Handelsvertreter: Provisionszahlungen nach Krankheit genau regeln

Viele Gesellschaften ziehen nach einer Krankheit zur Errechnung der Folgeprovisionen die Ausfallzeit heran, was so zu einer Reduzierung der späteren Zahlungen führt.

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Diesem Sachverhalt begegnet Vertriebsrechtler Tim Banerjee von Banerjee & Kollegen in der Praxis immer wieder. Er kennt viele Fälle, in denen ein Handelsvertreter nach längerer Krankheit spürbare Gehaltseinbußen hinnehmen musste, weil die Gesellschaft die Ausfallzeit voll in die Kalkulation der Provisionen eingerechnet hat.

Tim Banerjee dazu:

„Daraus folgt aber die Problematik, dass Handelsvertreter zunächst nichts aufgrund der Krankheit verdienen und nach dem Wiedereinstieg erst einmal wesentlich schlechter gestellt sind als in der Vergangenheit. Der Handelsvertreter ist also gezwungen, die Krankheitszeit sozusagen ‚aufzuholen‘, obwohl seine historischen Zahlen möglicherweise sehr gut sind.“

Er betont, dass Handelsvertreter schon bei der Vertragsgestaltung darauf achten sollten, eine verträgliche Lösung zu finden und nicht auf alles einzugehen, was die Gesellschaft gerne hätte. Es ließen sich Regelungen finden, bei denen ein gesundheitlich bedingter Ausfall eben keine massiven Auswirkungen auf die späteren Provisionsabrechnungen habe.

Tim Banerjee sagt:

„Eine Krankheit darf kein Grund für eine spätere Provisionsreduzierung sein. Sollte es dazu kommen, sollten sich Handelsvertreter dies nicht gefallen lassen, sondern eine juristische Lösung anstreben. Bei einer Freistellung kann ein Handelsvertreter laut Bundesgerichtshof ja auch die ihm zustehenden Folgeprovisionen sowie eine monatliche Ausgleichszahlung erhalten. Da wird nichts gekürzt.“

Bei angestellten Handelsvertretern beziehungsweise Mitarbeitern mit Provisionsregelung kommt hinzu, dass sie einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben. Dabei gebe es nicht selten Streit darüber, in welchem Umfang dem vorübergehend abwesenden Vertriebsmitarbeiter Provisionszahlungen zustünden, stellt der Rechtsanwalt heraus. Es sei eindeutig im Entgeltfortzahlungsgesetz (EZFG) geregelt, dass die im Krankheitsfall zu zahlende Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip zu berechnen ist, ist darauf abzustellen, welche Provisionen der Arbeitnehmer verdient hätte, wäre er nicht erkrankt.

Hierzu enthält das Entgeltfortzahlungsgesetz eine auf erfolgsabhängige variable Vergütungsbestandteile zugeschnittene Sonderregel, wonach bei einer ergebnisabhängigen Vergütung der vom Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit „erzielbare Durchschnittsverdienst“, also der von ihm zu erzielende Provisionsdurchschnitt zugrunde zu legen ist. Daher sei laut dem Rechtsanwalt eine sachgerechte Schätzung der Provisionsansprüche unter Berücksichtigung vergangener Zeiträume vorzunehmen.

Tim Banerjee betont:

„Auch bei dieser Frage gilt, dass Mitarbeiter mit Provisionsregelungen sich nicht blind auf die Aussagen des Unternehmens verlassen, sondern eigene Berechnungen anstellen sollten. Und üblicherweise geht es ja auch bei ihnen darum, wie die Folgeprovisionen berechnet werden und ob sich der festzusetzende Durchschnitt auch auf die Krankheitszeit bezieht.“

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