Die Stimmung der Bürger zur Altersvorsorge in Deutschland sinkt kontinuierlich. Das zeigen die Ergebnisse des jüngsten Altersvorsorge-Index des DIVA. Zwar machen sich nicht alle Bürger*innen ernsthaft Sorgen: fast jede*r Vierte der rund 2.000 Befragten bewertet seine Absicherung fürs Alter mit „gut“. Andererseits schätzen 38,7 Prozent sie als unzureichend ein.
Diese pessimistische Einschätzung fällt bei Menschen mit geringerem Einkommen mit 55,2 Prozent sowie bei Frauen mit 44,2 Prozent noch deutlich höher aus. Für Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA), sind die Sorgen plausibel: Die hohe Inflation treffe Menschen mit niedrigeren Einkommen viel stärker; dieser Effekt werde sicher auf das zukünftige Alterseinkommen übertragen. Denn die Inflation entwerte auch die Kaufkraft der Rente, und damit sinkt das Alterssicherungsniveau.
Eigentlich müsste die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge um die Inflationsrate erhöht werden, so Heuser weiter damit die Kaufkraft im Alter erhalten bleibe. Das dürfte aber vor allem für viele Geringverdiener außerhalb der finanziellen Möglichkeiten liegen. Bei Frauen schlagen zudem häufiger längere Ausfallzeiten und ein im Schnitt niedrigeres Gehaltsniveau zu Buche.
Politik auf dem falschen Weg?
Wenn es um die Formen der privaten Vorsorge fürs Alter geht, bleibt die selbst genutzte Immobilie weiterhin des Deutschen liebstes Kind. Sie ist mit 63,6 Prozent der Favorit, wenn danach gefragt wird, für welche Form der Altersvorsorge sich die Menschen interessieren – dicht gefolgt von der privaten Rentenversicherung mit Garantie mit 62,8 Prozent. Die Immobilie zur Vermietung (51,7 Prozent) sowie Aktien und Aktienfonds (51,6 Prozent) folgen mit etwas Abstand.
Dies spiegelt das hohe Sicherheitsbedürfnis der Menschen in Deutschland bei Geldanlage und Altersvorsorge wider. Grundsätzlich sei es richtig, dass die Menschen zunächst auf ein auskömmliches festes Einkommen im Alter achten, kommentiert Heuser. Denn auch im Alter bleibe ein fixer Ausgabenblock, der über die gesamte verbleibende Lebenszeit aus den Alterseinkünften bezahlt werden müsse. Dafür seien in erster Linie die lebenslange gesetzliche Rente und private Leibrenten mit Garantie hilfreich und geeignet.
Die Ergebnisse sollten auch der Politik zu denken geben. Vor allem von Bündnis90/Die Grünen wird ein staatlich verantworteter Fonds innerhalb der privaten Altersvorsorge gefordert. Die aktuell von der Bundesregierung eingesetzte Fokusgruppe private Altersvorsorge soll einen Prüfauftrag des Koalitionsvertrags mit Lösungsansätzen hinterlegen.
Oliver Mathais, Geschäftsführer des Bundesverbands der Assekuranzführungskräfte VGA, eines der Trägerverbände des DIVA, fordert einen breiten Ansatz: „Die Umfrageergebnisse des DIVA zeigen deutlich, dass die Menschen, auch wenn es um ihre Altersvorsorge geht, sehr unterschiedlich ticken. Manche bevorzugen Immobilien, andere Rentenversicherungen und wieder andere Aktienfonds. Der Staat sollte die Menschen nicht neben der gesetzlichen Rente mit einem zweiten Obligatorium bevormunden.“
Private Altersvorsorge solle Sache der Bürger und der privaten Finanzwirtschaft bleiben. Die Politik solle sich dort weitgehend heraushalten und sich auf die Reform der gesetzlichen Rente konzentrieren. „Sie ist die eigentliche politische Herausforderung“, so Mathais.
Die Sicht des VGA-Geschäftsführers wird von einer weiteren Auswertung der DIVA-Umfrage gestützt. Werden die Bürgerinnen und Bürger danach gefragt, ob der Staat Vorgaben für die private Altersvorsorge machen sollte, lehnen dies knapp zwei Drittel ab oder würden es nur akzeptieren, wenn es im Gegenzug staatliche Förderung gibt. Auffällig: Vor allem die Altersgruppe der 50- bis 65-Jährigen, die sich vermutlich am konkretesten mit ihrer Altersvorsorge auseinandersetzt, lehnt staatliche Vorgaben besonders deutlich ab.
Zulagenkonzept des Riester-Modells am beliebtesten
Das DIVA fragt in seiner Umfrage auch: Wenn staatliche Förderung, welche Art der Förderung würde man bevorzugen? Spitzenreiter in der Gunst der Menschen ist mit 49 Prozent die regelmäßige feste jährliche Zulage vom Staat. Eine steuerliche Begünstigung in der Rentenphase würden 18 Prozent, in der Ansparphase lediglich 8 Prozent begrüßen.
Mathais interpretiert auch dies als Wink an die Politik: „Die Ergebnisse sind ein Nachweis dafür, dass das Riester-Sparen besser als sein Ruf ist. Die Bürger finden die Idee der Zulage, die es in dieser Form nur beim Riester-Sparen gibt, mit Abstand am besten.“
DIVA-Direktor Heuser sieht bei Zulagen insbesondere auch Geringverdiener profitieren, die die größten Probleme in der Altersvorsorge hätten. Steuerliche Förderung dagegen habe seines Erachtens bei dieser Bevölkerungsgruppe wenig bis keine Anreizwirkung, da sie oft keine oder nur niedrige Steuern zahlen.
Anstatt mit einem Staatsfonds in der dritten Säule das Altersvorsorge-System in Deutschland noch komplizierter zu machen, sollte die Politik besser das Riester-Sparen wieder attraktiv machen, etwa durch Absenkung der Bruttobeitragsgarantie und durch Vereinfachungen, ergänzt Mathais.
Zur Umfrage:
Die Umfrage ist Teil der aktuellen Herbst-Ausgabe des Deutschen Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) und wurde im Auftrag des DIVA von INSA-CONSULERE durchgeführt. Befragt wurden ca. 2.000 Personen in Deutschland.
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