Provisionsverbot hätte mittelfristig massive Altersarmut zur Folge

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Die Diskussionen um ein EU-weites Provisionsverbot reißen nicht ab. Sollte es sich durchsetzen, wäre aber den Verbrauchern ein Bärendienst erwiesen. Denn notwendige Vorsorgeberatung würde aus Sparsamkeitsgründen in diesem Zusammenhang weniger stattfinden und mit zeitlichem Abstand in Form von Altersarmut den Bürgern auf die Füße fallen.

Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der Versicherungs-Practice, Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants

„Ein Provisionsverbot würde zu einem absoluten Mangel an Beratung führen – und dazu, dass ein Großteil der Bevölkerung in 20 bis 30 Jahren massiv in Altersarmut abrutscht.“ Mit dieser Einschätzung kommentiert Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der Versicherungs-Practice bei Simon-Kucher, die Pläne der Europäischen Kommission, ein EU-weit geltendes Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungen und Finanzanlagen einzuführen und dadurch die honorarbasierte Beratung zu stärken. 

„Initiativen zur Einführung eines Provisionsverbots lassen die Realität des Kunden völlig außer Acht“, sagt Schmidt-Gallas. Fakt sei, dass sich die Kundinnen und Kunden nicht gerne mit den Themen Geldanlage und private Altersvorsorge beschäftigen – obwohl es gerade jetzt wichtig wäre, die Absicherungslücke, die durch die inflationsbedingte Geldentwertung größer werde, zu schließen.

Eine Umfrage von Simon-Kucher habe allerdings gezeigt, dass die Menschen stattdessen jetzt lieber bei der Vorsorge sparen wollen als beim kurzfristigen Konsum. „Wir brauchen eine gute Beratung, die dem Kunden vergegenwärtigt, dass er diese Vorsorgeprodukte überhaupt braucht – und dann natürlich die Produkte auswählt, die am besten für den Kunden sind“, erklärt Schmidt-Gallas. Er betont:

Ein provisionsgestütztes Modell ist dabei wichtig. Denn viele Menschen befassen sich nicht von sich aus mit Vorsorgeprodukten – sie müssen getriggert werden.

Keine Bereitschaft, adäquat für eine gute Beratung zu zahlen

Schmidt-Gallas befürchtet einen Mangel an Beratung, falls die Politik künftig einseitig auf die Honorarberatung setzen würde. „Eine gute Beratung hat natürlich einen hohen monetären Wert – und die Provisionen dafür sind aus meiner Sicht nicht überzogen, wenn man bedenkt, welcher zusätzliche Wert im Laufe des Lebens durch die Vorsorgeprodukte für die Menschen generiert wird. Aber unsere Studien zeigen, dass die Kundinnen und Kunden eine viel zu geringe und inadäquate Zahlungsbereitschaft haben, wenn es um das Thema Beratung bei Finanzdienstleistungen geht“, betont Schmidt-Gallas.

Daran würde sich auch durch Offenlegungspflichten nichts ändern. „Transparenz ist wichtig. Allerdings haben die Transparenzvorschriften beim Banking gezeigt, dass sich dadurch das Verhalten der Kundinnen und Kunden nicht ändert“, so der Versicherungsexperte.

Wenn man ausschließlich auf die Honorarberatung setze und gleichzeitig ein hohes Maß an Beliebigkeit vorherrsche, werde man feststellen, dass die Menschen nicht bereit sind, in ausreichendem Maße für diese Beratung zu zahlen. Das werde in der Folge zu einem absoluten Mangel an Beratung führen, folgert der Senior Partner.

Provisionsverbot als Bärendienst

„Unter dem Strich würde man den Kundinnen und Kunden, die zur privaten Absicherung getriggert werden müssen, mit einem Provisionsverbot einen Bärendienst erweisen“, sagt Schmidt-Gallas. „Ich hoffe, dass die aktuelle Diskussion auf einem vernünftigen Weg zu einer sinnvollen Lösung führt und nicht in einem Provisionsverbot endet. Das wäre völlig kontraproduktiv.“

Bild (2): © Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants