Viel teurer, wenig besser – Krankenhausreform der Bundesregierung

Die in dem Gesetzentwurf benannten Reformziele unterstützen wir mit großem Nachdruck. Dies gilt insbesondere für die Sicherstellung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie die flächendeckende medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten in Stadt und Land. Nach dem NRW-Modell erfolgt zwar erstmals eine bundeseinheitliche Strukturierung der Leistungsangebote von Krankenhäusern.

(PDF)
Stethoskop mit Geld und einem PflasterStethoskop mit Geld und einem PflasterHNFOTO – stock.adobe.com

Allerdings bilden die teils groben Leistungsgruppen die dahinterliegenden komplexen Versorgungen der Patientinnen und Patienten nicht ab. Die notwendige Ausdifferenzierung wird in die Zukunft verlagert. Dadurch bleibt die notwendige Verbesserung der Versorgungsstrukturen vage und deren bedarfsgerechte Ausgestaltung ungeregelt. Für die Versicherten und deren Arbeitgeber sind durch die geplante Fehlfinanzierung des Transformationsfonds hohe Zusatzkosten vorprogrammiert und werden zu steigenden Zusatzbeiträgen führen. Darüber hinaus sind die im Gesetzentwurf skizzierten kurzfristigen Einsparungen unrealistisch, kommentierte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes, den nun vorliegenden Gesetzentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), dem das Bundeskabinett am 15. Mai zugestimmt hat.

Wissen und Erfahrung der Selbstverwaltung nutzen

„Die soziale Selbstverwaltung aus Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgebenden und der Versicherten hat grundlegende Vorschläge beschlossen, wie die Versorgungsstrukturen für eine bessere Patientenversorgung weiterentwickelt werden sollten“, betont Stoff-Ahnis. „Die gemeinsame Selbstverwaltung arbeitet im Gemeinsamen Bundesausschuss seit vielen Jahren an der Weiterentwicklung der Qualitätsvorgaben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband entwickeln seit über 15 Jahren das Fallpauschalensystem gemeinsam weiter. Es ist so viel Erfahrung und Kompetenz aus der Praxis der Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen vorhanden, die bei der Ausgestaltung der Reform kaum genutzt wird. Es ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass die gesetzliche Krankenversicherung keine Chance der Mitgestaltung bei der Verteilung eines großen Teils der Milliarden der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler über die Vorhaltebudgets hat. Eine Neuausgestaltung bzw. Weiterentwicklung der Vorhaltefinanzierung durch die gemeinsame Selbstverwaltung halten wir für dringend geboten. Wir appellieren erneut an den Minister, im Interesse einer guten, an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten ausgerichteten Reform, dieses Wissen und diese Erfahrung viel stärker zu nutzen.“

Kostenlawine wird losgetreten

„Auf- und Umbau von Krankenhäusern sind originäre Aufgaben des Staates und zuvorderst der Bundesländer. Die Finanzierung der Behandlungen und Operationen ist hingegen die Aufgabe der Krankenkassen. Während die Krankenkassen ihrer Finanzverantwortung mit Jahr für Jahr steigenden Milliardenbeträgen voll nachkommen, haben die Bundesländer die Kliniken bei der Investitionsfinanzierung hängen gelassen. Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Aufgabenteilung ist es absolut inakzeptabel, den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen den größten Anteil der Finanzierung des Transformationsfonds aufzubürden. Mit ihren Finanzierungsplänen tritt die Bundesregierung in einer ohnehin angespannten Finanzsituation der GKV eine Kostenlawine los, die auf die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen zurollt. Dies lehnen wir nachdrücklich ab“, so Stoff-Ahnis.

Der Krankenhaustransformationsfonds soll 50 Milliarden Euro umfassen, von denen die gesetzlichen Krankenkassen 25 Milliarden Euro übernehmen sollen. Die private Krankenversicherung ist mit 0 Euro beteiligt. Dies sind 25 Milliarden Euro aus den Portemonnaies der Beitragszahlenden für eine staatliche Aufgabe, bei der noch nicht mal klar ist, in welche Richtung, mit welchem konkreten Zielbild die Krankenhäuser überhaupt transformiert werden sollen.

