Herausforderung Social Media: Versicherer und Krankenkassen tun sich noch schwer
In der Trendstudie „Dos & Dont´s für Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Medien“ hat HEUTE UND MORGEN das aktuelle Social-Media-Verhalten der Bundesbürger untersucht und herausgefunden, dass Social-Media-Inhalte oft noch als langweilig, unpassend oder unsympathisch empfunden werden.
Durch die Corona-Pandemie verbringt jeder zweite Erwachsene noch mehr Zeit in den sozialen Medien. Bei den unter 30-Jährigen sind dies sogar zwei Drittel.
Dies bedeutet für Versicherer und Krankenkassen zusätzliche Potenziale für das Marketing und die Zielgruppenansprache. Aber nur, wenn dabei wichtige Spielregeln und unterschiedliche Erwartungen und Vorlieben der Nutzer beachtet werden.
Wer nutzt welche sozialen Netzwerke?
Die meistgenutzten sozialen Medien der Erwachsenen in Deutschland sind derzeit YouTube (mindestens wöchentliche Nutzung: 72 Prozent), Facebook (59 Prozent) und Instagram (44 Prozent).
Mittlerweile hat bei den unter 30-Jährigen Instagram Facebook den Rang abgelaufen. So nutzen 82 Prozent Instagram mindestens einmal in der Woche, 77 Prozent sogar täglich. Bei Facebook sind 54 Prozent wöchentliche und 42 Prozent tägliche Nutzer. Häufiger als vor zwei Jahren werden vor allem TikTok, Instagram und Twitch genutzt; Facebook und Snapchat hingegen seltener.
Wenn sich die Nutzer für ein einzelnes soziales Netzwerk entscheiden müssten, favorisieren die meisten YouTube (39 Prozent), gefolgt von Facebook (24 Prozent) und Instagram (21 Prozent). Die meiste Zeit verbringen die Nutzer in solchen sozialen Netzwerken, deren Fokus auf Bewegtbildformaten liegt.
Männer nutzen soziale Netzwerke im Allgemeinen länger als Frauen. Plattformdifferenziert sind männliche Nutzer länger bei Twitch, YouTube und Twitter aktiv, während Frauen signifikant mehr Zeit auf Instagram und Facebook verbringen.
Worauf sollten Versicherer und Krankenkassen in sozialen Medien besonders achten?
Grundsätzlich erwartet mittlerweile jeder dritte erwachsene Social-Media-Nutzer, dass Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Medien präsent und aktiv sind – insbesondere auf Facebook (39 Prozent) und Instagram (24 Prozent). Punkten lässt sich dabei vor allem mit interessanten Videos und Bildern.
Viele Nutzer finden es zudem gut, wenn Versicherer und Krankenkassen mit ihren Postings eine erkennbare „Haltung“ zeigen.
Lifehacks und DIY-Tipps der Anbieter findet jeder dritte Social-Media-Nutzer inspirierend. Die Teilnahme an Hashtag-Challenges wirkt auf jeden Fünften sympathisch. Postings, die einen direkten Bezug zum Unternehmen aufweisen und dem Nutzer einen Mehrwert bieten, werden interessanter und sympathischer bewertet – und bleiben eher im Gedächtnis – als solche ohne direkten Unternehmensbezug und ohne Interaktionsangebote.
Dabei kommen Social-Media-Kampagnen von Krankenkassen und Versicherern insgesamt deutlich besser an als Einzel-Postings.
Weil Instagram und Facebook nicht dafür ausgelegt sind, ausführliche Texte zu schreiben oder längere Videos zu zeigen, aber sehr beliebte und häufig genutzte Plattformen sind, empfiehlt sich bei Produkten und Dienstleistungen mit hohem Erklärungsbedarf, auch vertiefende YouTube-Videos und Blogartikel zu integrieren. Durch einen intelligenten Mix verschiedener Social-Media-Plattformen lassen sich so gute Synergieeffekte nutzen.
Tanja Höllger, Geschäftsführerin bei HEUTE UND MORGEN, sagt:
„Insgesamt sollten sich Versicherer und Krankenkassen stärker und spezifischer in ihre Zielgruppen hineinversetzen. Bisher ist dies noch zu wenig der Fall.“
Grundproblem: Langweile und unpassende Inhalte
Die Social-Media-Aktivitäten von Versicherern und Krankenkassen sind bisher häufig noch langweilig oder unpassend – hier sind sich viele Social-Media-Nutzer unabhängig von Alter, Geschlecht oder Umfang der Social-Media-Nutzung einig.
In besonderem Maße gilt dies für die Postings der Versicherer (46 Prozent), die noch langweiliger beurteilt werden als die der Krankenkassen (35 Prozent).
Birgit Menzen, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN, dazu:
„Damit sich dies ändert, sollten die Inhalte deutlich besser und nachhaltiger auf die Besonderheiten der sozialen Medien und auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten werden.“
Nutzer-Test: Postings einzelner Versicherer und Krankenkassen
Insgesamt wurden 28 aktuellen Einzel-Postings und Kampagnen der Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Netzwerken (mit und ohne Corona-Bezug) beim Nutzer-Test analysiert. Hierbei zeigt sich in der Gesamtbetrachtung noch deutlich Luft nach oben: So ist beispielsweise die Bereitschaft, die Postings zu liken, zu teilen und zu kommentieren insgesamt eher schwach ausgeprägt.
Kampagnen, die die Interaktion mit der Zielgruppe in den Vordergrund stellen (Community-Austausch, Zusammenarbeit), und nicht austauschbaren Content mit persönlichem Mehrwert bieten, stiften weit größere positive Resonanz und können stärker aktivieren als reine Produktwerbung oder Inhalte, die wenig Neues und Eigenständigkeit aufweisen.
Positiv sticht insbesondere die Kampagne der Techniker Krankenkasse (#tkdeutschlandreise) hervor; bei den Versicherern überzeugt am ehesten noch die R+V (#dubistnichtallein). Zahlreiche Postings und Kampagnen anderer Unternehmen kommen bei den Nutzern hingegen nicht wirklich gut an.
Tanja Höllger sagt:
„Das Verständnis von Versicherern und Krankenkassen sollte weiterwachsen, dass die sozialen Medien ein Weg zum dauerhaften Aufbau signifikanter Beziehungen sein können – nicht nur ein bloßer ´Werbekanal´ oder eine nebenbei zu gestaltende Spielwiese. Gutes Content- und Influencer-Marketing gleicht gerade diesen Branchen mehr einem Marathonlauf denn einem Sprintprojekt.“
Social-Media-Posts zu Corona
Bei dem Thema „Corona“ gilt, dass Werbung, die dem subjektiven Eindruck nach auf Kosten beziehungsweise unter Nutzung der Angst vor Covid-19 erfolgt (gewollt oder ungewollt), stößt bei sehr vielen Nutzern auf Ablehnung. Mehr als jeder zweite Bundesbürger findet dies bei Versicherern (56 Prozent) und Krankenkassen (51 Prozent) ausdrücklich als abschreckend.
Allerdings zeigen sich die Social-Media-Nutzer im Umgang mit Beiträgen zu Corona generell sehr aktiv: 39 Prozent haben bereits Beiträge rund um Corona gelikt, 31 Prozent einen Beitrag geteilt, 26 Prozent einen Beitrag kommentiert und 15 Prozent sogar selbst etwas zum Thema Corona gepostet.
Bei nicht-werblicher Ausrichtung und mehrwertorientiert eignet sich also auch dieses Thema für Versicherer und Krankenkassen um mit ihren Kunden und Zielgruppen in Interaktion zu treten.
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