Assetklasse Real Estate Debt auf Wachstumskurs

Real Estate Debt Funds gewinnen bei institutionellen Investor*innen erheblich an Bedeutung. Diese Entwicklung begann schon nach der Finanzkrise, sie hat sich durch die Corona-Pandemie aber noch einmal beschleunigt. Hauptgründe für diesen Wandel sind die gestiegene Zurückhaltung der Banken seit Pandemiebeginn und das unverändert anhaltende Niedrigzinsumfeld.

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Der Fokus liegt dabei auf Whole-Loan- und Mezzanine-Fonds. Das Senior-Segment spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Die Zielrenditen (IRR) liegen im Whole-Loan-Bereich bei sechs Prozent und im Mezzanine- beziehungsweise Preferred-Equity-Bereich bei acht Prozent. Vor allem Versicherungen wenden sich seit zwei Jahren der Assetklasse Real Estate Debt zu. Sparkassen und Volksbanken bewegen sich auch, aber zögerlicher. Kreditfonds finanzieren in der Regel Immobilien in Sondersituationen – also Projektentwicklungen, Grundstücksankäufe oder Value-Add-Objekte. Deutschland hinkt beim Thema Real Estate Debt hinterher. In den USA und auch im Vereinigten Königreich ist das Segment schon seit Jahren etabliert.

Dies sind die Kernergebnisse der Online-Pressekonferenz „Run auf Real Estate Debt – Warum Institutionelle aktuell auf diese Assetklasse setzen“, an der Dr. Steffen Hartmann, Abteilungsleiter Transactions & Strategy Real Assets bei Helaba Invest, Jan von Graffen, Geschäftsführer BF.capital, Manuel Köppel, ebenfalls Geschäftsführer BF.capital, sowie Thomas Gütle, Geschäftsführender Gesellschafter bei Primera Advisors, teilnahmen. Zunächst schildert Dr. Steffen Hartmann die Veränderungen im Verhalten der Banken in den vergangenen Jahren:

Bereits nach der Finanzkrise 2007/2008 haben die Banken die Beleihungsausläufe von Seniortranchen von 80 bis 90 Prozent auf bis zu 60 Prozent des Immobilienwertes reduziert. Die Folgen der Corona-Pandemie sowie weiter zunehmende Regulierung der Banken lassen eine weitere Reduzierung der Beleihungsausläufe auf 50 bis 55 Prozent erwarten. Diese Finanzierungslücke muss durch alternative Kapitalgeber, zum Beispiel Real Estate Private Debt Funds, gefüllt werden.

So ist Real Estate Debt innerhalb der Immobilienportfolios institutioneller Investor*innen seit 2012 mit einem durchschnittlichen jährlichen Plus von rund 20 Prozent auch das größte Wachstumsfeld, wenngleich auch von einem vergleichsweise niedrigen Niveau kommend. Der Fokus liegt dabei vielfach auf den Segmenten Whole-Loan und Mezzanine. Zu den Renditen sagt Hartmann:

Die Renditen hängen natürlich stark von der Strategie der Fonds ab. Im Median liegen die IRRs (Internal Rate of Return) bei knapp zwei Prozent im Senior-Bereich, bei rund sechs Prozent im Whole-Loan-Bereich und bei über acht Prozent im Mezzanine- beziehungsweise Preferred-Equity-Segment.

Real Estate Debt ist ein Ausweg für volle Immobilienquoten

Jan von Graffen, der in seiner Laufbahn 16 Jahre für institutionelle Häuser tätig war, geht in der Folge auf die Situation der Profi-Investor*innen ein. Auch er beobachtet seit circa zwei Jahren ein deutliches Anziehen der Investitionen in die Asset-Klasse. Von Graffen sagt:

Während Versorgungswerke und Pensionskassen bereits früher offen für Real Estate Debt waren, ziehen die Versicherungen seit etwa 24 Monaten nach. Auch Sparkassen und Volksbanken nähern sich dem Thema – wenn auch mit mehr Zurückhaltung.

Zu den Motiven der Investoren sagt von Graffen: der Hauptgrund für die Hinwendung zu Real Estate Debt sei das Niedrigzinsumfeld und die Suche nach Rendite. Aber es gebe auch andere Gründe wie den im Vergleich zu Eigenkapitalfonds schnelleren Kapitalabruf. Hinzu komme: Real Estate Debt fällt nicht in die aufsichtsrechtliche Immobilienquote. Diese ist nämlich bei vielen Investor*innen bereits voll. Real Estate Debt werde regulatorisch wie ein Fixed-Income-Produkt behandelt. Manuel Köppel, verantwortlich für die Kreditfonds der BF.capital, berichtet aus der Praxis, dass für Kreditfonds die klassische Bestandfinanzierung meist nicht attraktiv sei. Er weiß:

Interessant sind dagegen Wertschöpfungs- und Sondersituationen wie beispielsweise Ankaufsfinanzierungen, Projektentwicklungen mit gesichertem, aber entwicklungsfähigem Baurecht oder Value-Add-Objekte mit größeren Leerständen. Debt Funds können in solchen Situationen häufig schneller und flexibler als Banken agieren.

Mit welchen Mechanismen Debt Funds ihr ausgereichtes Kapital absichern, erklärt Köppel: In der Regel werde eine nachrangige Grundschuld eingetragen, und die Anteile an der Objektgesellschaft werden verpfändet. Des Weiteren werden Covenants vereinbart, die im Fall von Abweichungen bei der Projektentwicklung ein frühzeitiges Eingreifen erlauben. Wichtig sei außerdem ein Intercreditor-Agreement, das die Zusammenarbeit mit dem Senior-Kreditgeber regelt.

In den USA und im Vereinigten Königreich ist Real Estate Debt schon lange etabliert

In den USA ist Real Estate Debt seit Jahrzehnten eine etablierte Assetklasse, erklärt Thomas Gütle. Der Marktanteil nicht bankgebundener Kreditgeber sei dort viermal höher als in Europa. In Europa sei der Markt im Vereinigten Königreich am weitesten fortgeschritten. Dort sei der Anteil nicht bankgebundener Kreditgeber*innen zweieinhalbmal so hoch wie im restlichen Europa. Die große Mehrheit der Marktteilnehmer*innen erwarte, dass die Entwicklung in Kontinentaleuropa nachziehe, da die Banken ihr Immobiliengeschäft weiter reduzieren und alternative Kreditgeber ihren Marktanteil im Gegenzug weiter ausbauen. Gütle berichtet weiter:

Wenn sich deutsche institutionelle Investoren für ausländische Immobilienkreditfonds entscheiden, dann bevorzugen sie im ersten Schritt meist diversifizierte Produkte, die in mehreren europäischen Ländern und über verschiedene Sektoren hinweg investieren.

Dabei sei es wichtig, Manager*innen auszuwählen, die umfassende Expertise im Debt- und Immobilienbereich mitbringen sowie über ein gutes direktes Deal-Sourcing-Netzwerk verfügen, schließt Gütle.

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