Laut einer CFS-Umfrage zu „Neue Strategie der EZB“ sieht die deutsche Finanzbranche eine „grüne“ Komponente der Geldpolitik kritisch. Außerdem befürchtet die Mehrheit der Befragten, dass ein Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik immer schwieriger wird.
Bei der vom CFS durchgeführten Umfrage unter Fach- und Führungskräften zur neuen EZB-Strategie sind ca. 60 Prozent der Befragten der Meinung, dass die EZB an der bisherigen Zielgröße für die Inflationsrate von knapp 2 Prozent hätte festhalten sollen.
Etwa 37 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass die EZB temporär auch eine leicht höhere Inflationsrate akzeptieren sollte.
Skepsis gegenüber Klimaschutzaspekte
Außerdem lehnen 64 Prozent der Umfrage-Teilnehmer*innen ab, dass die EZB künftig eine „grüne“ Komponente in ihrer Geldpolitik (zum Beispiel durch den Ankauf von Green Bonds) verankert, 32 Prozent würden dies begrüßen.
Prof. Volker Brühl vom Center for Financial Studies erläutert:
„Es ist noch nicht abzusehen, in welcher Form die EZB künftig Klimaschutzaspekte bei ihren Entscheidungen berücksichtigt. Aber viele Marktteilnehmer sehen dies offenbar skeptisch. Die bisherige Kommunikation der EZB zum Thema Klimaschutzaspekte und Geldpolitik lässt viele Fragen offen und sollte zeitnah präzisiert werden.“
Ausstieg aus Niedrigzinspolitik ist problematisch
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Ankäufe von Staatsanleihen und der dauerhaft niedrigen Zinsen sieht die überwiegende Mehrheit der Befragten (83 Prozent) die Gefahr, dass ein Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik immer schwieriger wird, weil die Staaten auf die Ankäufe ihrer Anleihen und niedrige Zinsen angewiesen sind.
Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance, führt aus:
„Bei einer Inflation, die über dem vorgegebenen Ziel liegt, sollte der EZB künftig die Möglichkeit eingeräumt werden, Anleihekäufe auch wieder zurückfahren zu können, um somit Zinsen erhöhen zu können und der steigenden Inflation entgegenzuwirken. Zudem sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass beim Anleihekaufprogramm eine Dominanz von Papieren klimaschädlicher Unternehmen vermieden wird und stattdessen klimafreundliche Investitionen gefördert werden.“
Hintergrund der Umfrage ist die vom EZB-Rat verabschiedete neue geldpolitische Strategie am 8. Juli 2021. Diese sieht ein symmetrisches mittelfristiges Inflationsziel von 2 Prozent vor, das heißt negative Abweichungen von diesem Zielwert sind ebenso unerwünscht wie positive.
Wenn jedoch die nominalen Zinssätze in der Nähe ihrer effektiven Untergrenze liegen sollten, seien besonders kraftvolle oder lang anhaltende geldpolitische Maßnahmen nötig, um zu verhindern, dass sich negative Abweichungen vom Inflationsziel verfestigten.
Dies gehe unter Umständen damit einher, dass die Inflation vorübergehend leicht über dem Zielwert liege. Darüber hinaus hat die EZB angekündigt, innerhalb ihres Mandats Klimaschutzaspekte in ihren geldpolitischen Handlungsrahmen einzubeziehen. Dazu wurde ein umfangreicher Maßnahmenplan verabschiedet.
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