Es scheint, als wollten sich die Bauzinsen zum Ende des Jahres versöhnlich zeigen: Nachdem sie sich vor zwei Monaten noch der 4-Prozent-Marke näherten, sanken sie zuletzt auf 3,25 Prozent und erreichten damit ungefähr das Niveau vom Jahresbeginn. Dr. Klein erläutert die Hintergründe dieser Entwicklung, gibt eine Zinsprognose für das kommende Jahr und bewertet die aktuelle Fördersituation in Deutschland.
Ein Zinskommentar von Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG
Die relevanten Parameter, die die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen beeinflussen, hatten in den vergangenen Wochen eines gemein: Sie gaben nach. So sank die Inflation im Euro-Raum im November auf 2,4 Prozent, in Deutschland auf 2,3 Prozent. Auch die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen fiel von 2,7 Prozent Mitte November auf rund 2,3 Prozent Mitte Dezember. Zwar ist der Zusammenhang zu den Bauzinsen indirekt – dennoch sind die Indikatoren richtungsweisend
Sowohl in Deutschland als auch im Euro-Raum Rückgänge gab es Inflationsraten, die über der Markterwartung lagen. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt die EZB zurückhaltend. Die Zentralbanker werden nicht müde, dem Markt zu vermitteln, dass die Geldpolitik über einen längeren Zeitraum ausreichend restriktiv bleiben muss, um Preisstabilität zu gewährleisten. Eine Zinssenkung stehe daher momentan nicht zur Debatte.
Dennoch äußerten in den vergangenen Wochen verschiedene Ökonomen die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank spätestens im zweiten Halbjahr 2024, möglicherweise sogar bereits im ersten, den Leitzins senken wird.
Der Markt preist aktuell nicht mehr nur eine neutrale Haltung der EZB ein, sondern geht von mindestens zwei bis drei Zinssenkungen im kommenden Jahr aus. Diese Erwartung hat in den vergangenen Wochen maßgeblich zum Rückgang der Bauzinsen beigetragen. Aktuell beträgt der repräsentative Bestzins von Dr. Klein für eine 10-jährige Baufinanzierung 3,25 Prozent (Stand: 12.12.2023).
Quo vadis, Bauzins?
Die Inflationsentwicklung und -dynamik in Deutschland sowie in der Euro-Zone werden darüber entscheiden, ob, wann und wie oft die EZB im kommenden Jahr den Leitzins senken wird. Noch gilt es abzuwarten, inwieweit sich die geldpolitischen Straffungen der vergangenen Monate auf die Wirtschaft auswirken. Es ist aber damit zu rechnen, dass die EZB noch eine Weile ihre neutrale Position beibehält. Von Zinsanhebungen im kommenden Jahr sollte aktuell nicht ausgegangen werden, eine mögliche Senkung scheint im dritten oder vierten Quartal realistisch.
Der Zurückhaltung der Zentralbanker steht die wirtschaftliche Stagnation gegenüber. Hier bedarf es dringender Impulse: Die Konjunktur trübt sich in Deutschland und im gesamten Euro-Raum zunehmend ein. Hinzukommt, dass es auch aus den USA und aus China keine Impulse für den Markt gibt. Natürlich müssen für eine Zinssenkung die Voraussetzungen stimmen: Die Inflationsrate und vor allem auch die Kerninflationsrate sollten weiter sinken und finanzielle Stabilität gewährleistet sein. Doch für die Vitalität der Wirtschaft braucht es in absehbarer Zeit entsprechende Signale der EZB, also ein, zwei kleine Zinsschritte nach unten.
Für Ende 2024 rechnen die Märkte mit einem Leitzins von unter 4 Prozent. Bei den Baufinanzierungszinsen erwartet Dr. Klein im kommenden Jahr eine Seitwärtsbewegung: Es ist davon auszugehen, dass 10-jährigen Zinsfestschreibung sich in einem Korridor von 3 bis 4 Prozent bewegen wird. Dabei werden kleinere Ausschläge wohl eher nach unten als nach oben gehen.
Unklare Förderkulisse
Die aktuelle Haushaltskrise des Bundes macht auch vor den Fördergeldern für Wohneigentum nicht Halt. So hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereits einige ihrer Angebote gestrichen – unter anderem das Programm 455, „Altersgerecht umbauen“. Die Programme 297 und 298 zum klimafreundlichen Neubau hat die KfW durch eine Zinserhöhung gegen den Markttrend massiv verteuert. Prognosen zur Entwicklung der bundesweiten Förderlandschaft in den kommenden Monaten sind derzeit schwer abzugeben, doch es ist tendenziell mit weiteren Kürzungen zu rechnen.
Die Bundesregierung muss sparen und dafür an verschiedensten Stellen den Rotstift ansetzen. Möglich, dass auch KfW-Programme, die für die Zukunft geplant waren, entweder gar nicht oder nur sehr reduziert umgesetzt werden. Grundsätzlich führt die momentane Haushaltssituation zu einem großen Rückschritt auf dem deutschen Immobilienmarkt – insbesondere mit Blick auf die energetischen Zielsetzungen. Schon vor der Haushaltssperre mangelte es an umfassenden Förderungen für die Transformation eines in die Jahre gekommenen Wohnbestands hin zu einem CO2-freien.
Die staatliche Förderung von Bestandsimmobilien wird schon viel zu lange vernachlässigt. Dabei sind Zuschüsse oder zinsgünstige Förderkredite mit Blick auf die Leistbarkeit oft auschlaggebend für potenzielle Käufer. All jen, die mit einer Immobilie der Energieeffizienzklasse G oder H liebäugeln, sollten bereits im ersten Schritt einen Experten hinzuzuziehen, beispielsweise einen Energieberater. So lassen sich Modernisierungs- und Investitionsumfang gut abschätzen.
Auch, wenn mit sehr hohen Aufwendungen gerechnet werden muss, lohnt es sich unter Umständen, zu schauen, ob eventuell neue Förderprogramme in Aussicht stehen – möglicherweise ist Abwarten dann die richtige Strategie, um leistbar ins modernisierte und energieeffiziente Eigenheim zu kommen.
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