Kunden überfordert – mit negativen Folgen für die Beratungsqualität.
Europas neue Ordnung: Regionalisierung statt Globalismus
In ihrer Kiewer Rede skizziert EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht nur ökonomische Unterstützung für die Ukraine – sie formuliert eine strategische Neuausrichtung Europas: Regionalisierung statt globaler Offenheit. Eine Analyse des leisen, aber folgenreichen Paradigmenwechsels der europäischen Wirtschaftspolitik.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.