Die EU-Gesetzgeber haben die Reform des European Long Term Investment Funds (ELTIF) beschlossen. Sie tritt Anfang 2024 in Kraft. Die neuen Regelungen umfassen flexiblere Anlagemöglichkeiten und den Abbau von Vertriebshindernissen. Der ELTIF war 2015 von der EU als neue Fondskategorie für Infrastrukturinvestitionen eingeführt worden, blieb aber bisher erfolglos.
Ein Interview von Christiane Lang mit Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI
Herr Richter, der BVI hat sich intensiv für die Reform des ELTIF eingesetzt. Warum war die Neugestaltung notwendig?
Der alte ELTIF schaffte nicht den Durchbruch. Seit acht Jahren gibt es die ELTIF-Verordnung, und bis Ende 2022 wurden europaweit lediglich 77 Produkte aufgelegt mit einem Volumen von 11 Milliarden Euro – das sind nur 0,07 Prozent des verwalteten Fondsvermögens in Europa.
Am Interesse der Investoren ist der ELTIF nicht gescheitert. Im Gegenteil, ihr Appetit auf Sachwerte und Infrastrukturinvestments ist gewaltig. Jedoch waren die Zulassungsvoraussetzungen für den ELTIF zu kompliziert und die Vertriebsregeln nicht praktikabel.
Und diese Hindernisse sind jetzt ausgeräumt?
Ja. Auf der Vertriebsseite sind für den Anleger die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und die Beschränkung weggefallen, nur maximal 10 Prozent seines liquiden Vermögens in ELTIFs investieren zu dürfen.
Zudem ist der ELTIF deutlich flexibler geworden. Beim alten ELTIF standen Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen mit sehr geringer Marktkapitalisierung und Sachwerte mit einem Einzelwert von mindestens 10 Million Euro im Fokus. Liquide Anlagen in offene Wertpapierfonds (OGAW) und deren Anlagegegenstände waren nur bis zu 30 Prozent möglich.
Künftig können weiterhin tendenziell illiquide Unternehmensbeteiligungen und Sachwerte erworben werden, für die aber die Beschränkungen gelockert wurden. Die entscheidende Neuerung ist jedoch, dass der ELTIF nun auch als Dachfonds ausgestaltet und bis zu 100 Prozent in liquide Anlagen wie OGAW und AIFs investieren kann. Insbesondere für diese Erweiterung des Zielfondsuniversums hatten wir uns stark gemacht.
Das heißt, die ursprüngliche Absicht, den ELTIF in erster Linie für Sachwerte, Infrastrukturprojekte und kleine und mittlere Unternehmen zu konzipieren, ist aufgegeben worden?
Mehr oder weniger. Der ELTIF ist jetzt ein Multi-Asset-Produkt mit EU-Pass für den grenzüberschreitenden Vertrieb. Auf Ebene der Mitgliedstaaten regulierte AIFs, die nicht ohne Weiteres über Ländergrenzen vertrieben werden können, wie unser offener Immobilienfonds, könnten beispielsweise im Mantel eines ELTIF-Dachfonds nun EU-weit verkauft werden.
Außerdem ist der ELTIF dem offenen Immobilienfonds in zwei weiteren Punkten überlegen: Er ist nicht auf den Anlagekatalog des KAGB beschränkt, und er hat eine höhere Kreditaufnahmegrenze. Der ELTIF kann damit eine ernsthafte Konkurrenz zu deutschen Sachwertefonds werden.
Sie haben ein weiteres Thema bereits angedeutet: Der ELTIF kann auch als offener Fonds aufgelegt werden. Wie genau wird das aussehen?
Das ist einer der wenigen Punkte der neuen Verordnung, die wir kritisieren. Denn es fehlen Kriterien für die Ausgestaltung des ELTIF als offenen Fonds. Die Aufgabe, Leitlinien für Anteilrückgabemechanismen eines offenen ELTIF zu entwickeln, ist an die ESMA delegiert worden. Bis sie ihre Vorschläge vorlegt, die dann noch von der Kommission angenommen werden müssen, müssen wir mit einer gewissen Rechtsunsicherheit leben.
Dennoch haben wir mit dem neuen ELTIF sehr viel erreicht. Ich bin sicher, dass er erfolgreich sein wird. Der ELTIF kann flexibel ausgestaltet und grenzüberschreitend vertrieben werden. Und wie anfangs schon gesagt: Das Interesse der Anleger ist da. Sie suchen Investitionen in Infrastruktur, erneuerbare Energien, Private Debt und Private Equity.
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