Warum es sich bei dem Bundeshaushalt um den eigentlichen Übergewinner der aktuellen Energiekrise handelt und die Pläne der EU zum Abschöpfen der Übergewinne nicht das Mittel der Wahl sind.
Ein Beitrag von Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut
Auf den ersten Blick gehören kurioserweise die Energiekonzerne zu den echten Gewinnern der aktuellen Energiekrise. Unkenrufe werden schon länger laut und fordern bereits eine so genannte Übergewinnsteuer. Wie sieht es etwa beim Solarstrom aus? Hier gibt es in der Bundesrepublik über zwei Millionen Betreiber kleiner Aufdachanlagen bis hin zu größeren Freiflächenparks – nur im Einzelfall spielen große Konzerne eine Rolle.
Dabei beläuft sich die kumulierte Leistung aller Anlagen auf rund 60 Gigawatt, wovon fast zwei Drittel von der aktuellen Strompreisentwicklung überhaupt nicht profitieren, da sie nicht aktiv vermarktet, sondern lediglich vom Netzbetreiber die EEG-Vergütung, also den ‚anzulegenden Wert‘ nach EEG überwiesen bekommen. Doch was passiert dann? Der Netzbetreiber wiederum vermarktet den Strom dieser Anlagen über die Strombörse. Hier entstehen dann Übergewinne, die direkt auf dem EEG-Umlagekonto landen.
Sage und schreibe 17 Milliarden Euro befanden sich im Juli 2022 dort. Noch im Dezember des vergangenen Jahres betrug der Saldo etwas über 10 Milliarden. In den dann folgenden Monaten hat sich der Betrag dann jeweils um etwa eine Milliarde monatlich vermehrt. 1 In Wirklichkeit bunkert also die Bundesrepublik einen immensen Geldbetrag, der auch nach dem Ende der EEG-Umlage weiterwachsen wird.
Das liegt daran, dass mit den hohen Börsenstrompreisen auch ältere Anlagen mit ihren noch hohen EEG-Vergütungsgarantien keine Förderung mehr benötigen, sondern sogar noch Mehrerlöse erzielen. Warum also nicht das unaufhörlich ansteigende Saldo des EEG-Umlagekontos schon jetzt zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürgern nutzen? Den Verbraucherinnen und Verbrauchern ist doch kaum zu vermitteln, warum dieses Geld trotz Krise hier einfach geparkt wird und nicht zum Wohle aller Einsatz findet. Denkbar wären etwa direkte Auszahlungen oder die Senkung der stromerzeugenden Grenzkosten der Gaskraftwerke, was wieder in eine Strompreisreduzierung münden würde.
Was passiert also nun mit den Gewinnen aus dem Ökostrom des übrigen Drittels von den Anlagen in der Direktvermarktung? Wieder mal ist der Gewinner der Bundeshaushalt. Denn hier fällt die EEG-Förderkomponente, auch Marktprämie genannt, aufgrund der gestiegenen Marktwerte für Solarstrom zum Teil oder ganz weg und entlastet damit sofort die Staatskasse.
Dazu kommt noch, dass die Rechtsform des Betreibers einer Anlage für erneuerbare Energien eine entscheidende Rolle spielt – hier fallen Steuern von bis zu 47,5 Prozent (Spitzensteuersatz inklusive Soli) auf alle zusätzlichen Gewinne an. Auch an dieser Stelle bestünde erhebliches Potenzial, diese Einnahmen etwa für direkte und unbürokratische Entlastungen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu nutzen. Hier kämen die Finanzämter ins Spiel, einkommensorientierte Zuschüsse festzulegen. Doch auch hier hat die Politik wohl andere Pläne. Zumindest sieht es aktuell nicht so aus, dass der Bund diese Gelder anzapfen möchte.
Schlussendlich gibt es auch noch Anlagen erneuerbarer Energien, die völlig ohne jegliche Förderung errichtet und betrieben werden. In diesen Fällen regeln bilateral geschlossenen Stromlieferverträge – auch PPA, Power Purchase Agreement genannt – die Erlöse. Dieser Umstand führt zu Preisminderungen auf dem Strommarkt. Ein zusätzlicher Effekt, denn der Einspeisevorrang von Windenergie und Solar sorgt sowieso schon dafür, dass der Strompreis gedrückt wird.
Schaut man über den nationalen Tellerrand, dann ist es dieser Vorgang, der es Ländern wie Frankreich oder Österreich gar erst ermöglicht, von einem Versorgungsengpass verschont zu bleiben. Denn hier gibt es beispielsweise aktuell massive Probleme mit den Atomkraftwerken und bei den österreichischen Nachbarn produzieren die Wasserkraftwerke aufgrund von anhaltender Trockenheit nicht genug Energie.
Nun will die EU-Kommission die Übergewinne aller nicht aus Gas stammenden Verkäufe am Strommarkt abschöpfen und an den Endverbraucher verteilen. Schon die bloße Ankündigung dieser Übergewinn- und Grundversorgungs-Regelung löste bei allen Marktteilnehmern, hier den Stadtwerken, blankes Entsetzen aus, da momentan weder die technischen Möglichkeiten zur Erfassung noch die notwendigen Daten aktuell zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund der horrenden Gewinne aus den Umlagen sowie durch die vom Bund eigestrichenen Ertrag- Umsatz- und Energiesteuer aus den stark gestiegenen Energiekosten, scheint mir dieses EU-Vorhaben eine echte Farce.
Zum Autor
Diplom-Kaufmann Thomas Schoy ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Privates Institut. Nach seiner Tätigkeit für Banken, Versicherungen und Finanzberatungsunternehmen war er einer der ersten Investmentberater, die sich auf das Thema erneuerbare Energien konzentrierten. Dabei setzte er etwa Beteiligungsmodelle für Onshore-Windparks um. Daneben vermittelt er sein betriebswirtschaftliches Know-how auch als Privatdozent an verschiedenen Instituten.
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