Deutschlands Unternehmen strukturieren Fremdfinanzierung um

Die Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Kosten für Kredite spürbar erhöht. Zwar erhalten größere Unternehmen noch relativ leicht Darlehen, doch für kleinere Unternehmen und Selbstständige ist es schwieriger geworden, an Kredite zu kommen.

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„Zahlreiche Unternehmen prüfen derzeit, wie sie ihre Fremdfinanzierung künftig verteilen wollen“, sagt Frank Liebold, Country Manager Deutschland bei Atradius, mit Blick auf eine Umfrage des Warenkreditversicherers unter mehr als 250 deutschen Unternehmen.

Bislang setzten 34 Prozent der Unternehmen bei der Fremdfinanzierung vor allem auf Bankkredite. Künftig, so Atradius, wollen dies nur noch 29 Prozent tun. Stattdessen sollen unter anderem die Rücklagen gestärkt werden. Das gaben 36 Prozent der Befragten an, zwei Prozent mehr als bisher.

Auch Privateinlagen sollen beim Thema Fremdfinanzierung künftig eine größere Rolle spielen. Hier stieg der Wert nach Angaben der Atradius-Umfrage von 13 auf 14 Prozent. Ebenso erlebt der Factoring-Bereich durchaus mehr Nachfrage. Außerdem soll die Finanzierung über den Kapitalmarkt verstärkt werden. Frank Liebold betont:

In herausfordernden Zeiten ist es wichtig, die Struktur der Fremdfinanzierung zu diversifizieren und variabel zu handhaben.

Dies ist aus Sicht von Atradius umso dringlicher, da die steigenden Zinsen einen erheblichen Einfluss auf die Kosten für die Kreditaufnahme der Unternehmen haben. So führen Zinserhöhungen zu höheren Finanzierungskosten, da sie die Kosten für Kredite, Anleihen und andere zinsabhängige Finanzierungsinstrumente verteuern. Dies kann die Rentabilität von Investitionen verringern und Unternehmen dazu veranlassen, ihre Investitionspläne anzupassen oder zu verschieben.

Herausforderungen können sich für Unternehmen zudem aus der Tatsache ergeben, dass Banken und andere Kreditgeber bei steigenden Zinsen ihre Kreditvergabekriterien verschärfen, da das Risiko von Zahlungsausfällen tendenziell mit höheren Zinsen zunimmt.

Die Folge: Der Zugang zu Fremdfinanzierung für Unternehmen, insbesondere für solche mit geringerer Bonität, wird erschwert. „Unternehmen müssten gegebenenfalls ihre Investitionsentscheidungen überdenken, da die Finanzierungskosten und die Mindestrendite, die ein Projekt generieren muss, um profitabel zu sein, steigen“, erklärt Frank Liebold.

Ohne Fremdfinanzierung aber, so der Atradius-Manager weiter, sei es für Unternehmen nur schwer möglich, Wachstum und Expansion zu ermöglichen, Liquiditätsengpässe zu überbrücken oder das Finanzierungsrisiko zu diversifizieren.

Vor diesem Hintergrund spielen auch Warenkreditversicherer eine bedeutende Rolle beim Thema Fremdfinanzierung in Unternehmen. So schützen Warenkreditversicherungen Unternehmen vor finanziellen Verlusten, die durch den Zahlungsausfall ihrer Kunden entstehen.

Frank Liebold: „Eine Warenkreditversicherung reduziert das Risiko, das mit dem Verkauf auf Kredit verbunden ist, und ermöglicht es Unternehmen, ihren Kunden flexiblere Zahlungsbedingungen anzubieten, ohne ihre eigene finanzielle Stabilität zu gefährden. Außerdem können Forderungen, die versichert sind, einfach und schnell zum Beispiel über Factoring-Programme verkauft und somit in zusätzliche Liquidität umgewandelt werden.“

Durch eine Kreditversicherung werde zudem die Kreditwürdigkeit verbessert. Durch den Abschluss einer Warenkreditversicherung signalisiere das Unternehmen potenziellen Gläubigern, dass es seine Kreditrisiken aktiv managt Dies könne die Kreditwürdigkeit und auch die Verhandlungsposition des Unternehmens gegenüber Banken verbessern und den Zugang zu günstigeren Finanzierungskonditionen erleichtern.

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