Flug verpasst: Entschädigung bei „Rail & Fly“

Ein Reisender hat Anspruch auf Ersatz zusätzlicher Reisekosten vom Reiseveranstalter, wenn er den Flug aufgrund einer Verspätung des Zuges verpasst und der Bahntransfer mittels „Rail & Fly“ Inhalt des Reisevertrages geworden ist. Dies urteilte das Landgericht Frankfurt am Main.

(PDF)
Flugzeug_Hand_92361553_FO_franz massardFlugzeug_Hand_92361553_FO_franz massardfranz massard / fotolia.com

Der Kläger buchte für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Thailand. Im Reisevertrag mit dem beklagten Reiseveranstalter war die Beförderung zum Flughafen Frankfurt mit „Rail & Fly“ der Deutschen Bahn vereinbart. Der Abflug mit Qatar-Airways sollte am Anreisetag um 15:40 Uhr ab Frankfurt erfolgen.

In der Buchungsbestätigung wurde empfohlen, sich mindestens drei Stunden vor Abflug am Check-In Schalter einzufinden. In den Reisedokumenten hieß es indes: „Abfertigung: Bitte finden Sie sich spätestens 120 Minuten vor Abflug am Qatar Airways-Schalter Ihres Abflughaftens ein.“

Familie verpasst Flug

Der Kläger wählte einen ICE, der 2 Stunden und 27 Minuten vor Abflug am Flughafen Frankfurt eintreffen sollte. Allerdings startete der Zug bereits mit einer Verspätung von 25 Minuten, die sich im Laufe der Fahrt erhöhte.

Zudem wurde vor Frankfurt den Reisenden mitgeteilt, dass der Zug wegen der Verspätung am Hauptbahnhof enden würde, so dass der Kläger die Weiterfahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr vornahm.

Letztendlich erreichten sie den erst 50 Minuten vor Abflug den Schalter. Da der Check-In-Vorgang bereits abgeschlossen war, wurde ihnen die Abfertigung verwehrt.

Die Familie war gehalten, zurück nach Göttingen zu fahren, weil an diesem Tag kein anderer Flug zur Verfügung stand. Am nächsten Tag konnte dann der Abflug erfolgen. Dafür musste der Kläger knapp 2.000 Euro aufwenden zuzüglich rund 200 Euro für die Rückfahrt nach Göttingen. Mit seiner Klage begehrte der Kläger Ersatz dieser zusätzlichen Reisekosten.

Reisemangel – Bahntransfer als Inhalt des Reisevertrages

Das Gericht urteilte, dass der beklagte Reiseveranstalter sich die Verspätung der Deutschen Bahn als Reisemangel zurechnen lassen muss. Denn der Bahntransfer mittels „Rail & Fly“ war Inhalt des Reisevertrages geworden. Mit diesem Angebot hat die Beklagte ihre reisevertraglichen Pflichten freiwillig erweitert.

Ihre Einstandspflicht hätte sie dadurch ausschließen können, dass sie nur die Kosten der Anreise (als Fremdleistung) übernommen hätte. Das hat sie nicht getan, sondern die Bahnfahrt als Teil der geschuldeten Reiseleistung angeboten. Sofern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorsahen, dass der Reisende für seine Anreise selbst verantwortlich sei, sei diese Klausel unwirksam.

10 Minuten Verspätung müssen eingerechnet werden

Laut Urteil kann ein Reisender zudem grundsätzlich auf die Einhaltung der Abfahrts- und Ankunftszeiten der Bahn vertrauen.

Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, er hat die Meldeschlusszeit nicht eingehalten. Denn die Buchungsbestätigung hat nur die Empfehlung beinhaltet, drei Stunden vor Abflug beim Check-In zu sein. Verbindlich war aus objektiver Sicht aber die Angabe gewesen, sich 120 Minuten vor Abflug am Schalter einzufinden.

