Beitragssatz und Zusatzbeiträge: So berechnen Gesetzliche Krankenversicherer ihre Beitragssätze

Krankenversichertenkarte
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Die gesetzlichen Krankenkassen sind der Hauptleistungsträger der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. Durch die stetig wachsenden Beiträge sind sie in der Vergangenheit häufig in die Kritik geraten. Die Beitragssätze basieren auf verschiedenen allgemeingültigen Bemessungsgrundlagen und variieren doch von Anbieter zu Anbieter. So berechnen gesetzliche Krankenversicherer ihre Beiträge.

Rund 73 Millionen Menschen sind nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes nach wie vor gesetzlich krankenversichert. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von rund 90 Prozent. Als Träger des Gesundheitsschutzes im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland das Recht auf Selbstverwaltung zu. Das bedeutet, dass sie ihre Beiträge selbst festsetzen und diese über individuelle Verträge mit den Versicherten vereinbaren.

Aus den Versicherungsbeiträgen, die von Anbieter zu Anbieter variieren, und den freiwilligen Zusatzleistungen, die gesetzliche Krankenkassen ihren Versicherten in unterschiedlichem Umfang anbieten, entsteht ein Leistungspaket, mit dem die Versicherer zueinander in Konkurrenz treten. Für gesetzlich Krankenversicherte bedeutet das, dass sie bei der Wahl ihres Anbieters genau hinschauen und sorgfältig vergleichen sollten, denn der Unterschied liegt häufig im Detail.
Um die schwankenden Versicherungsbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen besser verstehen zu können, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Berechnungsgrundlagen, aus denen sich ein Beitragssatz zusammensetzt.

Der allgemeine Beitragssatz für die gesetzlichen Krankenkassen

Der Gesundheitsschutz durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wird durch die Beiträge der Versicherten und Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt finanziert. Die Beiträge der Versicherten generieren sich aus folgenden Einkünften:

Pflichtversicherte:

  • Arbeitsentgelt (anteilig von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen)
  • Renten der gesetzlichen Rentenversicherung
    (eine Ausnahme bildet die bis zu bestimmten Altersgrenzen beitragsfreie Waisenrente)
  • Versorgungsbezüge in Form von Betriebsrenten o.ä.
  • Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit, das zusätzlich zu einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen generiert wird

Freiwillig Versicherte:

  • Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
  • Einkünfte aus privaten Rentenbezügen oder Versorgungsbezügen
  • Zusätzliche Einnahmen, zum Beispiel Einkünften aus Kapitalvermögen oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Die Einkünfte der Pflichtversicherten sowie der freiwillig Versicherten dienen als Bemessungsgrundlage für den allgemeinen Beitragssatz, der von der Bundesregierung verbindlich und einheitlich für alle gesetzlichen Krankenkassen festgelegt wird. Dazu informiert die BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER:

„Zum 1. Januar 2015 wurde der allgemeine Beitragssatz für alle gesetzlichen Krankenkassen auf 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens festgesetzt. Darüber hinaus dürfen die Krankenkassen einen ergänzenden Beitrag erheben.“
(Quelle: https://www.bkkgs.de/versicherte/mitgliedschaft/beitragssatz)

Ein ermäßigter allgemeiner Beitragssatz von 14,0 Prozent gilt für gesetzlich Krankenversicherte, die aufgrund ihrer Einkommenssituation keinen Anspruch auf Krankengeld haben.

Der allgemeine Beitragssatz bestimmt damit den Hauptanteil des gesamten Krankenkassenbeitrages, den gesetzlich Versicherte für ihre gesetzliche Gesundheitsvorsorge entrichten müssen. Er wird auf die beitragspflichtigen Einnahmen angerechnet und gilt bis zu einer maximalen Beitragsbemessungsgrenze von 5.175 Euro im Monat bzw. 62.100 Euro im Jahr (Stand 2024).

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz und die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen

Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten neben dem allgemeinen Beitragssatz in normaler oder ermäßigter Höhe Zuschüsse aus den Gesundheitsfonds des Bundes. Dieses Budget reicht jedoch nicht aus, um kostendeckend wirtschaften zu können. Deshalb erheben die Versicherer Zusatzbeiträge, die als Prozentsatz auf den allgemeinen Beitragssatz aufgeschlagen werden. Der Zusatzbeitrag variiert je nach Versicherer und wird in der Regel Jahr für Jahr je nach den aus Hochrechnungen zu erwartenden Kosten für das kommende Versicherungsjahr angepasst.

Der Zusatzbeitragssatz, den die einzelnen Versicherer erheben, orientiert sich am so genannten durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz. Dieser ist eine Bezugsgröße, die das Bundesgesundheitsministerium Jahr für Jahr bis zum Stichtag 1. November festlegt. Als Berechnungsgrundlage für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zieht das Bundesgesundheitsministerium die Empfehlung des GKV-Schätzerkreises, bestehend aus BVA, GKV-SV und BMG, heran.

Gut zu wissen: Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist nicht als Durchschnitt aller von den gesetzlichen Versicherern tatsächlich erhobenen Zusatzbeitragssätzen zu verstehen. Er ist lediglich ein Schätzwert, der aus statistischen Erhebungen und daraus resultierenden Erwartungen für das kommende Versicherungsjahr gebildet wird. In die Schätzung fließen die zu erwartenden Ausgaben der gesetzlichen Versicherer für die medizinische Versorgung der Versichertengemeinschaft mit ein.

In diesem Zusammenhang viel beispielsweise der durchschnittliche Zusatzbeitrag im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie höher aus als in den Jahren zuvor. In den Jahren 2021 und 2022 wurde er erneut deutlich angehoben. Für das Jahr 2024 liegt er mit 1,7 Prozent auf einem außergewöhnlich hohen Niveau.

Im Vergleich dazu lag nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes der tatsächliche Durchschnitt aller Zusatzbeiträge der gesetzlichen Versicherer 2020 bei 1,00 Prozent, 2021 bei 1,28 Prozent, 2022 bei 1,36 Prozent.

Auf der Basis des durchschnittlichen Zusatzbeitrages als Orientierungshilfe legt der Verwaltungsrat der jeweiligen gesetzlichen Krankenversicherung für das kommende Versicherungsjahr den neuen Zusatzbeitragssatz fest. Dieser kann über oder unter dem vom Bundesgesundheitsministerium vorgeschlagenen durchschnittlichen Beitragssatz liegen. Das Ziel ist dabei ein möglichst kostendeckendes Wirtschaften der Krankenkasse, das gewährleistet, dass der zu erwartende Bedarf an Leistungen aus der Gemeinschaft der Versicherten gedeckt werden kann.

Der Zusatzbeitragssatz ist nur vom Hauptversicherten zu tragen. Mitversicherte aus der Familienversicherung (Ehepartner, Kinder, eingetragene Lebenspartnerschaften) sind vom Zusatzbeitrag befreit.

Für Personengruppen, die ein geringes Einkommen erzielen, gilt der durchschnittliche Zusatzbeitrag nach der Berechnung des Bundesgesundheitsministeriums an Stelle des tatsächlich erhobenen Zusatzbeitrages der Versicherer.

Diese Regelung gilt besonders für:

  • Geringverdiener
  • Auszubildende (Arbeitsentgelt bis 325 Euro) sowie Auszubildende in Einrichtungen der Jugendhilfe
  • Bezieher von Arbeitslosengeld II

Bei Erhöhung des Zusatzbeitrages besteht Sonderkündigungsrecht

In den vergangenen Jahren sind die Beiträge für gesetzliche Krankenversicherungen stetig gestiegen. Das deutsche Gesundheitssystem war deshalb häufig in der Kritik. Gesetzlich Versicherte müssen die Anpassung ihres Versicherungsbeitrages durch den Versicherer jedoch nicht einfach hinnehmen. Im Falle einer Erhöhung steht es ihnen frei, den Vertrag zu beenden und zu einem anderen Anbieter zu wechseln, der möglicherweise besser Konditionen anbietet.

Wir der Zusatzbeitrag von einem Versicherer erstmals auf den allgemeinen Beitragssatz aufgeschlagen oder wird der Zusatzbeitrag zum Beginn eines neuen Versicherungsjahres vom Versicherer erhöht, steht gesetzlich Krankenversicherten eine Sonderkündigungsrecht für ihren Vertrag zu.

