Deutsche Finanzbranche glaubt nicht an eine kurzfristige Normalisierung der Inflationsraten und fordert Ausstieg aus expansiver Geldpolitik. Die Inflationsrate liegt in Deutschland derzeit bei circa 4 Prozent, in der Eurozone bei circa 3 Prozent.
Es stellt sich die Frage, ob die seit Jahren sehr expansive Geldpolitik der EZB nun zu dauerhaft steigenden Preisen führen wird oder ob es sich aufgrund von Sonderfaktoren (zum Beispiel temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer) um eine vorübergehende Erscheinung handelt.
Manche Marktbeobachter rechnen mit einer Normalisierung der Inflationsrate im Laufe des ersten Halbjahres 2022 auf circa 2 Prozent.
Möglichkeit einer drohenden Stagflation
Andere Marktbeobachter rechnen nicht mit einer kurzfristigen Normalisierung, sondern verweisen auf die stark steigenden Energiepreise, steigende Preise bei Nahrungsmitteln und steigende Erzeugerpreise aufgrund von Lieferengpässen. Zuweilen macht sogar das Schreckgespenst einer drohenden Stagflation (gleichzeitiges Auftreten von wirtschaftlicher Stagnation und Inflation) die Runde.
Die EZB hat angekündigt, dass die Nettoankäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP), das einen Gesamtumfang von 1850 Milliarden Euro hat, mindestens bis Ende März 2022 fortgesetzt werden.
Mehrheit sieht keine schnelle Normalisierung der Inflationsrate
Bei einer vom CFS durchgeführten Umfrage unter Fach- und Führungskräften zum Thema Inflation ergab sich ein überraschend eindeutiges Bild. 72 Prozent der Befragten rechnen nicht mit einer Normalisierung der Inflationsrate auf circa 2 Prozent bis Mitte des kommenden Jahres.
Entsprechend sind 87,7 Prozent der Panel-Teilnehmer der Auffassung, dass die EZB aus ihrer expansiven Geldpolitik aussteigen sollte. Sogar 88,7 Prozent der Befragten halten es für geboten, dass die EZB zeitnah eine moderate Erhöhung der Leitzinsen vornimmt.
Prof. Volker Brühl vom Center for Financial Studies findet:
Die Forderung nach einem Ende der expansiven Geldpolitik wird von einer überwältigenden Mehrheit der Marktteilnehmer gefordert. Dies sollte die EZB zur Kenntnis nehmen. Denn die Märkte haben ein feines Gespür dafür, wann eine Überhitzung der Märkte droht.
Forderung nach Abschaffung der Negativzinsen
Die Gefahr einer Stagflation – also das gleichzeitige Auftreten einer stagnierenden bis rückläufigen Wirtschaft bei gleichzeitiger Inflation – wird immerhin von 58,7 Prozent der Befragten gesehen, während 40,6 Prozent dieses Risiko nicht sehen.
Eindeutig ist auch die Forderung nach einer Abschaffung der negativen Zinsen (derzeit -0,5 Prozent) auf Einlagen der Banken bei der EZB. Diese sollten nach Auffassung von 81,5 Prozent der Befragten abgeschafft werden, 15,4 Prozent sind für eine Beibehaltung. Nach Ansicht der überwältigenden Mehrheit der Marktteilnehmer sei es an der Zeit, das Ende der negativen Zinsen einzuläuten, erläutert FMF-Geschäftsführer Hubertus Väth.
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