Angesichts der steigenden Starkregengefahr spielt die Bebauungsdichte eine immer wichtigere Rolle. Eine neue Studie des GDV zeigt: Ludwigshafen am Rhein ist die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands: Rund 67 Prozent des Siedlungsgebiets sind bebaut, betoniert oder asphaltiert. Ebenfalls zu rund zwei Dritteln versiegelt zeigen sich Mannheim und Rüsselsheim.
Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie der VdS Schadenverhütung im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dafür wurde der mittlere Versiegelungsgrad in den Siedlungsgebieten von 134 Städten ausgewertet. Darunter sind die drei Stadtstaaten sowie die zehn einwohnerstärksten Kommunen jedes Bundeslandes.
“Hinter Ludwigshafen folgen Mannheim und Rüsselsheim am Main mit 66 Prozent beziehungsweise 65 Prozent. Alle drei Städte haben eine hohe Versiegelungsrate, da große Industrieflächen der chemischen Industrie oder Automobilindustrie innerhalb der Siedlungsgrenzen liegen”, erklärt Asmussen.
Den niedrigsten Versiegelungsgrad weist das thüringische Suhl mit rund 30 Prozent auf. Im Vergleich der Bundesländer hat Baden-Württemberg mit 50 Prozent den höchsten Versiegelungsgrad, Brandenburg mit 36 Prozent den niedrigsten. Bundesweit liegt der Durchschnitt bei rund 44 Prozent.
Die zunehmend dichtere Bebauung in Städten ist angesichts der wachsenden Gefahr von Extremwetterereignissen wie Starkregen ein Problem. „Versiegelte Flächen verhindern das Versickern des Regenwassers. Dies kann bei extremen Regenfällen zu Überschwemmungen mit erheblichen Schäden führen“, sagt der GDV-Hauptgeschäftsführer.
Kommunen sollten deshalb die Starkregengefahr in ihrer Stadt- und Landschaftsplanung stärker berücksichtigen. Auch die Entsiegelung von Flächen müsse auf die Tagesordnung, empfiehlt Asmussen.
Städtebebauung neu denken
In Deutschland regeln das Raumordnungsgesetz und Flächennutzungspläne, welche Flächen bebaut werden dürfen. „Um weiterer Flächenversiegelung vorzubeugen, sollte bei Baugenehmigungen immer eine verpflichtende Klima-Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Bei Projekten mit großer Flächenversiegelung sollten ökologische Ausgleichsflächen geschaffen werden“, sagt Asmussen.
Eingriffe in Natur und Landschaft könnten so an anderer Stelle kompensiert werden. „Es gibt bereits Konzepte wie das der Schwammstadt, die Städtebau und Starkregenschutz miteinander in Einklang bringen“, so Asmussen. Dazu gehörten auch begrünte Dächer oder zusätzliche Rückhaltebecken, die das Wasser zwischenspeichern.
Solche Maßnahmen seien wichtig, um lokalen Überflutungen vorzubeugen. „Die Kanalisationssysteme in den Städten sind nur für bestimmte Wassermengen ausgelegt. Einem extremen Starkregen halten sie in der Regel nicht stand“, sagt Jörg Asmussen.
So fielen beispielsweise 2014 in Münster bis zu 290 Liter Regen pro Quadratmeter in nur sieben Stunden. Das Kanalisationssystem konnte das Wasser nicht mehr aufnehmen. Die Folge: Münster stand unter Wasser. „Um dem Wasser mehr Raum zum Versickern zu geben, können Spiel- oder Fußballplätze temporär als Überflutungsflächen dienen“, so Asmussen. Auch dies sollte städteplanerisch berücksichtigt werden.
In den Städten könnte es heißer werden
Eine weitere Gefahr des Flächenfraß ist die zunehmende Hitze in den Städten. Asphalt und Beton absorbieren das Sonnenlicht und wandeln es in Wärme um. „Weniger stark versiegelte Flächen führen dank der Verdunstung zu einer Abkühlung und einer spürbaren thermischen Entlastung“, betont Asmussen.
Privat vorsorgen gegen Versiegelung
Wegen der zunehmenden Starkregengefahr sind auch die Immobilienbesitzer/-innen in den Städten gefordert, mehr für die Prävention zu tun. Wer baut, sollte Schutzmaßnahmen gegen mögliche Überschwemmungen mit einplanen und zugleich möglichst viele Flächen erhalten, auf denen Wasser versickern kann.
Zur Vorsorge zählt auch ein umfassender Versicherungsschutz, der Schäden durch sogenannte Elementarrisiken wie Überschwemmungen miteinschließt. Mit dem Naturgefahren-Check und dem Hochwasser-Check bieten die Versicherer Immobilienbesitzer/-innen und Mieter/-innen die Möglichkeit, sich über ihr individuelles Naturgefahrenrisiko zu informieren.
Methodischer Hinweis
Im Unterschied zur GDV-Versiegelungsstudie von 2018 wurde dieses Mal nicht der Versieglungsgrad der gesamten Stadtfläche gemessen, sondern nur der in den Siedlungsgebieten der Kommunen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Ahrtal: Schadenregulierung vom Wiederaufbau-Tempo abhängig
Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal geht die Versicherungswirtschaft davon aus, dass alle betroffenen Hausbesitzer Geld von ihrer Versicherung bekommen haben. Wo der Wiederaufbau noch nicht abgeschlossen ist, stehen Teilsummen noch aus.
Gebäudeversicherungen müssen nicht teurer werden
Aufgrund des Klimawandels kommt es immer häufiger zu Extremwetterereignissen. Daher warnte der GDV jüngst davor, dass sich die Prämien für die Wohngebäudeversicherung massiv verteuern könnten. Dies scheint aber vermeidbar zu sein, wie ein Blick auf Frankreich zeigt.
Naturgefahren 2019: Deutschland mit Glück im Unglück
Schäden durch Naturgefahren steigen immens
Sturm, Hagel und weitere Naturgefahren haben im Jahr 2023 überdurchschnittlich viele Schäden verursacht. Die Kosten belaufen sich auf 5,7 Mrd. Euro und somit 1,7 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2022. Grunde dafür sind die Schäden durch die Sommerunwetter sowie schwere und teure Hagelschäden in Höhe von 2 Mrd. Euro in der Sparte Kfz.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.