Hierzu informiert das Bundesgesundheitsministerium

„Mitglieder einer Krankenkasse haben ein Sonderkündigungsrecht, wenn ihre Krankenkasse ihren Zusatzbeitragssatz erhöht. In diesen Fällen kann die Mitgliedschaft auch dann beendet werden, wenn die Mindestbindungsfrist nicht erfüllt ist. Auch hier reicht die Wahl einer neuen Krankenkasse in der Regel aus. Diese informiert die alte Krankenkasse über den Wechsel. Der Wechsel muss bei der neuen Krankenkasse bis zum Ablauf des Monats beantragt werden, für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird.
Zu diesem Zweck muss die Krankenkasse ihre Mitglieder spätestens einen Monat vor dem oben genannten Zeitpunkt auf das Sonderkündigungsrecht sowie auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes hinweisen. Übersteigt der erhöhte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, muss die Krankenkasse in einem Hinweisschreiben zusätzlich darauf aufmerksam machen, dass ein Wechsel in eine günstigere Kasse möglich ist. Erfolgt der Hinweis verspätet, verschiebt sich entsprechend die Frist, in der das betroffene Mitglied sein Sonderkündigungsrecht ausüben kann. Auch bei erfolgter Sonderkündigung muss der erhöhte Zusatzbeitrag bis zum Zeitpunkt des Krankenkassenwechsels gezahlt werden.
Vereinigen sich mehrere Krankenkassen zu einer neuen Krankenkasse, steht den Mitgliedern ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn die neu entstandene Krankenkasse einen höheren Zusatzbeitragssatz erhebt.“ (Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de)

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für Rentnerinnen und Rentner gilt:

Der Gesamtbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung, der sich aus dem allgemeinen Beitragssatz und den jeweiligen Zusatzbeiträgen der Versicherer zusammensetzt, wird nur zur Hälfte aus dem Arbeitsentgelt bzw. den Rentenbezügen getragen. Die andere Hälfte trägt der Arbeitgeber bzw. der Rentenversicherungsträger.

Vor dem 1. Januar 2019 lag die Beitragslast für den Zusatzbeitrag allein beim Versicherten. Diese finanzielle Belastung hat der Gesetzgeber zum Stichtag ebenso wie den allgemeinen Beitragssatz gleichmäßig auf Arbeitgeber bzw. Rentenversicherungsträge und Versicherungsnehmer aufgeteilt. Beide Anteile des Krankenversicherungsbeitrages werden vom Arbeitgeber oder dem Rentenversicherungsträger direkt an die gesetzliche Krankenkasse abgeführt.

Der Beitrag ist nicht das einzige Auswahlkriterium

Der Beitrag, den einzelne gesetzliche Krankenversicherer erheben, ist eine wichtige Orientierungshilfe. Er muss aber nicht das einzige Auswahlkriterium für Versicherte sein. Bei der Wahl eines Versicherungspartners sollten gesetzlich Krankenversicherte genau vergleichen und sich die Details des Leistungsangebotes anschauen.

Der im Fünften Sozialgesetzbuch enthaltene Leistungskatalog für gesetzliche Krankenkassen regelt die Mindestleistungen, auf die alle gesetzlich Versicherten Anspruch haben. Er ist bei allen Versicherern gleich und soll eine solide gesundheitliche Grundversorgung gewährleisten.

Darüber hinaus bieten die gesetzlichen Krankenkassen freiwillige Zusatzleistungen an, die von Anbieter zu Anbieter stark variieren können. Klassische Zusatzleistungen sind eine Kostenübernahme für die professionelle Zahnreinigung oder alternative Naturheilverfahren. Auch umfangreiche Bonus- oder Prämienprogramme können für Versicherte interessante Zusatzleistungen sein.

Ein günstiger Zusatzbeitragssatz muss daher nicht das ausschlaggebende Argument sein, um sich für einen Versicherer zu entscheiden. Je nach persönlichem Anspruch an die Gesundheitsversorgung kann ein Blick auf die sonstigen Leistungen eines Anbieters lohnend sein, um die richtige Entscheidung zu treffen.