„Softwarelizenzen“: Die Rechte der Versicherungsmakler

Versicherungsmakler sind Sachwalter ihrer Kunden. Das bedeutet, sie leisten für diese deutlich mehr als nur die bloße Vermittlung von Versicherungsverträgen.

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I. Einleitung

Zu ihren weitläufigen Pflichten gehört in aller Regel auch die umfassende Betreuung von bereits geschlossenen Versicherungsverträgen.

Unter anderem muss Korrespondenz abgewickelt und dokumentiert werden, Anpassungsbedarf muss auf Grundlage von Risikoanalysen ermittelt werden. (BGH, Urteil vom 22.05.1985, BGHZ 94, 356, 358.) Für diese anspruchsvolle Tätigkeit bedienen sich viele Makler einer speziell für diese Zwecke konzipierten Software.

Das bedeutet, dass der Softwareanbieter einerseits eine essenzielle, verantwortungsvolle Tätigkeit unterstützt, und andererseits, dass Makler von der Software und deren Anbieter abhängig sind. Der Wechsel eines Anbieters bedeutet eine zeit- und kostspielige Migration von Daten, sodass auch ein rechtlich bestehendes Loslösungsrecht des Maklers unattraktiv sein kann.

Darüber hinaus kann ein Ausfall der Verwaltungssoftware erhebliche Gewinneinbußen bedeuten, weil eine wichtige Arbeitsgrundlage fehlt oder Personal sich der nicht funktionierenden Software widmen muss.

Was geschieht also, wenn die Softwareüberlassung nicht so läuft, wie sie laufen soll? Dieser Beitrag gibt dem Makler einen kleinen, praktischen Leitfaden an die Hand, für den Fall, dass der Anbieter seiner Software für die Vertragsbetreuung nicht ordnungsgemäß leistet.

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Stephan Michaelis, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

II.  Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags („Lizenz“)

Die Frage, welche Rechte dem Makler bei Schlechtleistung des Softwaregebers zustehen, kann nur beantwortet werden, indem die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags bestimmt wird. Das jeweils anwendbare Mängelgewährleistungsrecht richtet sich nach dem jeweiligen Vertragstypus. (BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.)

Auch wenn die Parteien individuell oder per AGB bestimmte Mängelgewährleistungsrechte vereinbart haben, wird diese Vereinbarung dann durch das jeweilige gesetzlich anwendbare Gewährleistungsrecht überlagert.

In der Praxis wird der Softwareüberlassungsvertrag oftmals (fälschlicherweise) als „Lizenzvertrag“ bezeichnet und die jeweiligen Parteien als „Lizenznehmer“ und „Lizenzgeber“. (Dies ist oftmals ein untauglicher Versuch, Gewährleistungspflichten über das Lizenzvertragsrecht zu umgehen, Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 453, Rn. 53.) Dies trifft aber nicht unbedingt eine Aussage über die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags. Entscheidend ist vielmehr, welchem Vertragstypus die Hauptpflichten des Vertrags entsprechen.

Hierbei ist der tatsächlich gewollte technisch-wirtschaftliche Leistungsinhalt maßgeblich. (Quelle: BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395; Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 453, Rn. 53 m. w. N.) Dabei ist zunächst entscheidend, ob es sich bei der überlassenen Software um „Standardsoftware“ oder um „Individualsoftware“ handelt.

Individualsoftware wird eigens für den Kunden erstellt. Standardsoftware ist hingegen nicht individuell angefertigt. (BGH, Urteil vom 04.11.1987, NJW 1988, 406, 407 f.) Programme für die Betreuung von Kunden des Versicherungsmaklers sind in der Regel standardisiert und werden nicht eigens für den jeweiligen Makler erstellt.

Dem Marktstandard entsprechend wird zugrunde gelegt, dass es sich bei dem Softwareüberlassungsvertrag des Maklers um einen Vertrag über Standardsoftware handelt.

Sofern die Software dauerhaft und nicht nur auf Zeit überlassen wird, ist die Softwareüberlassung als Kaufvertrag gemäß § 433 BGB einzuordnen. In diesem Fall richten sich die Mängelgewährleistungsansprüche des Maklers nach § 433 ff. BGB (BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.).

Wenn die Software hingegen nur auf Zeit überlassen wird, ist der Softwareüberlassungsvertrag als Mietvertrag gemäß § 535 BGB einzustufen. Dann gilt grundsätzlich das mietvertragliche Mängelgewährleistungsrecht nach §§ 535 ff. BGB (BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.).

Merke also: Wird die Software endgültig und dauerhaft überlassen, dann liegt grundsätzlich ein Kaufvertrag vor. Wird die Software nur auf Zeit überlassen, liegt grundsätzlich ein Mietvertrag vor.

