Große Kluft zwischen Kaufkraft und Mieten

Sad desperate depressed homeowner, renter man leaving out from apartmentSad desperate depressed homeowner, renter man leaving out from apartmentfizkes – stock.adobe.com

In vielen deutschen Großstädten stehen die Wohnkosten in einem ungünstigen Verhältnis zur Kaufkraft. Besonders groß ist die Kluft zwischen Miete und verfügbarem Einkommen in München und Stuttgart. Das zeigt eine Analyse von immowelt, bei der die angebotenen Kaltmieten mit der durchschnittlichen Kaufkraft pro Kopf in den Stadtkreisen über 500.000 Einwohnern sowie den reichsten Stadt- und Landkreisen Deutschlands verglichen wurden.

Die Vergleichsdaten zur Kaufkraft pro Einwohner stammen von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Das höchste verfügbare Einkommen aller untersuchten Großstädte haben Bewohner in München. Die jährliche Kaufkraft in der Isar-Metropole liegt bei 33.857 Euro pro Kopf – 29 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt (26.271 Euro). Allerdings beträgt der Quadratmeterpreis für Wohnungen in der Isar-Metropole bei Neuvermietung im Median 18,80 Euro und liegt damit 135 Prozent über dem Bundesmittel von 8,00 Euro.

Durch den Mietanstieg im vergangenen Jahr hat sich das Ungleichgewicht von Wohnkosten und Kaufkraft in vielen Großstädten weiter vergrößert. Die hohe Inflation verschärft die finanzielle Situation von Mietern zusätzlich. So sorgt etwa der starke Anstieg der Energiepreise dafür, dass die Nebenkosten zunehmend zur zweiten Miete werden. Zwar wird sich das verfügbare Einkommen der Deutschen 2023 voraussichtlich um nominal 3,2 Prozent erhöhen. Durch den deutlichen Anstieg der Verbraucherpreise, der im vergangenen Jahr bei 7,9 Prozent lag, dürften die Zuwächse beim Einkommen jedoch aufgezehrt werden.

Große Diskrepanzen in Stuttgart, Frankfurt und Berlin

Nach München weist Stuttgart die größte Kluft zwischen Kaufkraft und Mieten auf. Das verfügbare Einkommen pro Einwohner in der Schwaben-Metropole liegt bei 28.993 Euro und damit 10 Prozent über dem Deutschlandwert. Die mittlere Angebotsmiete von 13,80 Euro pro Quadratmeter übertrifft den bundesweiten Durchschnitt allerdings um 73 Prozent. Auch in Frankfurt hält die Kaufkraft nicht mit den Wohnkosten Schritt: Während das verfügbare Einkommen in der Bankenstadt den Durchschnitt der Republik um 10 Prozent übertrifft, liegen die Mietpreise bei Neuvermietung 69 Prozent darüber. Bei einer mittleren Angebotsmiete von 13,50 Euro pro Quadratmeter müssen die Einwohner Frankfurts somit einen beträchtlichen Teil der 28.963 Euro, die ihnen jährlich pro Kopf zur Verfügung stehen, für das Wohnen ausgeben.

Es braucht daher dringend eine Offensive beim geförderten Wohnungsbau, damit Wohnen auch für Menschen mit geringem Einkommen wieder leistbar wird. Steigen die Mieten am freien Markt weiter, dürfte die Schere zwischen Wohnkosten und Kaufkraft in Zukunft noch weiter auseinandergehen.

Berlin: Einkommen unterdurchschnittlich, Mietpreise über dem Schnitt

Auch in Berlin klaffen Angebotsmieten und Kaufkraft weit auseinander. Bei Neuvermietung kostete der Quadratmeter 2022 im Median 11,60 Euro. Das sind 45 Prozent mehr als der deutsche Durchschnitt. Im Gegensatz zu den Bewohnern anderer deutscher Millionenstädte verfügen die Berliner aber über eine unterdurchschnittliche Kaufkraft. Mit 24.683 Euro pro Kopf liegt das verfügbare Einkommen in der Hauptstadt 6 Prozent unter dem Bundesmittel.

In mehreren anderen Großstädten ist die Kaufkraft zwar ebenfalls unterdurchschnittlich, das Gleiche trifft allerdings auf die Mieten zu. Vor allem im Osten Deutschlands besteht ein deutlich ausgewogeneres Verhältnis zwischen Kaufkraft und Mieten. In Dresden ist die Kluft am geringsten – dort liegt das verfügbare Einkommen 6 Prozent unter dem deutschen Mittelwert, die Angebotsmieten 5 Prozent darunter. Auch in Leipzig besteht nur ein geringes Ungleichgewicht: Die Einwohner der sächsischen Großstadt verfügen über 10 Prozent weniger Kaufkraft als der deutsche Durchschnitt, während die Mieten um 6 Prozent niedriger sind.