Der Kläger hat auch nur solche Verzögerungen einplanen müssen, mit denen regelmäßig zu rechnen ist. Die Reiserechtskammer entschied, dass eine Zugverspätung von zehn Minuten einzukalkulieren ist. Bei dieser Planung wäre der verbliebene Zeitpuffer im vorliegenden Fall ausreichend gewesen, um rechtzeitig 120 Minuten vor Abflug am Abflugschalter anzukommen.

Urteil vom 13. November 2019 (Landgericht Frankfurt am Main, Az. 2-24 S 74/19)

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Mehr zum Thema

Forderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren, entschied das Bundesarbeitsgericht.moritz320 / pixabayForderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren, entschied das Bundesarbeitsgericht.moritz320 / pixabay
Urteile

Pensions-Sicherungs-Verein kann Forderungen 30 Jahre lang geltend machen

Forderungen des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV) in Insolvenzverfahren verjähren erst nach 30 Jahren. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Eine Verjährung nach drei Jahren, wie von einem Insolvenzverwalter gefordert, lehnten die Richter ab.

Nach Ansicht des Gerichts war die Regelung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer intransparent.Foto: PixabayNach Ansicht des Gerichts war die Regelung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer intransparent.Foto: Pixabay
Urteile

BGH: Automatische Beendigung einer D&O-Versicherung bei Insolvenz unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18. Dezember 2024 eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer D&O-Versicherung für unwirksam erklärt, die den Versicherungsschutz automatisch mit Ablauf der Versicherungsperiode bei Insolvenzantragstellung beendet.

Verbraucher, die von Kürzungen ihrer Riester-Rente betroffen sind, sollten ihren Versicherungsvertrag genau prüfen.Foto: AdobestockVerbraucher, die von Kürzungen ihrer Riester-Rente betroffen sind, sollten ihren Versicherungsvertrag genau prüfen.Foto: Adobestock
Urteile

Allianz unterliegt vor Gericht: Riester-Rente darf nicht gekürzt werden

Ein bedeutendes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart sorgt für Aufsehen in der Versicherungsbranche: Die Allianz Lebensversicherungs-AG darf eine umstrittene Klausel in ihren fondsgebundenen Riester-Rentenverträgen nicht mehr verwenden.

Das Gericht stellte fest, dass die Post-COVID-Beschwerden des Krankenpflegers zweifelsfrei im Zusammenhang mit seiner COVID-19-Infektion stehen, die während seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen erfolgte.Foto: AdobestockDas Gericht stellte fest, dass die Post-COVID-Beschwerden des Krankenpflegers zweifelsfrei im Zusammenhang mit seiner COVID-19-Infektion stehen, die während seiner Tätigkeit im Gesundheitswesen erfolgte.Foto: Adobestock
Urteile

Gericht stärkt Post-COVID-Erkrankte: Der Fall eines Krankenpflegers und seine Bedeutung

Ein Krankenpfleger aus Baden-Württemberg steht im Mittelpunkt eines Rechtsstreits, der weit über seinen persönlichen Fall hinaus Signalwirkung entfalten könnte. Der Mann leidet bis heute an schweren Langzeitfolgen. Dennoch verweigerte die Unfallkasse Baden-Württemberg ihm die Zahlung einer Verletztenrente.

Eine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.sanjayjena224 / pixabayEine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.sanjayjena224 / pixabay
Urteile

Fahrt zur Tankstelle zählt nicht als Arbeitsweg

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden: Eine Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg und fällt daher nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Fall verdeutlicht die Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Sphäre.

Die Klägerin argumentierte, die Erstattung der Steuerlast sei lediglich der Ersatz eines „Steuerschadens“ und daher nicht steuerpflichtig.Foto: Bundesfinanzhof/Andreas FockeDie Klägerin argumentierte, die Erstattung der Steuerlast sei lediglich der Ersatz eines „Steuerschadens“ und daher nicht steuerpflichtig.Foto: Bundesfinanzhof/Andreas Focke
Urteile

BFH: Verdienstausfallentschädigungen und Steuererstattungen sind steuerpflichtig

Geschädigte, die Verdienstausfallentschädigungen erhalten, müssen nicht nur diese Zahlungen, sondern auch die Erstattung der darauf entfallenden Steuerlast versteuern. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.