Gestiegene Kontoführungsgebühren, neue Richtlinien für Datenerhebungen oder Änderungen der Depots: In den letzten Jahren haben sich Banken deutschlandweit bestimmte Klauseln ihrer AGB zunutze gemacht, um Vertragsanpassungen vorzunehmen.
Zwar informierten die Geldinstitute ihre Kunden schriftlich über anstehende Maßnahmen, zugleich sind sie jedoch bei einem ausbleibenden Widerspruch automatisch von einer Zustimmung ausgegangen. Unberechtigterweise, wie der Bundesgerichtshof nun in einem Verfahren gegen die Postbank (AZ: XI ZR 26/20) urteilte.
Doch was bedeutet das Urteil für Kunden anderer Kreditinstitute? Wie erkennen Kontoinhaber, ob sie betroffen sind? Und wie machen Geschädigte ihren Anspruch auf zu Unrecht gezahlte Gebühren geltend?
Markus Mingers, Anwalt für Bankrecht und Verbraucherrecht, Gründer und Inhaber der Mingers.Rechtsanwaltsgesellschaft, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um fälschlicherweise zu viel gezahlte Bankgebühren.
Gilt das BGH-Urteil für andere Geldinstitute?
Der Urteilsspruch richtet sich zwar allein gegen die Postbank, dennoch dürfte die Entscheidung die gesamte Branche beeinflussen. Denn für Kunden, die Konten bei anderen Geldinstituten besitzen, sollten sich ähnliche Optionen ergeben. Markus Mingers erklärt:
Das bedeutet: Liegt de facto keine Zustimmung von Kundenseite vor, könnten Forderungen gegenüber der Bank gestellt werden.
Ob und wie erfolgreich ein solches Unterfangen sei, hänge von den jeweiligen Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ab. Nichtsdestotrotz kann es sich lohnen, zu prüfen, ob eigene Ansprüche Bestand haben.
Besteht eine Verjährungsfrist?
Um potenzielle Rückerstattungen zu erhalten, gelte es, die Verjährungsfristen einzuhalten. Wie diese Zeiträume konkret ausfallen, stehe bisher nicht fest, da sie je nach Rechtsauffassung variieren könnten.
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale gehe beispielsweise von zehn Jahren aus. Unabhängig davon dürften Rückforderungen eine Gültigkeit für die letzten 36 Monate besitzen. Für 2021 bedeute das: Ansprüche könnten bis einschließlich 2018 geltend gemacht werden, so Mingers.
Wie setzen Geschädigte Rückforderungen durch?
Wer in den vergangenen Jahren Erhöhungen und Co. einfach hinnahm, könne dementsprechend von unzulässigen Änderungen betroffen sein, so der Anwalt. Mithilfe der AGB des jeweiligen Kreditinstituts lasse sich prüfen, ob Klauseln denen der Postbank ähneln.
Dort müsste unter anderem geschrieben stehen, dass Anpassungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen den Kunden zwei Monate vor Änderung schriftlich zuteilwurden. Mingers betont weiter:
Es sollten die Inhalte darauf hinweisen, dass eine Zustimmung vorliegt, wenn Kunden innerhalb der festgelegten Frist keinen Widerspruch eingelegt haben.
Zusätzlich müsse es einen Verweis auf die Möglichkeit einer Sonderkündigung geben. Falls das eigene Kreditinstitut entsprechende Klauseln bereits entfernt habe, ändere dies nichts am Sachverhalt. Betroffenen stehe auch weiterhin fälschlicherweise zu viel gezahltes Geld zu.
Juristischen Rat würden Geschädigte von spezialisierten Kanzleien erhalten. Diese würden nicht nur Vertragsinhalte und deren Änderungen prüfen, sondern zugleich die veranschlagten Kontoführungsgebühren berechnen und sich anschließend für die Rechte ihrer Mandanten einsetzen, betont Mingers.
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