In der Praxis findet sich sowohl die dauerhafte als auch die temporäre Überlassung von Software an den Makler. Daher soll für beide Fälle dargestellt werden, welche Rechte dem Makler im Falle der Leistungsstörung zustehen:

III. Leistungsstörung bei dauerhafter Softwareüberlassung (Kaufvertrag)

1.Mangelbegriff

Damit dem Makler Mängelgewährleistungsrechte zustehen, muss die an den Makler überlassene Software mangelhaft sein, im Sinne von § 434 BGB. In der Praxis wird meist eine Leistungsbeschreibung des Programms („Pflichtenheft“) vereinbart, die den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch konkretisiert. Kann die Software die dort beschriebenen Leistungen nicht erfüllen, liegt ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB vor. Aber auch wenn die Softwareleistungen darüber hinaus nicht den marktüblichen Mindeststandards entspricht, kann ein Mangel vorliegen, gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB (Für einen Überblick über potenzielle Mängel siehe Matusche-Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 434, Rn. 238 ff.).

Wichtig für den Makler ist, dass er in der Regel einer Rügepflicht nach § 377 HGB unterliegt. Er hat den Mangel unverzüglich beim Softwareverkäufer anzuzeigen. Dabei hat er genau zu beschreiben, was an der Software nicht funktioniert („Fehlerbild“) (OLG Köln, Urteil vom 18.08.1997, NJW-RR 1998, 1274.). Ansonsten droht der Verlust der Mängelgewährleistungsrechte!

Merke also: Jeder Mangel, der bei gekaufter Software auftritt, sollte unverzüglich dem Verkäufer mit einer konkreten Beschreibung angezeigt werden!

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels liegt grundsätzlich beim Makler. Ihn trifft auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mangel von der Software des Softwaregebers verursacht wird. Eine konkrete Ursache muss er dabei aber nicht benennen (BGH, Urteil vom 03.12.1998, NJW 1999, 1330; Zahrnt, NJW 2002, 1531.). Im Prozess wird eine für das Gericht verständliche Fehlerauflistung erwartet, die so konkret ist, dass eine Beweisaufnahme angeordnet werden kann. Ein Gutachter muss anhand der Beschreibung prüfen können, ob ein Fehler der Software oder der Bedienung vorliegt (Zahrnt, NJW 2002, 1531 m. w. N.).

Merke also: Im Gerichtsprozess ist jeder Mangel so konkret wie möglich aufzulisten. Es muss zudem zumindest behauptet werden können, dass die Software die Ursache des Mangels ist.

2. Nacherfüllung

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB kann der Makler nach seiner Wahl vom Softwareverkäufer Nachbesserung oder Nachlieferung verlangen.

3. Rücktritt und Minderung

Kommt der Verkäufer seiner Verpflichtung zur Nachbesserung nicht innerhalb einer vom Makler gesetzten angemessenen Frist nach, kann dieser vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, gemäß §§ 437 Nr. 2, 323, 441 BGB.

Merke also: Wenn ein Mangel vorliegt, sollte dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Das sichert weitere Rechte.

Soweit die Nacherfüllung unmöglich ist, kann ohne Fristsetzung vom Vertrag zurückgetreten werden, §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB. Im Falle des Rücktritts ist die Software nach Maßgabe des § 346 BGB an den Verkäufer zurückzugewähren und der Kaufpreis an den Makler zurückzuzahlen.

4. Schadenersatz

Sofern der Softwareverkäufer den Mangel zu vertreten hat, kann der Makler Schadenersatz verlangen. Dieser umfasst auch einen Nutzungsausfall für die Software, der dadurch entsteht, dass diese aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit nicht wirtschaftlich eingesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 19.6.2009, NJW 2009, 2674.).

5. Abweichende Vereinbarungen/AGB

In AGB können die Gewährleistungsrechte gegenüber dem Makler nicht voll ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 18.01.1989, NJW-RR 1989, 625.). Insofern besteht eine jeweilige Restunsicherheit, wann die Grenze des Zulässigen überschritten ist.

IV. Leistungsstörung bei Softwareüberlassung auf Zeit (Mietvertrag)

Der Vermieter muss die Software während der Mietdauer in einem brauchbaren Zustand halten. Ist die Software mangelhaft, kann der Makler Gewährleistungsrechte nach §§ 535 ff. BGB geltend machen.

1. Mangel

Die Mängelgewährleistung setzt voraus, dass ein Mangel der Mietsache nach § 536 BGB vorliegt. Dieser liegt bei der Abweichung der Ist-Beschaffenheit der Mietsache von ihrer Soll-Beschaffenheit vor. Allgemein gilt hier wie beim Softwarekauf, dass die Leistungsbeschreibung der Software im „Pflichtenheft“ für die Soll-Beschaffenheit maßgeblich ist. Zudem ist der Mindeststandard maßgeblich, der marktüblich erwartet werden kann (Wegner/Kummermehr/Kröger/Sternemann/Zittel, 3. Auflage 2018, FormularBibliothek Vertragsgestaltung, § 2 Verträge über die Überlassung von Standardsoftware, Rn. 28.).

Auch bei der Softwaremiete ist eine unverzügliche Anzeige von Mängeln gegenüber dem Vermieter erforderlich, gemäß § 536c Abs. 1 BGB. Ansonsten droht der Verlust von Mängelrechten beim Makler. Hier gilt das zum Kaufvertrag Gesagte.