Die Landesbasisfallwerte sollen flächendeckend und dauerhaft erhöht werden. Damit wird nichts besser, aber jede Behandlung teurer. Schlimmer noch: Damit werden die alten Strukturen konserviert, statt die notwendige Veränderung zu unterstützen.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben im letzten Jahr aufgrund von Millionen von einzelnen Rechnungen 94 Milliarden Euro an die Krankenhäuser überwiesen. Die systematische, automatisierte Abrechnungsprüfung soll abgeschafft werden. Stichprobenartige Prüfungen von Rechnungen schaffen zunehmend Schlupflöcher für überhöhte Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen. In dieser Form ist die geplante Abschaffung der etablierten, bereits quotierten, Abrechnungsprüfung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vereinbar.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Krankenhaus-10910803-AS-vileviKrankenhaus-10910803-AS-vileviKrankenhaus-10910803-AS-vilevi
National

Krankenhausreform - Kurskorrektur dringend notwendig

Der vorliegende Gesetzentwurf läuft Gefahr, viele gute Ansätze einer umfassenden Krankenhausreform zu verwässern und Reformziele nicht zu erreichen. Notwendig ist unter anderem, dass Leistungsstrukturen der Krankenhäuser nach bundeseinheitlichen Kriterien verbindlich definiert und transparent gemacht werden.

Intensive therapy with intravenous drugs in iv DripIntensive therapy with intravenous drugs in iv DripIntensive therapy with intravenous drugs in iv Drip
Assekuranz

Gesetzesentwurf zur Krankenhausreform zeigt Schwächen

Aus Sicht der PKV gibt es deutliche Schwächen am Gesetzentwurf, die den Erfolg der Reform gefährden: Die Vorhaltevergütung kann zu Fehlanreizen führen und der Transformationsfonds aus den Versichertenbeiträgen könnte verfassungsrechtlich bedenklich sein.

Ungleichgewicht-224784636-AS-BillionPhotos-comUngleichgewicht-224784636-AS-BillionPhotos-comBillionPhotos.com – stock.adobe.comUngleichgewicht-224784636-AS-BillionPhotos-comBillionPhotos.com – stock.adobe.com
Politik

Sozialgarantie: Maßnahmen zur Einhaltung sozial unausgewogen

Zu den vom Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmen zur Einhaltung der Sozialgarantie erklären die Verwaltungsratsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes Uwe Klemens und Dr. Volker Hansen:
Aerztin-Mundschutz-224145303-AS-DenisProduction-comAerztin-Mundschutz-224145303-AS-DenisProduction-comDenisProduction.com – stock.adobe.comAerztin-Mundschutz-224145303-AS-DenisProduction-comDenisProduction.com – stock.adobe.com
Politik

So kann eine moderne Vergütung bei der ambulanten ärztlichen Versorgung aussehen

Die von der Bundesregierung berufene wissenschaftliche Kommission hat zur Aufgabe, bis Ende 2019 für eine moderne Vergütung der ambulanten ärztlichen Versorgung Vorschläge zu unterbreiten.
Aktuell müssen gesetzlich Versicherte oft deutlich länger auf Facharzttermine warten als Privatpatienten.Foto: AdobestockAktuell müssen gesetzlich Versicherte oft deutlich länger auf Facharzttermine warten als Privatpatienten.Foto: Adobestock
Politik

Debatte zum Wahlkampf - Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe

Pünktlich zum beginnenden Wahlkampf zur Bundestagswahl im Februar fordert der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die kommende Bundesregierung auf, die Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe in Arztpraxen gesetzlich zu unterbinden.

Geldscheine-Stethoskop-398126294-DP-JudithdzGeldscheine-Stethoskop-398126294-DP-JudithdzGeldscheine-Stethoskop-398126294-DP-Judithdz
Politik

Drastische Beitragssteigerungen in der GKV werden tatenlos hingenommen

Der Bundesgesundheitsminister kündigt im Interview an, dass er den drastischen Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung tatenlos zusehen wird. Statt eines Maßnahmenplans, wie die Versorgung der rund 75 Mio. gesetzlich Versicherten auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend immer weiter steigende Zusatzbeiträge an.

Mehr zum Thema

Die Nominierung Wagenknechts wurde von den Delegierten mit großem Zuspruch aufgenommen und markiert den Auftakt in eine intensive Wahlkampfphase.Foto: sahra-wagenknecht.deDie Nominierung Wagenknechts wurde von den Delegierten mit großem Zuspruch aufgenommen und markiert den Auftakt in eine intensive Wahlkampfphase.Foto: sahra-wagenknecht.de
Politik

Bundesparteitag des BSW nominiert Sahra Wagenknecht als Kanzlerkandidatin

Der Bundesparteitag des BSW in Bonn markierte einen wichtigen Moment in der noch jungen Parteigeschichte. Mit der Nominierung von Sahra Wagenknecht zur Kanzlerkandidatin und der Verabschiedung des Wahlprogramms richtete sich die Partei sechs Wochen vor der Bundestagswahl strategisch aus.

