Nach einem kurzen „Zwischenhoch“ im Frühjahr 2023 hat sich die Stimmung zur Zukunft der Rente wieder eingetrübt. Damit setzt sich der mehrjährige Abwärtstrend fort. Das zeigt der Deutsche Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV), der halbjährlich vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) erhoben wird und bei dem 2.000 Bürgerinnen und Bürger zu ihren Einschätzungen und Erwartungen an die Rente befragt werden.
Der Index kann Werte zwischen -100 und +100 aufweisen. Lag er bei seiner ersten Erhebung im Herbst 2020 noch bei +3,8, ging es von da an abwärts, auf aktuell -4,4. Dazu Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA: „Augenscheinlich war der positive Wert im Februar (+1,2) nur ein Zwischenhoch. Die Stimmung zur Altersvorsorge geht runter, im Trend seit nunmehr drei Jahren. Vor allem die Erwartungen an die gesetzliche Rente sind weiter in den Keller gegangen. So gaben im Frühjahr noch 53,3 Prozent an, dass sie von einer Verschlechterung ausgehen. Aktuell sind es bereits 59,4 Prozent.“
Signifikanter Stimmungseinbruch bei Jüngeren
Besonders auffällig ist der Einbruch bei den Jüngeren. Bei den 18- bis 29-Jährigen lag der Altersvorsorge-Index im Frühjahr noch bei +24,4, bei den 30- bis 39-Jährigen bei +26,8. Die aktuellen Werte sind mit +13,4 beziehungsweise +2,8 signifikant schlechter. „Die Befragung zum Index wurde nur wenige Tage nach dem Überfall auf Israel durchgeführt. Möglicherweise löst die aktuelle Krise im Nahen Osten bei den Jüngeren besonders große Zukunftssorgen aus“, so Heuser.
Der Stimmungsabfall bei jungen Menschen zeugt aber möglicherweise auch von Fehleinschätzungen. „Gerade die Jüngeren haben es eigentlich selbst in der Hand, ihre Rente zu beeinflussen. Durch frühzeitigen Einstieg in eine private Altersvorsorge lässt sich eine ansehnliche Zusatzrente aufbauen. Und für die gesetzliche Rente wären familienfreundlichere Rahmenbedingungen wünschenswert. Mehr Kinder verbessern die demografische Situation und mit ihr die Finanzierungsgrundlage für die Rente. Das eigentliche Problem der Jungen ist, dass sie zu wenige sind, um die Renten der geburtenstarken Jahrgänge finanzieren zu können“, erläutert Heuser.
Politik ist gefordert
Auf die Frage, was sie zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente bevorzugten, würden sich 48,4 Prozent höhere Bundeszuschüsse, finanziert aus Einsparungen in anderen Bereichen, wünschen. Dies ist, auch angesichts der bereits akuten Sparzwänge in Folge des aktuellen BVerfG-Urteils zum Klimafonds, wenig realistisch. Zusätzliche Bundeszuschüsse finanziert aus neuen Staatsschulden würden 35,2 Prozent, aus Steuererhöhungen 25,5 Prozent und aus höheren Beitragssätzen 24,0 Prozent befürworten. Wenig Zustimmung finden Rentenkürzungen (13,4 Prozent) und eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf mehr als 67 Jahre (13,1 Prozent).
Private Altersvorsorge: Zunehmende Zurückhaltung
Im Gegensatz zur gesetzlichen Rente zeigt sich in der aktuellen Umfrage bei der privaten Altersvorsorge kaum Bewegung. Gut 50 Prozent der Befragten wollen die Mittel dafür lediglich auf dem aktuellen Niveau beibehalten (51,6 Prozent) oder sogar reduzieren (7,5 Prozent). Dazu Oliver Mathais, Geschäftsführer des Bundesverbands der Assekuranzführungskräfte VGA, einer der Trägerverbände des DIVA: „Bei vielen ist Zurückhaltung zu spüren, was die eigene Altersvorsorge angeht. Natürlich spielt dabei der inflationsbedingte Verlust von Kaufkraft eine Rolle. Genauso gravierend ist aber, dass das Riester-Sparen mit neuen Verträgen zum Erliegen gekommen ist, weil die Politik sich Reformen verweigert.“
Wegweisende Vorschläge der Fokusgruppe private Altersvorsorge
Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung den Vorschlägen der von ihr eingesetzten Fokusgruppe private Altersvorsorge folgt. Sie greifen viele der Kritikpunkte am Riester-Sparen auf. „Vor allem die Abschwächung der Beitragsgarantie wäre ein echter Durchbruch. Dies würde das Produkt renditestärker machen und die Anbieter wieder in die Lage versetzen, überhaupt Produkte auflegen zu können. Ein Fragezeichen machen wir dagegen beim geplanten Wegfall der Verrentungspflicht. Betagte Menschen brauchen dauerhafte Kalkulationssicherheit“, so Mathais.
Die Umfrageergebnisse stützen diese Sicht: 40,9 Prozent der Befragten bevorzugen für die Altersvorsorge private Rentenversicherungen mit Garantie (ohne Garantie: 15,4 Prozent). Beibehalten sollte die Politik aber die Zulagensystematik: 56 Prozent der Befragten ziehen feste jährliche Zulagen vor, eine jährliche steuerliche Begünstigung 15 Prozent und einen Bonus (Steuern oder Zuschuss) am Vertragsende insgesamt 24 Prozent.
Die Umfrage ist Teil der aktuellen Herbst-Ausgabe des Deutschen Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) und wurde im Auftrag des DIVA von INSA-CONSULERE durchgeführt. Befragt wurden ca. 2.000 Personen in Deutschland. Alle Ergebnisse sind auf der Website des DIVA zu finden.
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