Merke also: Auch bei der Miete von Software sollte jeder Mangel unverzüglich dem Verkäufer mit einer konkreten Beschreibung angezeigt werden!

Wird darüber gestritten, ob die Software seit Übergabe an den Makler einen Mangel aufweist, trägt grundsätzlich der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit der Software. Sobald der Makler die Software aber als Erfüllung angenommen hat, geht die Darlegungs- und Beweislast auf ihn über.

Der Makler muss dann beweisen, dass die Software mangelhaft ist. Die Annahme als Erfüllung liegt vor, wenn der Mieter durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Mietsache als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Nach Rechtsprechung des BGH ist dies jedenfalls der Fall, wenn die Software über mehrere Monate ohne Mängelrüge genutzt wird (BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.).

Merke also: Wurde die Software mehrere Monate ohne Mängelrüge genutzt, ist der Makler darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen eines Mangels. Diese Pflicht muss im Prozess durch eine konkrete, verständliche Auflistung/Bezeichnung der Mängel gegenüber dem Gericht erfüllt werden.

Macht der Makler einen Mangel geltend, der nach Übergabe der Software aufgetreten sein soll, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

2. Nachbesserung

Gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache zu erhalten. Der Makler kann also bei Mängeln Nachbesserung der Software verlangen. Für den Fall, dass der Softwarevermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug gerät, kann der Makler gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB den Mangel selbst beseitigen (lassen) und die dafür erforderlichen Aufwendungen vom Vermieter ersetzt verlangen.

3. Minderung

Gemäß § 536 BGB kann der Makler für den Zeitraum, in dem die Tauglichkeit der Software durch den Mangel beeinträchtigt ist, je nach Grad der Schwere mindern.

4. Kündigung

Dem Makler steht gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu, wenn erhebliche Mängel trotz Feststellung und entsprechender Androhung nicht beseitigt werden.

5. Schadenersatz

Gemäß § 536a Abs. 1 BGB haftet der Vermieter für anfängliche Mängel verschuldensunabhängig und für nachträgliche Mängel, soweit er sie zu vertreten hat. Soweit ein Anspruch auf Schadenersatz besteht, umfasst dieser auch den entgangenen Gewinn des Maklers, gemäß § 252 BGB (BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.1998, NZM 1998, 666.). Dies beinhaltet auch angemessene Kosten für die Beschaffung von Ersatzleistungen. Zudem kann bei mangelbedingter Kündigung ein Kündigungsfolgeschaden geltend gemacht werden. Das bedeutet, es müssen die Kosten ersetzt werden, die dadurch entstehen, dass aufgrund der mangelbedingten Kündigung Ersatz beschafft werden muss (BGH, Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15 juris.).

6. Abweichende Vereinbarungen/AGB

Anders als im Kaufrecht kann der Vermieter die Mängelrechte des Mieters individualvertraglich weitgehend ausschließen. Dies geht im Rahmen von AGB jedoch nur in den Grenzen des § 307 Abs. 1 BGB. Ein vollständiger Ausschluss ist unzulässig. Beachtlich ist die sogenannte „Kardinalspflichten“-Rechtsprechung des BGH: Bei Hauptpflichten des Vertrags ist die Haftungsbeschränkung durch AGB auf grobe Fahrlässigkeit unwirksam. Das bedeutet, dass Schadenersatz wegen mangelhafter Software nicht durch AGB auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt werden darf (BGH, Rechtsentscheid vom 24.10.2001, NZM 2002, 116.).

Die verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters nach § 536a Abs. 1 BGB kann per AGB abbedungen werden (GH, Urteil vom 26.02.1992, WuM 1992, 316.).

Behält sich der Vermieter vertraglich ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall vor, dass die Mängelbeseitigung „mit zumutbarem Aufwand nicht möglich ist“, liegt darin ein an sich mietrechtsfremder Passus. Im Werkvertragsrecht existiert jedoch mit § 633 Abs. 2 BGB ein vergleichbarer Gesetzeswortlaut. Zur Konkretisierung lässt sich also gegebenenfalls auf die zugehörige Rechtsprechung zurückgreifen.

Eine Unzumutbarkeit läge demnach dann vor, wenn der Aufwand des Unternehmers zur Beseitigung der Mängel in keinem Verhältnis zu dem mit der Beseitigung der Mängel erzielbaren Erfolg stünde. In einem etwaigen Prozess müsste der Vermieter die Unzumutbarkeit darlegen und beweisen.

V. Fazit

Wenn die Software nicht funktioniert, kann auch der Versicherungsmakler nicht vernünftig arbeiten. Egal, ob die Rechtsnatur aus dem Kaufvertragsrecht heranzuziehen ist oder aus dem Mietrecht, ein Versicherungsmakler verfügt über weitreichende rechtliche Ansprüche.

Wichtig ist die unverzügliche Mängelrüge und die genaue Dokumentation der Softwarefehler.

Natürlich ist es für den Versicherungsmakler das Wichtigste, dass die Software funktioniert. Trotz vieler einschränkender Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Softwareanbieter verfügt der Versicherungsmakler trotzdem über weitreichende Rechte!

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