Im europäischen Kontext fordert Friedrich Merz eine geschlossenere Strategie der EU, insbesondere im Umgang mit den USA.Foto: CDU / Tobias KochIm europäischen Kontext fordert Friedrich Merz eine geschlossenere Strategie der EU, insbesondere im Umgang mit den USA.Foto: CDU / Tobias Koch
Politik

CDU stellt „Agenda 2030“ vor – Wirtschaftsreformen im Fokus

Die CDU/CSU hat auf ihrer Klausurtagung in Hamburg unter Führung von Kanzlerkandidat Friedrich Merz die „Agenda 2030“ vorgestellt.

In seiner Rede auf dem Parteitag der SPD warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU.Foto: l. Nadine to Roxel, Chefreporterin Politik RTL-MediengruppeIn seiner Rede auf dem Parteitag der SPD warnte Scholz vor einer Regierungsübernahme durch CDU und CSU.Foto: l. Nadine to Roxel, Chefreporterin Politik RTL-Mediengruppe
Politik

Olaf Scholz offiziell als SPD-Kanzlerkandidat bestätigt – Kampf um die Bundestagswahl beginnt

Auf dem SPD-Parteitag in Berlin wurde Olaf Scholz am Samstag offiziell als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl am 23. Februar bestätigt. Die Delegierten sprachen sich mit überwältigender Mehrheit für den 66-jährigen Bundeskanzler aus – lediglich fünf der knapp 600 Delegierten stimmten gegen ihn.

Weidel zeigte sich in ihrer Rede auf dem Parteitag der AfD in Riesa als entschlossene Führungsfigur.Foto: AfDWeidel zeigte sich in ihrer Rede auf dem Parteitag der AfD in Riesa als entschlossene Führungsfigur.Foto: AfD
Politik

AfD-Parteitag in Riesa: Radikale Inhalte und Weidels Führungsanspruch

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat am heutigen Parteitag in Riesa ein klares Signal gesetzt: Mit der Wahl von Alice Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin der Parteigeschichte präsentierte sie eine Führungsfigur, die sich mit einer scharfen und radikalisierten Rhetorik positionierte.

Während Parteichef Lars Klingbeil die Rolle des Lautsprechers übernimmt, scheint Kanzler Olaf Scholz als Spitzenkandidat nahezu abgetaucht zu sein.Pressefoto Lars Klingbeil – Foto: Sandra KrafftWährend Parteichef Lars Klingbeil die Rolle des Lautsprechers übernimmt, scheint Kanzler Olaf Scholz als Spitzenkandidat nahezu abgetaucht zu sein.Pressefoto Lars Klingbeil – Foto: Sandra Krafft
Politik

Hallo, ist da noch jemand außer Klingbeil? Die SPD im Wahlkampf mit viel Programm, wenig Gesichter – und ein unsichtbarer Scholz

Die SPD ist offiziell in den Bundestagswahlkampf 2025 gestartet, doch schon jetzt zeigt sich, wie holprig der Weg bis zum Wahltag am 23. Februar sein könnte. Der Auftakt im Willy-Brandt-Haus offenbarte mehr Schwächen als Stärken, mehr Symbolik als Substanz.

Neben den Angriffen auf die Union zeigte sich Habeck auch selbstkritisch. Die Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse sei ein schwerer Fehler der Ampelregierung gewesen.Foto: Bündnis90/Die Grünen, © Dominik ButzmannNeben den Angriffen auf die Union zeigte sich Habeck auch selbstkritisch. Die Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse sei ein schwerer Fehler der Ampelregierung gewesen.Foto: Bündnis90/Die Grünen, © Dominik Butzmann
Politik

Wahlkampfauftakt der Grünen in überfüllter Halle - Habecks Kampfansage an die Union

Beim Wahlkampfauftakt der Grünen in Lübeck zeichnete Robert Habeck ein Bild der kommenden Bundestagswahl als „Richtungsentscheidung“: Schwarz oder Grün – Rückschritt in die Vergangenheit oder Aufbruch in die Zukunft.