Teuerste Landkreise im Umland von München

In den reichsten Landkreisen Deutschlands besteht trotz hoher Einkommen oftmals ebenfalls eine große Schere zwischen Mieten und Kaufkraft. Im bayerischen Starnberg, dem wohlhabendsten Landkreis, haben die Bewohner zwar pro Kopf 40 Prozent mehr Kaufkraft als im Rest der Republik, müssen aber eine um 86 Prozent höhere Miete bezahlen (14,90 Euro). Im benachbarten Landkreis München sind die Angebotsmieten mit 16 Euro pro Quadratmeter sogar doppelt so teuer wie im Deutschlandmittel. Die Kaufkraft liegt allerdings nur 34 Prozent über dem deutschlandweiten Schnitt.

Neben dem Umland von München zählen auch Landkreise im Einzugsgebiet von Frankfurt am Main zu den reichsten Deutschlands. Im Hochtaunuskreis etwa, der im Nordwesten der Mainmetropole liegt, übersteigt das verfügbare Einkommen den Bundesschnitt um 27 Prozent. Die Strahlkraft von Frankfurt macht sich allerdings auch bei den Mietpreisen bemerkbar. Wohnungssuchende zahlen für den Quadratmeter 11,50 Euro – das sind 44 Prozent mehr als im Bundesmittel.

Ausführliche Ergebnistabellen zu allen Stadt- und Landkreisen stehen hier zum Download bereit.

LESEN SIE AUCH

Hand holding magnifying glass and looking at house model, houseHand holding magnifying glass and looking at house model, housesommart – stock.adobe.comHand holding magnifying glass and looking at house model, housesommart – stock.adobe.com
4 Wände

Kleinere Wohnung für gleiches Geld

Wer vor zehn Jahren nach einer Wohnung in der Großstadt suchte, hatte gute Chancen für 1.000 Euro Miete eine geräumige Bleibe zu finden. In München bekamen Mieter im Median 83 Quadratmeter Wohnraum. In Berlin gab es für das Budget sogar 114 Quadratmeter. Zehn Jahre später bekommen Mieter für die gleiche Summe deutlich weniger Fläche, wenn sie eine Wohnung neu anmieten: In München reichen 1.000 Euro Miete gerade noch für 48 Quadratmeter (-42 Prozent), in Berlin lediglich für 70 Quadratmeter (-39 ...
Frau-verzweifelt-344177648-AS-PintauStudioFrau-verzweifelt-344177648-AS-PintauStudio(1)  Pintau Studio – stock.adobe.comFrau-verzweifelt-344177648-AS-PintauStudio(1)  Pintau Studio – stock.adobe.com
Finanzen

Prekäre wirtschaftliche Lage bei Deutschlands Mietern

Die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin liefert zahlreiche Detailanalysen zur sozialen Wohnsituation der insgesamt rund 8,4 Millionen Mieterhaushalte in den deutschen Großstädten, unter anderem nach Einkommen, Haushaltsgröße, Kindern im Haushalt, Alter oder Migrationsstatus, und sie schlüsselt auf, in welchen Mietpreisklassen wie viele Wohnungen fehlen.
wooden signwooden signwooden sign
Wirtschaft

Erster Silberstreif am Horizont für die deutsche Konjunktur

2024 dürfte die deutsche Wirtschaft zu einem moderaten Realwachstum von 0,6 Prozent zurückkehren. Vor allem eine Wiederbelebung der privaten Kaufkraft stützt die Konjunktur. Die Konsumerholung wird allerdings etwas später einsetzen als bisher angenommen.

Bulle-562832510-AS-FotostockerspbBulle-562832510-AS-FotostockerspbFotostockerspb – stock.adobe.comBulle-562832510-AS-FotostockerspbFotostockerspb – stock.adobe.com
Finanzen

Die Märkte kennen derzeit nur noch Optimisten

Unabhängig von der Phase des Konjunkturzyklus gibt es immer positive und negative Faktoren zu berücksichtigen. In der aktuellen Marktstimmung scheint dieses Gleichgewicht verschwunden sein. Es gibt keine Pessimisten mehr, nur noch „normale Optimisten" und "Superoptimisten".

EurokriseEurokrisehaitaucher39 – stock.adobe.comEurokrisehaitaucher39 – stock.adobe.com
Finanzen

"Anleger sollten die Kaufkraft ihrer Investitionen schützen"

Eine realistische Simulation der Kundenvermögen sollte die Risiken des Klimawandels in der Anlagestrategie berücksichtigen, eine Reduktion von CO2-Emissionen ermöglichen sowie die langfristige Inflationserwartung mit einbeziehen. Ein neues Tool unterstützt bei der ganzheitlichen Beratung.

Crypto currency concept. Mixed mediaCrypto currency concept. Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.comCrypto currency concept. Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.com
Finanzen

Kryptowährungen in Südamerika beliebter denn je

Die Akzeptanz von Bitcoin und Co. in Lateinamerika ist eine der höchsten der Welt. Ende 2022 wurden Kryptowährungen als Zahlungsmittel in Brasilien legalisiert. Für viele stellt dies einen großen Schritt in Richtung Krypto-Adoption dar.